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Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803.

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Er war erfreuet über das Überhüllen feiner
Brust und über seinen Entschluß, sie nicht wie¬
der zu sehen in der Stadt. "So still (sagt'
er halb betend halb sprechend) will ich Sie
ewig lieben -- ihre Ruhe, ihr Glück, ihr schö¬
nes Streben bleibe mir heilig und ihre Gestalt
mir verdeckt und fern wie die ihrer Himmels-
Schwester -- Aber wenn die Schlacht für das
Recht anfängt und die Töne neben den Fah¬
nen in die Höhe wehen und das Herz eifriger
schlägt, um stärker zu bluten, dann ziehe dein
Bild, o Idoine, mir im Himmel voran und
ich streite für dich; und wenn im Getümmel
ein unbekannter Würgengel die giftige Schnei¬
de über die Brust zieht: so will ich im ermat¬
tenden Herzen dich festhalten bis mir die Erde
vergeht."

Er sah sich nach diesem Gebete heiter um
auf dem Gottesacker des jungfräulichen Her¬
zens, er fühlte, Liane allein dürf' es wissen
und sie werd' ihn segnen.

138. Zykel.

Albano konnte in einer Gegend, in wel¬
cher die einzelnen Säulen und Bogen des zer¬

Er war erfreuet über das Überhüllen feiner
Bruſt und über ſeinen Entſchluß, ſie nicht wie¬
der zu ſehen in der Stadt. „So ſtill (ſagt'
er halb betend halb ſprechend) will ich Sie
ewig lieben — ihre Ruhe, ihr Glück, ihr ſchö¬
nes Streben bleibe mir heilig und ihre Geſtalt
mir verdeckt und fern wie die ihrer Himmels-
Schweſter — Aber wenn die Schlacht für das
Recht anfängt und die Töne neben den Fah¬
nen in die Höhe wehen und das Herz eifriger
ſchlägt, um ſtärker zu bluten, dann ziehe dein
Bild, o Idoine, mir im Himmel voran und
ich ſtreite für dich; und wenn im Getümmel
ein unbekannter Würgengel die giftige Schnei¬
de über die Bruſt zieht: ſo will ich im ermat¬
tenden Herzen dich feſthalten bis mir die Erde
vergeht.“

Er ſah ſich nach dieſem Gebete heiter um
auf dem Gottesacker des jungfräulichen Her¬
zens, er fühlte, Liane allein dürf' es wiſſen
und ſie werd' ihn ſegnen.

138. Zykel.

Albano konnte in einer Gegend, in wel¬
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[495/0507] Er war erfreuet über das Überhüllen feiner Bruſt und über ſeinen Entſchluß, ſie nicht wie¬ der zu ſehen in der Stadt. „So ſtill (ſagt' er halb betend halb ſprechend) will ich Sie ewig lieben — ihre Ruhe, ihr Glück, ihr ſchö¬ nes Streben bleibe mir heilig und ihre Geſtalt mir verdeckt und fern wie die ihrer Himmels- Schweſter — Aber wenn die Schlacht für das Recht anfängt und die Töne neben den Fah¬ nen in die Höhe wehen und das Herz eifriger ſchlägt, um ſtärker zu bluten, dann ziehe dein Bild, o Idoine, mir im Himmel voran und ich ſtreite für dich; und wenn im Getümmel ein unbekannter Würgengel die giftige Schnei¬ de über die Bruſt zieht: ſo will ich im ermat¬ tenden Herzen dich feſthalten bis mir die Erde vergeht.“ Er ſah ſich nach dieſem Gebete heiter um auf dem Gottesacker des jungfräulichen Her¬ zens, er fühlte, Liane allein dürf' es wiſſen und ſie werd' ihn ſegnen. 138. Zykel. Albano konnte in einer Gegend, in wel¬ cher die einzelnen Säulen und Bogen des zer¬

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 495. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/507>, abgerufen am 28.03.2024.