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Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.

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so Innocentius III. eingeführet.
§. VI.

Innocentius, da er saget/ man solte daran seyn/4) Anmer-
ckungen von
der Genug-
thuung vor
die Sünde.

daß man die aufferlegte Busse aus eignen Kräfften erfülle,
giebet damit zu verstehen/ daß er die Genugthuung vor
ein wesentliches Stück der Busse angesehen. Allein die Ge-
nugthuung/ so GOtt vor die Sünde geschehen soll/ hat Chri-
stus bereits vor uns verrichtet. Wir können also nichts
thun/ als daß wir uns Christi Genugthuung im Glauben
zueignen. Das Wort Genugthuung wurde von denen al-
ten auch keinesweges in diesem Verstande genommen/ daß
sie dadurch eine zeitliche Straffe vor die begangene Sünde
verstanden. Sie deuteten durch das Genugthun vielmehr
die Besserung des Lebens und Vermeidung der Sünde an.
Sie sahen also die Canonischen Straffen keinesweges als
wesentliche oder nothwendige Stücke einer rechtschaffenen
Reue und Busse an a).

§. VII.

Vor diesem gebrauchten die Christen das Abend-5) Anmer-
ckung von
dem Ge-
brauch des
Abend-
mahls.

mahl so zu sagen alle Tage. Nachmahls stellete man auf die
vornehmsten Fest-Täge/ solenne communion an/ unterlies-
se aber darum nicht/ auch zu anderer Zeit das Abendmahl
auszuspenden. Innocentius aber meinet/ die Geistlichkeit
könne zufrieden seyn/ wenn ein Christe des Jahrs nur ein-
mahl das Abendmahl genösse. Meinem Erachten nach ist
hierunter nichts unbilliges/ wiewohl die unsrigen zuweilen
Innocentium treflich darüber von der Cantzel herunter zu

machen
a) Als man aber satisfactiones canonicas aufbrachte, so wurde derWenn solche
anbefohlen
wird.

Sünder nicht absolviret, biß solche in das Werck gerichtet. Vor-
jetzo aber sind die Papisten geldbegierig, und legen ihre Genüge-
Leistungen erst nach der absolution auf. vid. Marc. Anton. de Do-
minis de Republ. Eccles. Lib. V. cap. 7.
Keine Genugthuung gilt bey
ihnen etwas, wenn solche nicht von der Kirche, das ist, von der
Clerisey aufgeleget worden. vid. Albaspinaeus observ. Lib. II. obs. 3.
b) Inno-
(Recht der Beicht-Stühle.) p
ſo Innocentius III. eingefuͤhret.
§. VI.

Innocentius, da er ſaget/ man ſolte daran ſeyn/4) Anmer-
ckungẽ von
der Genug-
thuung vor
die Suͤnde.

daß man die aufferlegte Buſſe aus eignen Kraͤfften erfuͤlle,
giebet damit zu verſtehen/ daß er die Genugthuung vor
ein weſentliches Stuͤck der Buſſe angeſehen. Allein die Ge-
nugthuung/ ſo GOtt vor die Suͤnde geſchehen ſoll/ hat Chri-
ſtus bereits vor uns verrichtet. Wir koͤnnen alſo nichts
thun/ als daß wir uns Chriſti Genugthuung im Glauben
zueignen. Das Wort Genugthuung wurde von denen al-
ten auch keinesweges in dieſem Verſtande genommen/ daß
ſie dadurch eine zeitliche Straffe vor die begangene Suͤnde
verſtanden. Sie deuteten durch das Genugthun vielmehr
die Beſſerung des Lebens und Vermeidung der Suͤnde an.
Sie ſahen alſo die Canoniſchen Straffen keinesweges als
weſentliche oder nothwendige Stuͤcke einer rechtſchaffenen
Reue und Buſſe an a).

§. VII.

