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Perthes, Friedrich Christoph: Der deutsche Buchhandel als Bedingung des Daseyns einer deutschen Literatur. 1816.

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die Macht der eigenen Sprache brach, wie unter an¬
dern die Schriften des Taulerus beweisen, immer von
neuem hindurch.

Seit Luther besonders, wurde Kraft und Reich¬
thum deutscher Sprache allgemeiner erkannt und von
der Mitte des vorigen Jahrhunderts an, erhielt sie ihre
höhere, feinere, gewandtere Ausbildung. So bald die
Sprache die ihr zukommenden Rechte durch die ganze
Nation gewonnen, trat die Literatur in's Leben ein und
verbreitete sich wirksam nach allen Richtungen.

Es kann als ein Zeichen nicht zu zerstörender
Nationalität der Deutschen gelten, daß das wachsende
Interesse an vaterländischer Sprache und Literatur
zur nämlichen Zeit sichtbar wurde, als der Verfall bis¬
heriger Verfassung sich offenbahrte. Mit dem Unglück
des Vaterlandes wurde die Liebe für deutsche Art
und Kunst immer reger, ja, man darf sagen, sie
stieg zur Begeisterung, als das deutsche Reich durch
französische Uebermacht aufhören mußte.

Von der Zeit an betrachtete man unsere Litera¬
tur als den Gesammt-Ausdruck des geistigen Lebens
deutscher Völker und die gemeinsame Sprache als
das unverletzliche Bindungsmittel deutscher Stämme
-- heilig zu halten für bessere Zeiten.

Diese besseren Zeiten, die wir den Nachkommen
beschieden glaubten, noch selbst zu erleben, hat Gott
uns gewährt!

die Macht der eigenen Sprache brach, wie unter an¬
dern die Schriften des Taulerus beweiſen, immer von
neuem hindurch.

Seit Luther beſonders, wurde Kraft und Reich¬
thum deutſcher Sprache allgemeiner erkannt und von
der Mitte des vorigen Jahrhunderts an, erhielt ſie ihre
hoͤhere, feinere, gewandtere Ausbildung. So bald die
Sprache die ihr zukommenden Rechte durch die ganze
Nation gewonnen, trat die Literatur in's Leben ein und
verbreitete ſich wirkſam nach allen Richtungen.

Es kann als ein Zeichen nicht zu zerſtoͤrender
Nationalitaͤt der Deutſchen gelten, daß das wachſende
Intereſſe an vaterlaͤndiſcher Sprache und Literatur
zur naͤmlichen Zeit ſichtbar wurde, als der Verfall bis¬
heriger Verfaſſung ſich offenbahrte. Mit dem Ungluͤck
des Vaterlandes wurde die Liebe fuͤr deutſche Art
und Kunſt immer reger, ja, man darf ſagen, ſie
ſtieg zur Begeiſterung, als das deutſche Reich durch
franzoͤſiſche Uebermacht aufhoͤren mußte.

Von der Zeit an betrachtete man unſere Litera¬
tur als den Geſammt-Ausdruck des geiſtigen Lebens
deutſcher Voͤlker und die gemeinſame Sprache als
das unverletzliche Bindungsmittel deutſcher Staͤmme
— heilig zu halten fuͤr beſſere Zeiten.

Dieſe beſſeren Zeiten, die wir den Nachkommen
beſchieden glaubten, noch ſelbſt zu erleben, hat Gott
uns gewaͤhrt!

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[4/0010] die Macht der eigenen Sprache brach, wie unter an¬ dern die Schriften des Taulerus beweiſen, immer von neuem hindurch. Seit Luther beſonders, wurde Kraft und Reich¬ thum deutſcher Sprache allgemeiner erkannt und von der Mitte des vorigen Jahrhunderts an, erhielt ſie ihre hoͤhere, feinere, gewandtere Ausbildung. So bald die Sprache die ihr zukommenden Rechte durch die ganze Nation gewonnen, trat die Literatur in's Leben ein und verbreitete ſich wirkſam nach allen Richtungen. Es kann als ein Zeichen nicht zu zerſtoͤrender Nationalitaͤt der Deutſchen gelten, daß das wachſende Intereſſe an vaterlaͤndiſcher Sprache und Literatur zur naͤmlichen Zeit ſichtbar wurde, als der Verfall bis¬ heriger Verfaſſung ſich offenbahrte. Mit dem Ungluͤck des Vaterlandes wurde die Liebe fuͤr deutſche Art und Kunſt immer reger, ja, man darf ſagen, ſie ſtieg zur Begeiſterung, als das deutſche Reich durch franzoͤſiſche Uebermacht aufhoͤren mußte. Von der Zeit an betrachtete man unſere Litera¬ tur als den Geſammt-Ausdruck des geiſtigen Lebens deutſcher Voͤlker und die gemeinſame Sprache als das unverletzliche Bindungsmittel deutſcher Staͤmme — heilig zu halten fuͤr beſſere Zeiten. Dieſe beſſeren Zeiten, die wir den Nachkommen beſchieden glaubten, noch ſelbſt zu erleben, hat Gott uns gewaͤhrt!

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Zitationshilfe: Perthes, Friedrich Christoph: Der deutsche Buchhandel als Bedingung des Daseyns einer deutschen Literatur. 1816, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/perthes_buchhandel_1816/10>, abgerufen am 29.03.2024.