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Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.

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II. Abth. III. Cap. Von dem
wie viel Nutzen würden die Pfarr-Wittben und ihre Kin-
der haben/ wenn man die Accidentia und unter solchen die
Beicht-Pfennige insonderheit/ nicht zu dem Gnaden-Jahr
zehlen wolte? Gewißlich es würde wenig seyn. Stehet
man aber andere Accidentia denen Erben des verstorbe-
nen Pfarrers zu/ warum will man ihnen den Beicht-
Pfennig absprechen? Einige Pastores, die währender
Vacantz den Dienst versehen/ lassen sich auch gelüsten/ den
Beicht-Pfennig einzustecken. Sie sind aber allerdings
schuldig/ solchen denen Erben/ die das Gnaden-Jahr geniessen/
zuzustellen c). Jhre Pflicht bringet es mit/ in der Vacanz
das Amt zu verrichten/ und dürfften nichts dafür fordern.
Jhre Witben und Kinder haben ja ein gleiches zu genies-
sen. Was man also will/ daß uns geschiehet/ muß man
andern auch zu statten kommen lassen.

Definition
des Beicht-Pfennigs.
§. XXXIII.

Aus allem/ was bißher gesaget/ ist nun
leicht abzunehmen/ wie der Beicht-Pfennig zu definiren
sey. Jch meine/ daß solches füglich auf folgende Weise ge-

sche-
c) Jngleichen
Brunne-
mann.
Der Seel. Brunnemann in jur. eccles. Lib. II. cap. V. §. 14. saget
ebenfals, daß die Accidentia, der Beicht und Leichen-Pfennig,
währenden Gnaden-Jahrs, der Wittbe und Kindern des Pasto-
ris
gebührten. Accidentalia quoque vt nummi confessionarii &
funerarii, interim durante anno gratiae ad viduam & liberos per-
tinent.
Der Seel. Stryck hat bey eben diesen Worten ange-
mercket, daß weil gemeiniglich die ordentlichen Besoldungen der
Priester ein weniges betrügen, so würde die Wittbe währender
Gnaden-Zeit keinen sonderlichen Nutzen ziehen, wenn man die
Accidentia ihr benehmen wolte. Man könte ihr also dieselben
nicht absprechen. Verum, lauten seine Worte, cum exigua re-
gulariter pastorum salaria sint, paruum commodi exinde (scil.
anno
gratiae) in viduas, si accidentia demas, redundaret, vt binc be-
nignior interpretatio, quae in beneficiis alias obtinet, pro vidua
sit admittenda, &c.

a) Was

II. Abth. III. Cap. Von dem
wie viel Nutzen wuͤrden die Pfarr-Wittben und ihre Kin-
der haben/ wenn man die Accidentia und unter ſolchen die
Beicht-Pfennige inſonderheit/ nicht zu dem Gnaden-Jahr
zehlen wolte? Gewißlich es wuͤrde wenig ſeyn. Stehet
man aber andere Accidentia denen Erben des verſtorbe-
nen Pfarrers zu/ warum will man ihnen den Beicht-
Pfennig abſprechen? Einige Paſtores, die waͤhrender
Vacantz den Dienſt verſehen/ laſſen ſich auch geluͤſten/ den
Beicht-Pfennig einzuſtecken. Sie ſind aber allerdings
ſchuldig/ ſolchen denẽ Erben/ die das Gnadẽ-Jahr genieſſen/
zuzuſtellen c). Jhre Pflicht bringet es mit/ in der Vacanz
das Amt zu verrichten/ und duͤrfften nichts dafuͤr fordern.
Jhre Witben und Kinder haben ja ein gleiches zu genieſ-
ſen. Was man alſo will/ daß uns geſchiehet/ muß man
andern auch zu ſtatten kommen laſſen.

Definition
des Beicht-Pfennigs.
§. XXXIII.

