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Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802.

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und mehr mit ihr das fremde Herz als das
eigne zu beglücken gesucht. Wie sehnte sie sich
unbeschreiblich nach Thaten für Ihn -- nur
Opfer waren ihr Thaten -- und beneidete or¬
dentlich ihre Freundin, die für Karl jedesmal
doch ein -- Getränk zu bereiten hatte! Da sie
nichts weiter wußte, so drückte sie ihren Dienst¬
eifer durch größere töchterliche Liebe und An¬
näherung gegen Albanos Eltern und Schwester
aus; und lernte sogar ein wenig kochen, wel¬
ches ihr andere Ministers-Töchter, die nichts
machen als Sallat und Thee, mit Nachsicht
und mit dem Gedanken verzeihen müssen, daß
sie in Lianens Falle auch nichts Anders machen
würden, sondern eher ein Gericht mehr. Ja,
sie hielt Rabette für tugendhafter, weil diese
mehr in die Breite und Länge thätiger seyn
konnte; Rabette hielt wieder Lianen für besser,
weil sie lieber betete; den ähnlichen Irrthum
verdoppelten sie über die Brüder, Rabetten
kam Karl sanfter vor und Lianen Albano,
beiden nach Schlüssen aus ihren gegenseitigen
Berichten.

So

und mehr mit ihr das fremde Herz als das
eigne zu beglücken geſucht. Wie ſehnte ſie ſich
unbeſchreiblich nach Thaten für Ihn — nur
Opfer waren ihr Thaten — und beneidete or¬
dentlich ihre Freundin, die für Karl jedesmal
doch ein — Getränk zu bereiten hatte! Da ſie
nichts weiter wußte, ſo drückte ſie ihren Dienſt¬
eifer durch größere töchterliche Liebe und An¬
näherung gegen Albanos Eltern und Schweſter
aus; und lernte ſogar ein wenig kochen, wel¬
ches ihr andere Miniſters-Töchter, die nichts
machen als Sallat und Thee, mit Nachſicht
und mit dem Gedanken verzeihen müſſen, daß
ſie in Lianens Falle auch nichts Anders machen
würden, ſondern eher ein Gericht mehr. Ja,
ſie hielt Rabette für tugendhafter, weil dieſe
mehr in die Breite und Länge thätiger ſeyn
konnte; Rabette hielt wieder Lianen für beſſer,
weil ſie lieber betete; den ähnlichen Irrthum
verdoppelten ſie über die Brüder, Rabetten
kam Karl ſanfter vor und Lianen Albano,
beiden nach Schlüſſen aus ihren gegenſeitigen
Berichten.

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[16/0028] und mehr mit ihr das fremde Herz als das eigne zu beglücken geſucht. Wie ſehnte ſie ſich unbeſchreiblich nach Thaten für Ihn — nur Opfer waren ihr Thaten — und beneidete or¬ dentlich ihre Freundin, die für Karl jedesmal doch ein — Getränk zu bereiten hatte! Da ſie nichts weiter wußte, ſo drückte ſie ihren Dienſt¬ eifer durch größere töchterliche Liebe und An¬ näherung gegen Albanos Eltern und Schweſter aus; und lernte ſogar ein wenig kochen, wel¬ ches ihr andere Miniſters-Töchter, die nichts machen als Sallat und Thee, mit Nachſicht und mit dem Gedanken verzeihen müſſen, daß ſie in Lianens Falle auch nichts Anders machen würden, ſondern eher ein Gericht mehr. Ja, ſie hielt Rabette für tugendhafter, weil dieſe mehr in die Breite und Länge thätiger ſeyn konnte; Rabette hielt wieder Lianen für beſſer, weil ſie lieber betete; den ähnlichen Irrthum verdoppelten ſie über die Brüder, Rabetten kam Karl ſanfter vor und Lianen Albano, beiden nach Schlüſſen aus ihren gegenſeitigen Berichten. So

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/28>, abgerufen am 25.04.2024.