Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

Geheimhaltung der Beichte.
Basilius bezeuget solches gantz deutlich. Er gedencket/ daß
man die Chebrecherischen Weiber/ so ihre Sünden beken-
net/ nicht verrathen dürffte. Man brächte sie sonst in Le-
bens-Gefahr. Sie solten aber von der Gemeinschafft
ausgeschlossen seyn/ biß sie ihre Busse ausgestanden b).
Die Geheimhaltung der Beichte ist also vornehmlich da-
her mit entstanden/ daß die Beichtende/ nicht in Gefahr
kämen/ von denen weltlichen Gerichten bestrafft zu wer-
den. Bey Gratiano finden sich auch folgende Worte Gre-
gorii
c): Der Priester soll vor allem beobachten, daß er die-
jenigen Sünden, so man ihm gebeichtet, keinem Menschen er-
zehle, weder Anverwandten noch Fremden, noch so, daß ei-
niges Aergernüß daraus entstehe. Wenn er aber sich eines
solchen unterstanden, soll man ihn absetzen, und soll weil er
lebet eine schimpfliche Wallfahrt haben.

§. IV.

Da aber Innocentius der dritte/ die BeichteInnocenti-
us III.
hat
solches auf
eine beson-
dere Art ge-
than.

auf einen gantz andern Fuß gesetzet/ so hat er auch die Ge-
heimhaltung der Beichte
auf eine besondere Weise anbe-
fohlen. Es ist denen Beicht-Vätern anbefohlen worden/
nicht das geringste auszuschwatzen. Man hat Straffen
auf die Ubertreter gesetzet a). Nach der Zeit hat man die-

ses
b) Basilius in epist. conon. ad Amphiloch. can. 34. und lauten die WorteBasilius ver-
anget es auch

in der Ubersetzung also: Adulterio pollutas mulieres & confiten-
tes ob pietatem vel quomodocunque conuictas, publicare qui-
dem patres nostri prohibuerunt, ne conuictis mortis causam prae-
beamus. Eas autem stare sine communione jusserunt, donec
impleretur tempus poenitentiae.
c) Gratianus in c. 2. dist. 6. de poenit. Sacerdos ante omnia caueat,Ingleichen Gro-
gorius.

ne de his, quae ei confitentur peccata, alicui recitet, non propin-
quis, non extraneis, neque quod absit, pro aliquo scandalo.
Nam si hoc fecerit, deponatur, & omnibus diebus vitae suae igno-
miniosus peregrinando pergat.
a) Innocentius ordnete, daß alle Christen ihre Sünden zu beichtenWarum Inno-
gehal-

Geheimhaltung der Beichte.
Baſilius bezeuget ſolches gantz deutlich. Er gedencket/ daß
man die Chebrecheriſchen Weiber/ ſo ihre Suͤnden beken-
net/ nicht verrathen duͤrffte. Man braͤchte ſie ſonſt in Le-
bens-Gefahr. Sie ſolten aber von der Gemeinſchafft
ausgeſchloſſen ſeyn/ biß ſie ihre Buſſe ausgeſtanden b).
Die Geheimhaltung der Beichte iſt alſo vornehmlich da-
her mit entſtanden/ daß die Beichtende/ nicht in Gefahr
kaͤmen/ von denen weltlichen Gerichten beſtrafft zu wer-
den. Bey Gratiano finden ſich auch folgende Worte Gre-
gorii
c): Der Prieſter ſoll vor allem beobachten, daß er die-
jenigen Suͤnden, ſo man ihm gebeichtet, keinem Menſchen er-
zehle, weder Anverwandten noch Fremden, noch ſo, daß ei-
niges Aergernuͤß daraus entſtehe. Wenn er aber ſich eines
ſolchen unterſtanden, ſoll man ihn abſetzen, und ſoll weil er
lebet eine ſchimpfliche Wallfahrt haben.

§. IV.

