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Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.

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der verborgenen Sünden.
Die Thränen erhielten Vergebung. Petrus hätte gewei-
net und nichts gesagt. Was man nicht entschuldigen kön-
te/ das könte man doch abwaschen. Es hat also Ambrosius
die Beichte/ so dem Priester geschiehet/ vor unnöthig zur
Vergebung der Sünden gehalten. Von Chrysostomi Mei-
nung ist schon geredet worden/ ich beruffe mich aber zum
Uberfluß noch auf eine andere Stelle aus diesem Vater/ da
seine Meinung dahin gehet b): So offt man gesündiget/
solte man Reue haben. Man solte GOtt allein seine Sün-
de hersagen/ und sprechen: An dir allein hab ich gesündi-
get/ und Unrecht vor dir gethan/ und so würde uns die
Sünde vergeben werden.

§. XIV.

Augustinus ist unter allen Religionen inAugustini
Lehre.

grossem Ansehen/ und daher das Sprichwort entstanden:
Die gantze Welt sey Augustinianisch worden. Jch zweifle
also auch nicht/ sie werde folgende Lehre unsers Vaters e-
benfals billigen. Denn da er auf die Worte Davids komt:
Jch sprach, ich will dem Herrn meine Ubertretung bekennen,
da vergabest du mir die Missethat meiner Sünden;
hegt er
folgende Gedancken a): Jch sprach: Was sprachest du? Er
hat nichts gesagt, sondern verspricht nur, daß er es sagen wol-
te, und er vergiebt ihm dennoch schon. Mercket auf ihr Brü-

der,
b) Homil. 59. die die 9. de poenit. ist. Jn Lateinischer Sprache lauten dieChrysostomi.
Worte so: Quoties cecideris in foro, toties exsurgis: Sic quo-
ties peccaueris, peccati poeniteat, neque desperes. Tametsi se-
cundo peccaueris, secundo poeniteat, ne propter ignauiam a spe
propositorum bonorum excidas: Etiamsi in vltima senectute sis,
si peccaueris, ingredere, poenitentiam age. Medicinae hic locus
est, non judicii, in quo peccatorum non poena exigitur, sed re-
missio tribuitur. Deo soli dic peccatum tuum: Tibi soli peccaui,
et malum coram te feci, & dimittitur tibi peccatum tuum.
a) In Psalm. 32. Dixi. Quid dixisti? Non jam pronuntiat, sed pro-Seine eigene
Worte.

mittit

der verborgenen Suͤnden.
Die Thraͤnen erhielten Vergebung. Petrus haͤtte gewei-
net und nichts geſagt. Was man nicht entſchuldigen koͤn-
te/ das koͤnte man doch abwaſchen. Es hat alſo Ambroſius
die Beichte/ ſo dem Prieſter geſchiehet/ vor unnoͤthig zur
Vergebung der Suͤnden gehalten. Von Chryſoſtomi Mei-
nung iſt ſchon geredet worden/ ich beruffe mich aber zum
Uberfluß noch auf eine andere Stelle aus dieſem Vater/ da
ſeine Meinung dahin gehet b): So offt man geſuͤndiget/
ſolte man Reue haben. Man ſolte GOtt allein ſeine Suͤn-
de herſagen/ und ſprechen: An dir allein hab ich geſuͤndi-
get/ und Unrecht vor dir gethan/ und ſo wuͤrde uns die
Suͤnde vergeben werden.

§. XIV.