Vor dieſem gebrauchten die Chriſten das Abend-5) Anmer-
ckung von
dem Ge-
brauch des
Abend-
mahls.

mahl ſo zu ſagen alle Tage. Nachmahls ſtellete man auf die
vornehmſten Feſt-Taͤge/ ſolenne communion an/ unterlieſ-
ſe aber darum nicht/ auch zu anderer Zeit das Abendmahl
auszuſpenden. Innocentius aber meinet/ die Geiſtlichkeit
koͤnne zufrieden ſeyn/ wenn ein Chriſte des Jahrs nur ein-
mahl das Abendmahl genoͤſſe. Meinem Erachten nach iſt
hierunter nichts unbilliges/ wiewohl die unſrigen zuweilen
Innocentium treflich daruͤber von der Cantzel herunter zu

machen
a) Als man aber ſatisfactiones canonicas aufbrachte, ſo wurde derWenn ſolche
anbefohlen
wird.

Suͤnder nicht abſolviret, biß ſolche in das Werck gerichtet. Vor-
jetzo aber ſind die Papiſten geldbegierig, und legen ihre Genuͤge-
Leiſtungen erſt nach der abſolution auf. vid. Marc. Anton. de Do-
minis de Republ. Eccleſ. Lib. V. cap. 7.
Keine Genugthuung gilt bey
ihnen etwas, wenn ſolche nicht von der Kirche, das iſt, von der
Cleriſey aufgeleget worden. vid. Albaſpinæus obſerv. Lib. II. obſ. 3.
b) Inno-
(Recht der Beicht-Stuͤhle.) p
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[113/0132] ſo Innocentius III. eingefuͤhret. §. VI. Innocentius, da er ſaget/ man ſolte daran ſeyn/ daß man die aufferlegte Buſſe aus eignen Kraͤfften erfuͤlle, giebet damit zu verſtehen/ daß er die Genugthuung vor ein weſentliches Stuͤck der Buſſe angeſehen. Allein die Ge- nugthuung/ ſo GOtt vor die Suͤnde geſchehen ſoll/ hat Chri- ſtus bereits vor uns verrichtet. Wir koͤnnen alſo nichts thun/ als daß wir uns Chriſti Genugthuung im Glauben zueignen. Das Wort Genugthuung wurde von denen al- ten auch keinesweges in dieſem Verſtande genommen/ daß ſie dadurch eine zeitliche Straffe vor die begangene Suͤnde verſtanden. Sie deuteten durch das Genugthun vielmehr die Beſſerung des Lebens und Vermeidung der Suͤnde an. Sie ſahen alſo die Canoniſchen Straffen keinesweges als weſentliche oder nothwendige Stuͤcke einer rechtſchaffenen Reue und Buſſe an a). 4) Anmer- ckungẽ von der Genug- thuung vor die Suͤnde. §. VII. Vor dieſem gebrauchten die Chriſten das Abend- mahl ſo zu ſagen alle Tage. Nachmahls ſtellete man auf die vornehmſten Feſt-Taͤge/ ſolenne communion an/ unterlieſ- ſe aber darum nicht/ auch zu anderer Zeit das Abendmahl auszuſpenden. Innocentius aber meinet/ die Geiſtlichkeit koͤnne zufrieden ſeyn/ wenn ein Chriſte des Jahrs nur ein- mahl das Abendmahl genoͤſſe. Meinem Erachten nach iſt hierunter nichts unbilliges/ wiewohl die unſrigen zuweilen Innocentium treflich daruͤber von der Cantzel herunter zu machen 5) Anmer- ckung von dem Ge- brauch des Abend- mahls. a) Als man aber ſatisfactiones canonicas aufbrachte, ſo wurde der Suͤnder nicht abſolviret, biß ſolche in das Werck gerichtet. Vor- jetzo aber ſind die Papiſten geldbegierig, und legen ihre Genuͤge- Leiſtungen erſt nach der abſolution auf. vid. Marc. Anton. de Do- minis de Republ. Eccleſ. Lib. V. cap. 7. Keine Genugthuung gilt bey ihnen etwas, wenn ſolche nicht von der Kirche, das iſt, von der Cleriſey aufgeleget worden. vid. Albaſpinæus obſerv. Lib. II. obſ. 3. b) Inno- (Recht der Beicht-Stuͤhle.) p

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Zitationshilfe: Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/132>, abgerufen am 19.04.2024.