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Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.

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so Innocentius III. eingeführet.
mahl zu zwingen/ sondern eines jeden Gutbefinden die Sa-
che zu überlassen sey b).

§. VIII.

Allein der Pabst Innocentius III. hat in sei-Wird wei-
ter ausge-
führt.

ner constitution andere principia, und unsere Glaubens-
genossen folgen ihm in diesem Stück gar treulich nach. Er
meinet/ wenn einer des Jahrs nicht wenigstens einmahl zum
Abendmahl gienge/ solte man ihn von der Gemeine aus-
schliessen. Jch kan zwar nicht leugnen/ daß so wohl vor-
mahls/ als auch jetzo der Gebrauch des Abendmahls vor ein
Zeichen der Gemeinschafft gehalten worden/ und daß also
derjenige/ welcher sich desselben enthält/ denen Gliedern der
Kirche nicht füglich kan beygezehlet werden. Jedoch/ war-
um wollen wir ihm verbieten/ daß er nicht in unsere Ver-
sammlungen komme? Sündiget er daran/ daß er sich des
Abendmahls enthält/ so kan er vielleicht durch Hörung des
göttlichen Worts zur Erkäntniß kommen a). Der Pabst

Inno-
b) Das Abendmahl ist ein Liebes-Mahl, und also kein Zwang-Ob Leute zum
Abendmahl zu
zwingen?

Mahl daraus zu machen. Es streitet auch dieses mit denen prin-
cipiis
derer Theologorum, da sie behaupten, man solle keinen
Unwürdigen hinzulassen. Wer will sich aber einbilden, daß der-
jenige ein würdiger Gast des Tisches des HErrn sey, welchen man
durch Straffen darzu nöthiget. Christus bietet seine Gnade nur
an, aber er zwingt niemand, solche zu ergreiffen. Warum wol-
len denn wir elende Menschen die Leute darzu zwingen? Titius
hat denen, so solchen Zwang als rechtmäßig und erlaubt ausgeben,
den Staar trefflich gestochen, und zugleich erwiesen, daß solcher
ein grober Brocken des Pabstthums, in der Probe des geistli-
chen Rechts
cap. 3. Lib. 3. §. 19. seqq. und wollen auch wir sogleich
mit mehrern von diesem Pabsts-Zwang handeln.
a) Es werden einige gedencken, man thäte dieses bey uns ohne dem nicht,Ob einer, der
nicht zum A-
bendmal gehet,
des Landes zu
verweisen?

Man mahnete solche Leute mit allem Ernst an, in die Kirche zu
kommen und GOttes Wort zu hören, ob GOTT auch ihnen, wie
der Lydia, das Hertz aufthun möchte. Jch räume alles ein. Allein
wenn
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ſo Innocentius III. eingefuͤhret.
mahl zu zwingen/ ſondern eines jeden Gutbefinden die Sa-
che zu uͤberlaſſen ſey b).

§. VIII.

Allein der Pabſt Innocentius III. hat in ſei-Wird wei-
ter ausge-
fuͤhrt.

ner conſtitution andere principia, und unſere Glaubens-
genoſſen folgen ihm in dieſem Stuͤck gar treulich nach. Er
meinet/ wenn einer des Jahrs nicht wenigſtens einmahl zum
Abendmahl gienge/ ſolte man ihn von der Gemeine aus-
ſchlieſſen. Jch kan zwar nicht leugnen/ daß ſo wohl vor-
mahls/ als auch jetzo der Gebrauch des Abendmahls vor ein
Zeichen der Gemeinſchafft gehalten worden/ und daß alſo
derjenige/ welcher ſich deſſelben enthaͤlt/ denen Gliedern der
Kirche nicht fuͤglich kan beygezehlet werden. Jedoch/ war-
um wollen wir ihm verbieten/ daß er nicht in unſere Ver-
ſammlungen komme? Suͤndiget er daran/ daß er ſich des
Abendmahls enthaͤlt/ ſo kan er vielleicht durch Hoͤrung des
goͤttlichen Worts zur Erkaͤntniß kommen a). Der Pabſt

Inno-
b) Das Abendmahl iſt ein Liebes-Mahl, und alſo kein Zwang-Ob Leute zum
Abendmahl zu
zwingen?