Auguſtinus iſt unter allen Religionen inAuguſtini
Lehre.

groſſem Anſehen/ und daher das Sprichwort entſtanden:
Die gantze Welt ſey Auguſtinianiſch worden. Jch zweifle
alſo auch nicht/ ſie werde folgende Lehre unſers Vaters e-
benfals billigen. Denn da er auf die Worte Davids komt:
Jch ſprach, ich will dem Herrn meine Ubertretung bekennen,
da vergabeſt du mir die Miſſethat meiner Suͤnden;
hegt er
folgende Gedancken a): Jch ſprach: Was ſpracheſt du? Er
hat nichts geſagt, ſondern verſpricht nur, daß er es ſagen wol-
te, und er vergiebt ihm dennoch ſchon. Mercket auf ihr Bruͤ-

der,
b) Homil. 59. die die 9. de pœnit. iſt. Jn Lateiniſcher Sprache lauten dieChryſoſtomi.
Worte ſo: Quoties cecideris in foro, toties exſurgis: Sic quo-
ties peccaueris, peccati pœniteat, neque deſperes. Tametſi ſe-
cundo peccaueris, ſecundo pœniteat, ne propter ignauiam a ſpe
propoſitorum bonorum excidas: Etiamſi in vltima ſenectute ſis,
ſi peccaueris, ingredere, pœnitentiam age. Medicinæ hic locus
eſt, non judicii, in quo peccatorum non pœna exigitur, ſed re-
miſſio tribuitur. Deo ſoli dic peccatum tuum: Tibi ſoli peccaui,
et malum coram te feci, & dimittitur tibi peccatum tuum.
a) In Pſalm. 32. Dixi. Quid dixiſti? Non jam pronuntiat, ſed pro-Seine eigene
Worte.

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[103/0122] der verborgenen Suͤnden. Die Thraͤnen erhielten Vergebung. Petrus haͤtte gewei- net und nichts geſagt. Was man nicht entſchuldigen koͤn- te/ das koͤnte man doch abwaſchen. Es hat alſo Ambroſius die Beichte/ ſo dem Prieſter geſchiehet/ vor unnoͤthig zur Vergebung der Suͤnden gehalten. Von Chryſoſtomi Mei- nung iſt ſchon geredet worden/ ich beruffe mich aber zum Uberfluß noch auf eine andere Stelle aus dieſem Vater/ da ſeine Meinung dahin gehet b): So offt man geſuͤndiget/ ſolte man Reue haben. Man ſolte GOtt allein ſeine Suͤn- de herſagen/ und ſprechen: An dir allein hab ich geſuͤndi- get/ und Unrecht vor dir gethan/ und ſo wuͤrde uns die Suͤnde vergeben werden. §. XIV. Auguſtinus iſt unter allen Religionen in groſſem Anſehen/ und daher das Sprichwort entſtanden: Die gantze Welt ſey Auguſtinianiſch worden. Jch zweifle alſo auch nicht/ ſie werde folgende Lehre unſers Vaters e- benfals billigen. Denn da er auf die Worte Davids komt: Jch ſprach, ich will dem Herrn meine Ubertretung bekennen, da vergabeſt du mir die Miſſethat meiner Suͤnden; hegt er folgende Gedancken a): Jch ſprach: Was ſpracheſt du? Er hat nichts geſagt, ſondern verſpricht nur, daß er es ſagen wol- te, und er vergiebt ihm dennoch ſchon. Mercket auf ihr Bruͤ- der, Auguſtini Lehre. b) Homil. 59. die die 9. de pœnit. iſt. Jn Lateiniſcher Sprache lauten die Worte ſo: Quoties cecideris in foro, toties exſurgis: Sic quo- ties peccaueris, peccati pœniteat, neque deſperes. Tametſi ſe- cundo peccaueris, ſecundo pœniteat, ne propter ignauiam a ſpe propoſitorum bonorum excidas: Etiamſi in vltima ſenectute ſis, ſi peccaueris, ingredere, pœnitentiam age. Medicinæ hic locus eſt, non judicii, in quo peccatorum non pœna exigitur, ſed re- miſſio tribuitur. Deo ſoli dic peccatum tuum: Tibi ſoli peccaui, et malum coram te feci, & dimittitur tibi peccatum tuum. a) In Pſalm. 32. Dixi. Quid dixiſti? Non jam pronuntiat, ſed pro- mittit

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Zitationshilfe: Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/122>, abgerufen am 23.04.2024.