Aus allem/ was bißher geſaget/ iſt nun
leicht abzunehmen/ wie der Beicht-Pfennig zu definiren
ſey. Jch meine/ daß ſolches fuͤglich auf folgende Weiſe ge-

ſche-
c) Jngleichen
Brunne-
mann.
Der Seel. Brunnemann in jur. eccleſ. Lib. II. cap. V. §. 14. ſaget
ebenfals, daß die Accidentia, der Beicht und Leichen-Pfennig,
waͤhrenden Gnaden-Jahrs, der Wittbe und Kindern des Paſto-
ris
gebuͤhrten. Accidentalia quoque vt nummi confeſſionarii &
funerarii, interim durante anno gratiæ ad viduam & liberos per-
tinent.
Der Seel. Stryck hat bey eben dieſen Worten ange-
mercket, daß weil gemeiniglich die ordentlichen Beſoldungen der
Prieſter ein weniges betruͤgen, ſo wuͤrde die Wittbe waͤhrender
Gnaden-Zeit keinen ſonderlichen Nutzen ziehen, wenn man die
Accidentia ihr benehmen wolte. Man koͤnte ihr alſo dieſelben
nicht abſprechen. Verum, lauten ſeine Worte, cum exigua re-
gulariter paſtorum ſalaria ſint, paruum commodi exinde (ſcil.
anno
gratiæ) in viduas, ſi accidentia demas, redundaret, vt binc be-
nignior interpretatio, quæ in beneficiis alias obtinet, pro vidua
ſit admittenda, &c.

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[298/0317] II. Abth. III. Cap. Von dem wie viel Nutzen wuͤrden die Pfarr-Wittben und ihre Kin- der haben/ wenn man die Accidentia und unter ſolchen die Beicht-Pfennige inſonderheit/ nicht zu dem Gnaden-Jahr zehlen wolte? Gewißlich es wuͤrde wenig ſeyn. Stehet man aber andere Accidentia denen Erben des verſtorbe- nen Pfarrers zu/ warum will man ihnen den Beicht- Pfennig abſprechen? Einige Paſtores, die waͤhrender Vacantz den Dienſt verſehen/ laſſen ſich auch geluͤſten/ den Beicht-Pfennig einzuſtecken. Sie ſind aber allerdings ſchuldig/ ſolchen denẽ Erben/ die das Gnadẽ-Jahr genieſſen/ zuzuſtellen c). Jhre Pflicht bringet es mit/ in der Vacanz das Amt zu verrichten/ und duͤrfften nichts dafuͤr fordern. Jhre Witben und Kinder haben ja ein gleiches zu genieſ- ſen. Was man alſo will/ daß uns geſchiehet/ muß man andern auch zu ſtatten kommen laſſen. §. XXXIII. Aus allem/ was bißher geſaget/ iſt nun leicht abzunehmen/ wie der Beicht-Pfennig zu definiren ſey. Jch meine/ daß ſolches fuͤglich auf folgende Weiſe ge- ſche- c) Der Seel. Brunnemann in jur. eccleſ. Lib. II. cap. V. §. 14. ſaget ebenfals, daß die Accidentia, der Beicht und Leichen-Pfennig, waͤhrenden Gnaden-Jahrs, der Wittbe und Kindern des Paſto- ris gebuͤhrten. Accidentalia quoque vt nummi confeſſionarii & funerarii, interim durante anno gratiæ ad viduam & liberos per- tinent. Der Seel. Stryck hat bey eben dieſen Worten ange- mercket, daß weil gemeiniglich die ordentlichen Beſoldungen der Prieſter ein weniges betruͤgen, ſo wuͤrde die Wittbe waͤhrender Gnaden-Zeit keinen ſonderlichen Nutzen ziehen, wenn man die Accidentia ihr benehmen wolte. Man koͤnte ihr alſo dieſelben nicht abſprechen. Verum, lauten ſeine Worte, cum exigua re- gulariter paſtorum ſalaria ſint, paruum commodi exinde (ſcil. anno gratiæ) in viduas, ſi accidentia demas, redundaret, vt binc be- nignior interpretatio, quæ in beneficiis alias obtinet, pro vidua ſit admittenda, &c. a) Was

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Zitationshilfe: Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721, S. 298. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/317>, abgerufen am 29.03.2024.