Da aber Innocentius der dritte/ die BeichteInnocenti-
us III.
hat
ſolches auf
eine beſon-
dere Art ge-
than.

auf einen gantz andern Fuß geſetzet/ ſo hat er auch die Ge-
heimhaltung der Beichte
auf eine beſondere Weiſe anbe-
fohlen. Es iſt denen Beicht-Vaͤtern anbefohlen worden/
nicht das geringſte auszuſchwatzen. Man hat Straffen
auf die Ubertreter geſetzet a). Nach der Zeit hat man die-

ſes
b) Baſilius in epiſt. conon. ad Amphiloch. can. 34. und lauten die WorteBaſilius ver-
anget es auch

in der Uberſetzung alſo: Adulterio pollutas mulieres & confiten-
tes ob pietatem vel quomodocunque conuictas, publicare qui-
dem patres noſtri prohibuerunt, ne conuictis mortis cauſam præ-
beamus. Eas autem ſtare ſine communione juſſerunt, donec
impleretur tempus poenitentiæ.
c) Gratianus in c. 2. diſt. 6. de poenit. Sacerdos ante omnia caueat,Ingleichen Gro-
gorius.

ne de his, quæ ei confitentur peccata, alicui recitet, non propin-
quis, non extraneis, neque quod abſit, pro aliquo ſcandalo.
Nam ſi hoc fecerit, deponatur, & omnibus diebus vitæ ſuæ igno-
minioſus peregrinando pergat.
a) Innocentius ordnete, daß alle Chriſten ihre Suͤnden zu beichtenWarum Inno-
gehal-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0322" n="303"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Geheimhaltung der Beichte.</hi></fw><lb/><hi rendition="#aq">Ba&#x017F;ilius</hi> bezeuget &#x017F;olches gantz deutlich. Er gedencket/ daß<lb/>
man die Chebrecheri&#x017F;chen Weiber/ &#x017F;o ihre Su&#x0364;nden beken-<lb/>
net/ nicht verrathen du&#x0364;rffte. Man bra&#x0364;chte &#x017F;ie &#x017F;on&#x017F;t in Le-<lb/>
bens-Gefahr. Sie &#x017F;olten aber von der Gemein&#x017F;chafft<lb/>
ausge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en &#x017F;eyn/ biß &#x017F;ie ihre Bu&#x017F;&#x017F;e ausge&#x017F;tanden <note place="foot" n="b)"><hi rendition="#aq">Ba&#x017F;ilius <hi rendition="#i">in epi&#x017F;t. conon. ad Amphiloch. can. 34.</hi></hi> und lauten die Worte<note place="right"><hi rendition="#aq">Ba&#x017F;ilius</hi> ver-<lb/>
anget es auch</note><lb/>
in der Uber&#x017F;etzung al&#x017F;o: <hi rendition="#aq">Adulterio pollutas mulieres &amp; confiten-<lb/>
tes ob pietatem vel quomodocunque conuictas, publicare qui-<lb/>
dem patres no&#x017F;tri prohibuerunt, ne conuictis mortis cau&#x017F;am præ-<lb/>
beamus. Eas autem &#x017F;tare &#x017F;ine communione ju&#x017F;&#x017F;erunt, donec<lb/>
impleretur tempus poenitentiæ.</hi></note>.<lb/>
Die Geheimhaltung der Beichte i&#x017F;t al&#x017F;o vornehmlich da-<lb/>
her mit ent&#x017F;tanden/ daß die Beichtende/ nicht in Gefahr<lb/>
ka&#x0364;men/ von denen weltlichen Gerichten be&#x017F;trafft zu wer-<lb/>
den. Bey <hi rendition="#aq">Gratiano</hi> finden &#x017F;ich auch folgende Worte <hi rendition="#aq">Gre-<lb/>
gorii</hi> <note place="foot" n="c)"><hi rendition="#aq">Gratianus <hi rendition="#i">in c. 2. di&#x017F;t. 6. de poenit.</hi> Sacerdos ante omnia caueat,</hi><note place="right">Ingleichen <hi rendition="#aq">Gro-<lb/>
gorius.</hi></note><lb/><hi rendition="#aq">ne de his, quæ ei confitentur peccata, alicui recitet, non propin-<lb/>
quis, non extraneis, neque quod ab&#x017F;it, pro aliquo &#x017F;candalo.<lb/>
Nam &#x017F;i hoc fecerit, deponatur, &amp; omnibus diebus vitæ &#x017F;uæ igno-<lb/>
