Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

so Innocentius III. eingeführet.
nung öffters in der Gemeine kund machen, damit niemand ei-
ne Entschuldigung vorzuwenden habe, er hätte solches nicht
gewust. Wolte aber jemand einem andern Priester aus einer
rechtmäßigen Ursache seine Sünden beichten, so soll er vor-
hero von seinem eignen Priester Erlaubniß dazu ausbitten,
weil ohne dieses der andere ihn nicht loßzehlen oder binden
kan. Der Priester aber soll bescheiden und vorsichtig seyn, daß
er nach Art eines erfahrnen Artztes Wein und Oele in die
Wunden giesse, fleißig die Umstände des Sünders und der
Sünden untersuche, dadurch er recht erfahre, was er ihm vor
einen Rath geben, und vor Mittel anwenden möge, und also
verschiedene Erforschungen gebrauche, dem Krancken zu helffen.
Er soll sich aber hüten, daß er weder mit Worten noch Zei-
chen, noch auf eine andere Weise den Sünder verrathe, son-
dern wenn er in der Sache Raths bedürfftig, er solchen ein-
ziehe, ohne das geringste von der Person zu gedencken. Denn
wer eine Sünde, die ihm in dem Beicht-Gerichte entdecket wor-
den, zu offenbahren sich unterfängt, soll nicht alleine des Prie-
sterlichen Amtes entsetzet werden, sondern man soll ihn auch
in ein wohlverwahrtes Kloster stossen, daß er darinn lebens-
lang Busse zu thun gehalten sey.

§. III.

Dieses geschahe also in der Lateinischen Kirche.Gebrauch
der Griechi-
schen Kirche.

Die Griechische bliebe dabey/ daß es genug wäre/ wenn

man
vt more periti medici super infundat vinum & oleum vulneribus
sauciati, diligenter inquirens & peccatoris circumstantias, &
peccati, quibus prudenter intelligat, quale debeat ei prae-
bere consilium & cuiusmodi remedium adhibere, diuersis experi-
mentis vtendo ad saluandum aegrotum. Caueat autem omnino,
ne verbo, aut signo, aut alio quouis modo, aliquatenus prodat pec-
catorem, sed si prudentiori consilio indiguerit, illud absque vlla
expressione personae, caute requirat: quoniam qui peccatum in
poenitentiali judicio sibi detectum praesumserit reuelare, non so-
lum a sacerdotali officio deponendum decernimus, verum etiam
ad agendam perpetuam poenitentiam, in arctum monasterium de-
trudendum.

a) Glossa
o 3

ſo Innocentius III. eingefuͤhret.
nung oͤffters in der Gemeine kund machen, damit niemand ei-
ne Entſchuldigung vorzuwenden habe, er haͤtte ſolches nicht
gewuſt. Wolte aber jemand einem andern Prieſter aus einer
rechtmaͤßigen Urſache ſeine Suͤnden beichten, ſo ſoll er vor-
hero von ſeinem eignen Prieſter Erlaubniß dazu ausbitten,
weil ohne dieſes der andere ihn nicht loßzehlen oder binden
kan. Der Prieſter aber ſoll beſcheiden und vorſichtig ſeyn, daß
er nach Art eines erfahrnen Artztes Wein und Oele in die
Wunden gieſſe, fleißig die Umſtaͤnde des Suͤnders und der
Suͤnden unterſuche, dadurch er recht erfahre, was er ihm vor
einen Rath geben, und vor Mittel anwenden moͤge, und alſo
verſchiedene Erforſchungen gebrauche, dem Krancken zu helffen.
Er ſoll ſich aber huͤten, daß er weder mit Worten noch Zei-
chen, noch auf eine andere Weiſe den Suͤnder verrathe, ſon-
dern wenn er in der Sache Raths beduͤrfftig, er ſolchen ein-
ziehe, ohne das geringſte von der Perſon zu gedencken. Denn
wer eine Suͤnde, die ihm in dem Beicht-Gerichte entdecket wor-
den, zu offenbahren ſich unterfaͤngt, ſoll nicht alleine des Prie-
ſterlichen Amtes entſetzet werden, ſondern man ſoll ihn auch
in ein wohlverwahrtes Kloſter ſtoſſen, daß er darinn lebens-
lang Buſſe zu thun gehalten ſey.

§. III.

