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Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.

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II. Abth. I. Cap. Von Erwehlung
Erkiesung eines Beicht-Vaters komme aus dem Cano-
nischen Recht her. Denn nach demselben werden zur Ver-
gebung der Sünden Reu und Leid/ oder ein zerknirschtes
Hertz/ die Beichte mit dem Munde/ und die Genugthuung
mit Wercken erfordert. Wo diese drey Stücke beysam-
men wären/ da sey erstlich eine wahre und rechtschaffene
Busse anzutreffen b). Zwar sind die Papisten selbst hier
nicht gar zu einig c); Allein es verlohnet sich der Mühe
nicht/ daß man viel Worte von der Sache macht/ und sich
dabey aufhält.

Die Mei-nung, daß
§. III.

Zwar ist nicht zu leugnen/ sondern vielmehr
klar am Tage/ daß die Protestirenden die Beichte denen we-

sentli-
soluere se ipsum possit. Nec enim dictum, vt tibi remiseris pec-
cata, sed quibuscunque remiseritis peccata. Matth. XVI, 19. Joh.
XX,
21. Der Carpzov ist überhaupt in seiner Jurisprudentia Con-
sistoriali
kein grosser Raisonneur. Wie er die Sache bey denen
Canonisten gefunden, so hat er solche hingeschrieben, und mit prae-
judiciis
erläutert.
b) Stücke der
Busse.
C. 41. dist. I. de poenit. Lancelottus hat solchen auch in seinen In-
stit. jur. can. Lib. II. Tit. V, v.
5.
gefolget, und drey Stücke der
Busse gemacht, da er saget: Constat igitur poenitentiae Sacra-
mentum tribus partibus, contritione cordis, confessione oris &
operis satisfactione.
Und handelt nachgehends von jedem Stück
ins besondere.
c) Vielerley Mei-
nung von sol-
chen Stücken.
Die Scotisten setzen das gantze Wesen des Sacraments der Bus-
se in der absolution. Andere sagen, die Zerknirschung des Her-
tzens, die Beichte mit dem Mund, und Gnugthuung durch Wer-
cke, wären die materie der Busse, die absolution aber die Form
und Gestalt.
Sie mögen aber daher schwatzen, was sie wollen,
so hänget doch ihre Lehre nicht zusammen. Uberhaupt ist dieses zu
mercken, daß sie diejenigen satisfactiones und Genugthuungen, so
vormahls die Kirche denen Gefallenen auferleget, wenn sie wieder
Glieder derselben seyn wollen, vor etwas solches ausgegeben, da-
durch die Vergebung der Sünden von GOTT erhalten werden
könnte. conf. not. ad Lancel, Lib. II. not, 143. edit. Thomas.

II. Abth. I. Cap. Von Erwehlung
Erkieſung eines Beicht-Vaters komme aus dem Cano-
niſchen Recht her. Denn nach demſelben werden zur Ver-
gebung der Suͤnden Reu und Leid/ oder ein zerknirſchtes
Hertz/ die Beichte mit dem Munde/ und die Genugthuung
mit Wercken erfordert. Wo dieſe drey Stuͤcke beyſam-
men waͤren/ da ſey erſtlich eine wahre und rechtſchaffene
Buſſe anzutreffen b). Zwar ſind die Papiſten ſelbſt hier
nicht gar zu einig c); Allein es verlohnet ſich der Muͤhe
nicht/ daß man viel Worte von der Sache macht/ und ſich
dabey aufhaͤlt.

Die Mei-nung, daß
§. III.

Zwar iſt nicht zu leugnen/ ſondern vielmehr
klar am Tage/ daß die Proteſtirenden die Beichte denen we-