Mahl daraus zu machen. Es ſtreitet auch dieſes mit denen prin-
cipiis
derer Theologorum, da ſie behaupten, man ſolle keinen
Unwuͤrdigen hinzulaſſen. Wer will ſich aber einbilden, daß der-
jenige ein wuͤrdiger Gaſt des Tiſches des HErrn ſey, welchen man
durch Straffen darzu noͤthiget. Chriſtus bietet ſeine Gnade nur
an, aber er zwingt niemand, ſolche zu ergreiffen. Warum wol-
len denn wir elende Menſchen die Leute darzu zwingen? Titius
hat denen, ſo ſolchen Zwang als rechtmaͤßig und erlaubt ausgeben,
den Staar trefflich geſtochen, und zugleich erwieſen, daß ſolcher
ein grober Brocken des Pabſtthums, in der Probe des geiſtli-
chen Rechts
cap. 3. Lib. 3. §. 19. ſeqq. und wollen auch wir ſogleich
mit mehrern von dieſem Pabſts-Zwang handeln.
a) Es weꝛden einige gedencken, man thaͤte dieſes bey uns ohne dem nicht,Ob einer, der
nicht zum A-
bendmal gehet,
des Landes zu
verweiſen?

Man mahnete ſolche Leute mit allem Ernſt an, in die Kirche zu
kommen und GOttes Wort zu hoͤren, ob GOTT auch ihnen, wie
der Lydia, das Hertz aufthun moͤchte. Jch raͤume alles ein. Allein
wenn
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[115/0134] ſo Innocentius III. eingefuͤhret. mahl zu zwingen/ ſondern eines jeden Gutbefinden die Sa- che zu uͤberlaſſen ſey b). §. VIII. Allein der Pabſt Innocentius III. hat in ſei- ner conſtitution andere principia, und unſere Glaubens- genoſſen folgen ihm in dieſem Stuͤck gar treulich nach. Er meinet/ wenn einer des Jahrs nicht wenigſtens einmahl zum Abendmahl gienge/ ſolte man ihn von der Gemeine aus- ſchlieſſen. Jch kan zwar nicht leugnen/ daß ſo wohl vor- mahls/ als auch jetzo der Gebrauch des Abendmahls vor ein Zeichen der Gemeinſchafft gehalten worden/ und daß alſo derjenige/ welcher ſich deſſelben enthaͤlt/ denen Gliedern der Kirche nicht fuͤglich kan beygezehlet werden. Jedoch/ war- um wollen wir ihm verbieten/ daß er nicht in unſere Ver- ſammlungen komme? Suͤndiget er daran/ daß er ſich des Abendmahls enthaͤlt/ ſo kan er vielleicht durch Hoͤrung des goͤttlichen Worts zur Erkaͤntniß kommen a). Der Pabſt Inno- Wird wei- ter ausge- fuͤhrt. b) Das Abendmahl iſt ein Liebes-Mahl, und alſo kein Zwang- Mahl daraus zu machen. Es ſtreitet auch dieſes mit denen prin- cipiis derer Theologorum, da ſie behaupten, man ſolle keinen Unwuͤrdigen hinzulaſſen. Wer will ſich aber einbilden, daß der- jenige ein wuͤrdiger Gaſt des Tiſches des HErrn ſey, welchen man durch Straffen darzu noͤthiget. Chriſtus bietet ſeine Gnade nur an, aber er zwingt niemand, ſolche zu ergreiffen. Warum wol- len denn wir elende Menſchen die Leute darzu zwingen? Titius hat denen, ſo ſolchen Zwang als rechtmaͤßig und erlaubt ausgeben, den Staar trefflich geſtochen, und zugleich erwieſen, daß ſolcher ein grober Brocken des Pabſtthums, in der Probe des geiſtli- chen Rechts cap. 3. Lib. 3. §. 19. ſeqq. und wollen auch wir ſogleich mit mehrern von dieſem Pabſts-Zwang handeln. a) Es weꝛden einige gedencken, man thaͤte dieſes bey uns ohne dem nicht, Man mahnete ſolche Leute mit allem Ernſt an, in die Kirche zu kommen und GOttes Wort zu hoͤren, ob GOTT auch ihnen, wie der Lydia, das Hertz aufthun moͤchte. Jch raͤume alles ein. Allein wenn p 2

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Zitationshilfe: Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/134>, abgerufen am 29.03.2024.