Dieſes geſchahe alſo in der Lateiniſchen Kirche.Gebrauch
der Griechi-
ſchen Kiꝛche.

Die Griechiſche bliebe dabey/ daß es genug waͤre/ wenn

man
vt more periti medici ſuper infundat vinum & oleum vulneribus
ſauciati, diligenter inquirens & peccatoris circumſtantias, &
peccati, quibus prudenter intelligat, quale debeat ei præ-
bere conſilium & cuiusmodi remedium adhibere, diuerſis experi-
mentis vtendo ad ſaluandum ægrotum. Caueat autem omnino,
ne verbo, aut ſigno, aut alio quouis modo, aliquatenus prodat pec-
catorem, ſed ſi prudentiori conſilio indiguerit, illud absque vlla
expresſione perſonæ, caute requirat: quoniam qui peccatum in
pœnitentiali judicio ſibi detectum præſumſerit reuelare, non ſo-
lum a ſacerdotali officio deponendum decernimus, verum etiam
ad agendam perpetuam pœnitentiam, in arctum monaſterium de-
trudendum.

a) Gloſſa
o 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p>
              <pb facs="#f0128" n="109"/>
              <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">&#x017F;o <hi rendition="#aq">Innocentius III.</hi> eingefu&#x0364;hret.</hi> </fw><lb/> <hi rendition="#fr">nung o&#x0364;ffters in der Gemeine kund machen, damit niemand ei-<lb/>
ne Ent&#x017F;chuldigung vorzuwenden habe, er ha&#x0364;tte &#x017F;olches nicht<lb/>
gewu&#x017F;t. Wolte aber jemand einem andern Prie&#x017F;ter aus einer<lb/>
rechtma&#x0364;ßigen Ur&#x017F;ache &#x017F;eine Su&#x0364;nden beichten, &#x017F;o &#x017F;oll er vor-<lb/>
hero von &#x017F;einem eignen Prie&#x017F;ter Erlaubniß dazu ausbitten,<lb/>
weil ohne die&#x017F;es der andere ihn nicht loßzehlen oder binden<lb/>
kan. Der Prie&#x017F;ter aber &#x017F;oll be&#x017F;cheiden und vor&#x017F;ichtig &#x017F;eyn, daß<lb/>
er nach Art eines erfahrnen Artztes Wein und Oele in die<lb/>
Wunden gie&#x017F;&#x017F;e, fleißig die Um&#x017F;ta&#x0364;nde des Su&#x0364;nders und der<lb/>
Su&#x0364;nden unter&#x017F;uche, dadurch er recht erfahre, was er ihm vor<lb/>
einen Rath geben, und vor Mittel anwenden mo&#x0364;ge, und al&#x017F;o<lb/>
ver&#x017F;chiedene Erfor&#x017F;chungen gebrauche, dem Krancken zu helffen.<lb/>
Er &#x017F;oll &#x017F;ich aber hu&#x0364;ten, daß er weder mit Worten noch Zei-<lb/>
chen, noch auf eine andere Wei&#x017F;e den Su&#x0364;nder verrathe, &#x017F;on-<lb/>
dern wenn er in der Sache Raths bedu&#x0364;rfftig, er &#x017F;olchen ein-<lb/>
ziehe, ohne das gering&#x017F;te von der Per&#x017F;on zu gedencken. Denn<lb/>
wer eine Su&#x0364;nde, die ihm in dem Beicht-Gerichte entdecket wor-<lb/>
den, zu offenbahren &#x017F;ich unterfa&#x0364;ngt, &#x017F;oll nicht alleine des Prie-<lb/>
&#x017F;terlichen Amtes ent&#x017F;etzet werden, &#x017F;ondern man &#x017F;oll ihn auch<lb/>
in ein wohlverwahrtes Klo&#x017F;ter &#x017F;to&#x017F;&#x017F;en, daß er darinn lebens-<lb/>
lang Bu&#x017F;&#x017F;e zu thun gehalten &#x017F;ey.</hi> </p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. <hi rendition="#aq">III.</hi></head>
            <p>Die&#x017F;es ge&#x017F;chahe al&#x017F;o in der Lateini&#x017F;chen Kirche.<note place="right">Gebrauch<lb/>
der Griechi-<lb/>
&#x017F;chen Ki&#xA75B;che.</note><lb/>
Die Griechi&#x017F;che bliebe dabey/ daß es genug wa&#x0364;re/ wenn<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">man</fw><lb/><note xml:id="f90" prev="#f89" place="foot" n="(a)"><hi rendition="#aq">vt more periti medici &#x017F;uper infundat vinum &amp; oleum vulneribus<lb/>