ſentli-
ſoluere ſe ipſum poſſit. Nec enim dictum, vt tibi remiſeris pec-
cata, ſed quibuscunque remiſeritis peccata. Matth. XVI, 19. Joh.
XX,
21. Der Carpzov iſt uͤberhaupt in ſeiner Jurisprudentia Con-
ſiſtoriali
kein groſſer Raiſonneur. Wie er die Sache bey denen
Canoniſten gefunden, ſo hat er ſolche hingeſchrieben, und mit præ-
judiciis
erlaͤutert.
b) Stuͤcke der
Buſſe.
C. 41. diſt. I. de pœnit. Lancelottus hat ſolchen auch in ſeinen In-
ſtit. jur. can. Lib. II. Tit. V, v.
5.
gefolget, und drey Stuͤcke der
Buſſe gemacht, da er ſaget: Conſtat igitur pœnitentiæ Sacra-
mentum tribus partibus, contritione cordis, confesſione oris &
operis ſatisfactione.
Und handelt nachgehends von jedem Stuͤck
ins beſondere.
c) Vielerley Mei-
nung von ſol-
chen Stuͤcken.
Die Scotiſten ſetzen das gantze Weſen des Sacraments der Buſ-
ſe in der abſolution. Andere ſagen, die Zerknirſchung des Her-
tzens, die Beichte mit dem Mund, und Gnugthuung durch Wer-
cke, waͤren die materie der Buſſe, die abſolution aber die Form
und Geſtalt.
Sie moͤgen aber daher ſchwatzen, was ſie wollen,
ſo haͤnget doch ihre Lehre nicht zuſammen. Uberhaupt iſt dieſes zu
mercken, daß ſie diejenigen ſatisfactiones und Genugthuungen, ſo
vormahls die Kirche denen Gefallenen auferleget, wenn ſie wieder
Glieder derſelben ſeyn wollen, vor etwas ſolches ausgegeben, da-
durch die Vergebung der Suͤnden von GOTT erhalten werden
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[184/0203] II. Abth. I. Cap. Von Erwehlung Erkieſung eines Beicht-Vaters komme aus dem Cano- niſchen Recht her. Denn nach demſelben werden zur Ver- gebung der Suͤnden Reu und Leid/ oder ein zerknirſchtes Hertz/ die Beichte mit dem Munde/ und die Genugthuung mit Wercken erfordert. Wo dieſe drey Stuͤcke beyſam- men waͤren/ da ſey erſtlich eine wahre und rechtſchaffene Buſſe anzutreffen b). Zwar ſind die Papiſten ſelbſt hier nicht gar zu einig c); Allein es verlohnet ſich der Muͤhe nicht/ daß man viel Worte von der Sache macht/ und ſich dabey aufhaͤlt. §. III. Zwar iſt nicht zu leugnen/ ſondern vielmehr klar am Tage/ daß die Proteſtirenden die Beichte denen we- ſentli- (a) b) C. 41. diſt. I. de pœnit. Lancelottus hat ſolchen auch in ſeinen In- ſtit. jur. can. Lib. II. Tit. V, v. 5. gefolget, und drey Stuͤcke der Buſſe gemacht, da er ſaget: Conſtat igitur pœnitentiæ Sacra- mentum tribus partibus, contritione cordis, confesſione oris & operis ſatisfactione. Und handelt nachgehends von jedem Stuͤck ins beſondere. c) Die Scotiſten ſetzen das gantze Weſen des Sacraments der Buſ- ſe in der abſolution. Andere ſagen, die Zerknirſchung des Her- tzens, die Beichte mit dem Mund, und Gnugthuung durch Wer- cke, waͤren die materie der Buſſe, die abſolution aber die Form und Geſtalt. Sie moͤgen aber daher ſchwatzen, was ſie wollen, ſo haͤnget doch ihre Lehre nicht zuſammen. Uberhaupt iſt dieſes zu mercken, daß ſie diejenigen ſatisfactiones und Genugthuungen, ſo vormahls die Kirche denen Gefallenen auferleget, wenn ſie wieder Glieder derſelben ſeyn wollen, vor etwas ſolches ausgegeben, da- durch die Vergebung der Suͤnden von GOTT erhalten werden koͤnnte. conf. not. ad Lancel, Lib. II. not, 143. edit. Thomaſ. (a) ſoluere ſe ipſum poſſit. Nec enim dictum, vt tibi remiſeris pec- cata, ſed quibuscunque remiſeritis peccata. Matth. XVI, 19. Joh. XX, 21. Der Carpzov iſt uͤberhaupt in ſeiner Jurisprudentia Con- ſiſtoriali kein groſſer Raiſonneur. Wie er die Sache bey denen Canoniſten gefunden, ſo hat er ſolche hingeſchrieben, und mit præ- judiciis erlaͤutert.

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Zitationshilfe: Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/203>, abgerufen am 25.04.2024.