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Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.

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II. Abth. III. Cap. Von dem
fallenden Nothwendigkeiten es anzuwenden haben möge.
Das meiste aber wird der Geistlichkeit zum besten an und
aufgewendet.

Unterschied
unter sol-
chen Gaben
und dem
Beicht-Pfennig.
§. XXIV.

Es möchte einigen vorkommen/ daß ich mich
allzulang bey dieser Sache verweilet/ und zu weit von mei-
nem Vorhaben abgegangen. Allein es hat es die Noth-
wendigkeit erfordert/ damit man desto besser urtheilen kön-
te/ ob der Ursprung des Beicht-Pfennigs von diesen Gaben
herzuleiten sey oder nicht? Man wird aber aus demjeni-
gen/ so bißanhero vorgetragen/ erkennen/ daß es etwas un-
gereimtes sey/ den Beicht-Pfennig von solchen Gaben her-
zuleiten. Die Gaben/ so die Gläubigen Anfangs gebracht/
bestunden meistentheils/ in solchen Sachen/ die zur Speise
und Tranck gehörten. Man bereitete daraus ein Mahl/
vornehmlich die Armuth dadurch zu erquicken. Was man
sonst geliefert/ wurde ebenfalls dem Armuth zum besten
angewendet/ die Kirchen-Diener bekamen nichts davon/
als so ferne sie unter die Armen und Dürfftigen mit ge-
hörten. Ferner reichten die Gläubigen ihre Gaben nicht
vor einen gewissen Dienst, den die Kirchen-Diener ver-
richtet/ wie sie denn auch ihre milde Hand nicht insonder-
heit zur Erhaltung derselben auffgethan haben. a)

§. XXV.
a) Des Beicht-
Pfennigs Ur-
sprung darff
man bey sol-
chen Gaben
nicht suchen.
Jn soweit kan ich wohl sagen, daß der Beicht-Pfennig aus diesen
Gaben hergeleitet werden könne, weil solche aus freywilligem Ge-
müthe am Anfang gegeben worden. Alle jura stolae aber haben
ihren Ursprung von der Freygebigkeit der Layen. Wie aber das-
jenige, was man Anfangs ohngezwungen und freywillig gethan,
mit der Zeit in eine Nothwendigkeit kan verwandelt werden; so ist
es auch bey allen juribus stolae geschehen. Selbst die Gaben, so
man zuerst freywillig brachte, wurden wie gezeiget, hernachmahls
als eine Schuldigkeit gefordert. Allein den Beicht-Pfennig kan
ich ohnmöglich von diesen Gaben herhohlen. So viel glaube
gar

II. Abth. III. Cap. Von dem
fallenden Nothwendigkeiten es anzuwenden haben moͤge.
Das meiſte aber wird der Geiſtlichkeit zum beſten an und
aufgewendet.

Unterſchied
unter ſol-
chen Gaben
und dem
Beicht-Pfennig.
§. XXIV.

Es moͤchte einigen vorkommen/ daß ich mich
allzulang bey dieſer Sache verweilet/ und zu weit von mei-
nem Vorhaben abgegangen. Allein es hat es die Noth-
wendigkeit erfordert/ damit man deſto beſſer urtheilen koͤn-
te/ ob der Urſprung des Beicht-Pfennigs von dieſen Gaben
herzuleiten ſey oder nicht? Man wird aber aus demjeni-
gen/ ſo bißanhero vorgetragen/ erkennen/ daß es etwas un-
gereimtes ſey/ den Beicht-Pfennig von ſolchen Gaben her-
zuleiten. Die Gaben/ ſo die Glaͤubigen Anfangs gebracht/
beſtunden meiſtentheils/ in ſolchen Sachen/ die zur Speiſe
und Tranck gehoͤrten. Man bereitete daraus ein Mahl/
vornehmlich die Armuth dadurch zu erquicken. Was man
ſonſt geliefert/ wurde ebenfalls dem Armuth zum beſten
angewendet/ die Kirchen-Diener bekamen nichts davon/
als ſo ferne ſie unter die Armen und Duͤrfftigen mit ge-
hoͤrten. Ferner reichten die Glaͤubigen ihre Gaben nicht
vor einen gewiſſen Dienſt, den die Kirchen-Diener ver-
richtet/ wie ſie denn auch ihre milde Hand nicht inſonder-
heit zur Erhaltung derſelben auffgethan haben. a)