&#x017F;auciati, diligenter inquirens &amp; peccatoris circum&#x017F;tantias, &amp;<lb/>
peccati, quibus prudenter intelligat, quale debeat ei præ-<lb/>
bere con&#x017F;ilium &amp; cuiusmodi remedium adhibere, diuer&#x017F;is experi-<lb/>
mentis vtendo ad &#x017F;aluandum ægrotum. Caueat autem omnino,<lb/>
ne verbo, aut &#x017F;igno, aut alio quouis modo, aliquatenus prodat pec-<lb/>
catorem, &#x017F;ed &#x017F;i prudentiori con&#x017F;ilio indiguerit, illud absque vlla<lb/>
expres&#x017F;ione per&#x017F;onæ, caute requirat: quoniam qui peccatum in<lb/>
p&#x0153;nitentiali judicio &#x017F;ibi detectum præ&#x017F;um&#x017F;erit reuelare, non &#x017F;o-<lb/>
lum a &#x017F;acerdotali officio deponendum decernimus, verum etiam<lb/>
ad agendam perpetuam p&#x0153;nitentiam, in arctum mona&#x017F;terium de-<lb/>
trudendum.</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">a) Glo&#x017F;&#x017F;a</hi></fw></note><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">o 3</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[109/0128] ſo Innocentius III. eingefuͤhret. nung oͤffters in der Gemeine kund machen, damit niemand ei- ne Entſchuldigung vorzuwenden habe, er haͤtte ſolches nicht gewuſt. Wolte aber jemand einem andern Prieſter aus einer rechtmaͤßigen Urſache ſeine Suͤnden beichten, ſo ſoll er vor- hero von ſeinem eignen Prieſter Erlaubniß dazu ausbitten, weil ohne dieſes der andere ihn nicht loßzehlen oder binden kan. Der Prieſter aber ſoll beſcheiden und vorſichtig ſeyn, daß er nach Art eines erfahrnen Artztes Wein und Oele in die Wunden gieſſe, fleißig die Umſtaͤnde des Suͤnders und der Suͤnden unterſuche, dadurch er recht erfahre, was er ihm vor einen Rath geben, und vor Mittel anwenden moͤge, und alſo verſchiedene Erforſchungen gebrauche, dem Krancken zu helffen. Er ſoll ſich aber huͤten, daß er weder mit Worten noch Zei- chen, noch auf eine andere Weiſe den Suͤnder verrathe, ſon- dern wenn er in der Sache Raths beduͤrfftig, er ſolchen ein- ziehe, ohne das geringſte von der Perſon zu gedencken. Denn wer eine Suͤnde, die ihm in dem Beicht-Gerichte entdecket wor- den, zu offenbahren ſich unterfaͤngt, ſoll nicht alleine des Prie- ſterlichen Amtes entſetzet werden, ſondern man ſoll ihn auch in ein wohlverwahrtes Kloſter ſtoſſen, daß er darinn lebens- lang Buſſe zu thun gehalten ſey. §. III. Dieſes geſchahe alſo in der Lateiniſchen Kirche. Die Griechiſche bliebe dabey/ daß es genug waͤre/ wenn man (a) Gebrauch der Griechi- ſchen Kiꝛche. (a) vt more periti medici ſuper infundat vinum & oleum vulneribus ſauciati, diligenter inquirens & peccatoris circumſtantias, & peccati, quibus prudenter intelligat, quale debeat ei præ- bere conſilium & cuiusmodi remedium adhibere, diuerſis experi- mentis vtendo ad ſaluandum ægrotum. Caueat autem omnino, ne verbo, aut ſigno, aut alio quouis modo, aliquatenus prodat pec- catorem, ſed ſi prudentiori conſilio indiguerit, illud absque vlla expresſione perſonæ, caute requirat: quoniam qui peccatum in pœnitentiali judicio ſibi detectum præſumſerit reuelare, non ſo- lum a ſacerdotali officio deponendum decernimus, verum etiam ad agendam perpetuam pœnitentiam, in arctum monaſterium de- trudendum. a) Gloſſa o 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/128
Zitationshilfe: Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/128>, abgerufen am 25.04.2024.