ander wechselseitig nachahmten. Wie oft blickte Albano, wenn abends die Sonne sich glühend mit den beschneieten Alpenhöhen vermischte, schmerzlich ergriffen nach diesen Thronen hin, die er einmal ganz anders, viel goldner, so hoffend und so glaubend, von Isola bella an¬ geschauet. -- Die Höhen deiner Vergangen¬ heit, sagt' er sich, sind auch weiß und keine Alphörner tönen mehr droben unter sonnenhel¬ len Tagen und du bist tief im Thal!
Sie kamen noch vor dem Volksfeste einer verspäteten Weinlese vorüber. Der Ritter er¬ kundigte sich nach allem mit der Wißbegierde eines Weinhändlers und mit der Kenntniß eines Winzers. So botanisirte er überall auf der Erde nach jedem Gräsgen und Kraut der Er¬ kenntniß. Albano verwunderte sich darüber, da er bisher geglaubt, Gaspard suche und lange nach nichts als nach den Paris- und Hesperi¬ den-Äpfeln der Kunst, weil er alle andre Früchte und ihr Fleisch und ihren Kern in sei¬ nem Stande weder zum Geniessen noch zum Säen brauchen konnte.
Sie versanken in die Tiefen der Tyroler Ge¬
ander wechſelſeitig nachahmten. Wie oft blickte Albano, wenn abends die Sonne ſich glühend mit den beſchneieten Alpenhöhen vermiſchte, ſchmerzlich ergriffen nach dieſen Thronen hin, die er einmal ganz anders, viel goldner, ſo hoffend und ſo glaubend, von Isola bella an¬ geſchauet. — Die Höhen deiner Vergangen¬ heit, ſagt' er ſich, ſind auch weiß und keine Alphörner tönen mehr droben unter ſonnenhel¬ len Tagen und du biſt tief im Thal!
Sie kamen noch vor dem Volksfeſte einer verſpäteten Weinleſe vorüber. Der Ritter er¬ kundigte ſich nach allem mit der Wißbegierde eines Weinhändlers und mit der Kenntniß eines Winzers. So botaniſirte er überall auf der Erde nach jedem Gräsgen und Kraut der Er¬ kenntniß. Albano verwunderte ſich darüber, da er bisher geglaubt, Gaſpard ſuche und lange nach nichts als nach den Paris- und Heſperi¬ den-Äpfeln der Kunſt, weil er alle andre Früchte und ihr Fleiſch und ihren Kern in ſei¬ nem Stande weder zum Genieſſen noch zum Säen brauchen konnte.
Sie verſanken in die Tiefen der Tyroler Ge¬
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ander wechſelſeitig nachahmten. Wie oft blickte
Albano, wenn abends die Sonne ſich glühend
mit den beſchneieten Alpenhöhen vermiſchte,
ſchmerzlich ergriffen nach dieſen Thronen hin,
die er einmal ganz anders, viel goldner, ſo
hoffend und ſo glaubend, von Isola bella an¬
geſchauet. — Die Höhen deiner Vergangen¬
heit, ſagt' er ſich, ſind auch weiß und keine
Alphörner tönen mehr droben unter ſonnenhel¬
len Tagen und du biſt tief im Thal!
Sie kamen noch vor dem Volksfeſte einer
verſpäteten Weinleſe vorüber. Der Ritter er¬
kundigte ſich nach allem mit der Wißbegierde
eines Weinhändlers und mit der Kenntniß eines
Winzers. So botaniſirte er überall auf der
Erde nach jedem Gräsgen und Kraut der Er¬
kenntniß. Albano verwunderte ſich darüber, da
er bisher geglaubt, Gaſpard ſuche und lange
nach nichts als nach den Paris- und Heſperi¬
den-Äpfeln der Kunſt, weil er alle andre
Früchte und ihr Fleiſch und ihren Kern in ſei¬
nem Stande weder zum Genieſſen noch zum
Säen brauchen konnte.
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Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/25>, abgerufen am 24.04.2024.
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