§. XXV.
a) Des Beicht-
Pfennigs Ur-
ſprung darff
man bey ſol-
chen Gaben
nicht ſuchen.
Jn ſoweit kan ich wohl ſagen, daß der Beicht-Pfennig aus dieſen
Gaben hergeleitet werden koͤnne, weil ſolche aus freywilligem Ge-
muͤthe am Anfang gegeben worden. Alle jura ſtolæ aber haben
ihren Urſprung von der Freygebigkeit der Layen. Wie aber das-
jenige, was man Anfangs ohngezwungen und freywillig gethan,
mit der Zeit in eine Nothwendigkeit kan verwandelt werden; ſo iſt
es auch bey allen juribus ſtolæ geſchehen. Selbſt die Gaben, ſo
man zuerſt freywillig brachte, wurden wie gezeiget, hernachmahls
als eine Schuldigkeit gefordert. Allein den Beicht-Pfennig kan
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[284/0303] II. Abth. III. Cap. Von dem fallenden Nothwendigkeiten es anzuwenden haben moͤge. Das meiſte aber wird der Geiſtlichkeit zum beſten an und aufgewendet. §. XXIV. Es moͤchte einigen vorkommen/ daß ich mich allzulang bey dieſer Sache verweilet/ und zu weit von mei- nem Vorhaben abgegangen. Allein es hat es die Noth- wendigkeit erfordert/ damit man deſto beſſer urtheilen koͤn- te/ ob der Urſprung des Beicht-Pfennigs von dieſen Gaben herzuleiten ſey oder nicht? Man wird aber aus demjeni- gen/ ſo bißanhero vorgetragen/ erkennen/ daß es etwas un- gereimtes ſey/ den Beicht-Pfennig von ſolchen Gaben her- zuleiten. Die Gaben/ ſo die Glaͤubigen Anfangs gebracht/ beſtunden meiſtentheils/ in ſolchen Sachen/ die zur Speiſe und Tranck gehoͤrten. Man bereitete daraus ein Mahl/ vornehmlich die Armuth dadurch zu erquicken. Was man ſonſt geliefert/ wurde ebenfalls dem Armuth zum beſten angewendet/ die Kirchen-Diener bekamen nichts davon/ als ſo ferne ſie unter die Armen und Duͤrfftigen mit ge- hoͤrten. Ferner reichten die Glaͤubigen ihre Gaben nicht vor einen gewiſſen Dienſt, den die Kirchen-Diener ver- richtet/ wie ſie denn auch ihre milde Hand nicht inſonder- heit zur Erhaltung derſelben auffgethan haben. a) §. XXV. a) Jn ſoweit kan ich wohl ſagen, daß der Beicht-Pfennig aus dieſen Gaben hergeleitet werden koͤnne, weil ſolche aus freywilligem Ge- muͤthe am Anfang gegeben worden. Alle jura ſtolæ aber haben ihren Urſprung von der Freygebigkeit der Layen. Wie aber das- jenige, was man Anfangs ohngezwungen und freywillig gethan, mit der Zeit in eine Nothwendigkeit kan verwandelt werden; ſo iſt es auch bey allen juribus ſtolæ geſchehen. Selbſt die Gaben, ſo man zuerſt freywillig brachte, wurden wie gezeiget, hernachmahls als eine Schuldigkeit gefordert. Allein den Beicht-Pfennig kan ich ohnmoͤglich von dieſen Gaben herhohlen. So viel glaube gar

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Zitationshilfe: Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/303>, abgerufen am 25.04.2024.