minio&#x017F;us peregrinando pergat.</hi></note>: <hi rendition="#fr">Der Prie&#x017F;ter &#x017F;oll vor allem beobachten, daß er die-<lb/>
jenigen Su&#x0364;nden, &#x017F;o man ihm gebeichtet, keinem Men&#x017F;chen er-<lb/>
zehle, weder Anverwandten noch Fremden, noch &#x017F;o, daß ei-<lb/>
niges Aergernu&#x0364;ß daraus ent&#x017F;tehe. Wenn er aber &#x017F;ich eines<lb/>
&#x017F;olchen unter&#x017F;tanden, &#x017F;oll man ihn ab&#x017F;etzen, und &#x017F;oll weil er<lb/>
lebet eine &#x017F;chimpfliche Wallfahrt haben.</hi></p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. <hi rendition="#aq">IV.</hi></head>
            <p>Da aber <hi rendition="#aq">Innocentius</hi> der dritte/ die Beichte<note place="right"><hi rendition="#aq">Innocenti-<lb/>
us III.</hi> hat<lb/>
&#x017F;olches auf<lb/>
eine be&#x017F;on-<lb/>
dere Art ge-<lb/>
than.</note><lb/>
auf einen gantz andern Fuß ge&#x017F;etzet/ &#x017F;o hat er auch die <hi rendition="#fr">Ge-<lb/>
heimhaltung der Beichte</hi> auf eine be&#x017F;ondere Wei&#x017F;e anbe-<lb/>
fohlen. Es i&#x017F;t denen Beicht-Va&#x0364;tern anbefohlen worden/<lb/>
nicht das gering&#x017F;te auszu&#x017F;chwatzen. Man hat Straffen<lb/>
auf die Ubertreter ge&#x017F;etzet <note xml:id="h98" next="#h99" place="foot" n="a)"><hi rendition="#aq">Innocentius</hi> ordnete, daß alle Chri&#x017F;ten ihre Su&#x0364;nden zu beichten<note place="right">Warum <hi rendition="#aq">Inno-</hi></note><lb/>
<fw place="bottom" type="catch">gehal-</fw></note>. Nach der Zeit hat man die-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;es</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[303/0322] Geheimhaltung der Beichte. Baſilius bezeuget ſolches gantz deutlich. Er gedencket/ daß man die Chebrecheriſchen Weiber/ ſo ihre Suͤnden beken- net/ nicht verrathen duͤrffte. Man braͤchte ſie ſonſt in Le- bens-Gefahr. Sie ſolten aber von der Gemeinſchafft ausgeſchloſſen ſeyn/ biß ſie ihre Buſſe ausgeſtanden b). Die Geheimhaltung der Beichte iſt alſo vornehmlich da- her mit entſtanden/ daß die Beichtende/ nicht in Gefahr kaͤmen/ von denen weltlichen Gerichten beſtrafft zu wer- den. Bey Gratiano finden ſich auch folgende Worte Gre- gorii c): Der Prieſter ſoll vor allem beobachten, daß er die- jenigen Suͤnden, ſo man ihm gebeichtet, keinem Menſchen er- zehle, weder Anverwandten noch Fremden, noch ſo, daß ei- niges Aergernuͤß daraus entſtehe. Wenn er aber ſich eines ſolchen unterſtanden, ſoll man ihn abſetzen, und ſoll weil er lebet eine ſchimpfliche Wallfahrt haben. §. IV. Da aber Innocentius der dritte/ die Beichte auf einen gantz andern Fuß geſetzet/ ſo hat er auch die Ge- heimhaltung der Beichte auf eine beſondere Weiſe anbe- fohlen. Es iſt denen Beicht-Vaͤtern anbefohlen worden/ nicht das geringſte auszuſchwatzen. Man hat Straffen auf die Ubertreter geſetzet a). Nach der Zeit hat man die- ſes Innocenti- us III. hat ſolches auf eine beſon- dere Art ge- than. b) Baſilius in epiſt. conon. ad Amphiloch. can. 34. und lauten die Worte in der Uberſetzung alſo: Adulterio pollutas mulieres & confiten- tes ob pietatem vel quomodocunque conuictas, publicare qui- dem patres noſtri prohibuerunt, ne conuictis mortis cauſam præ- beamus. Eas autem ſtare ſine communione juſſerunt, donec impleretur tempus poenitentiæ. c) Gratianus in c. 2. diſt. 6. de poenit. Sacerdos ante omnia caueat, ne de his, quæ ei confitentur peccata, alicui recitet, non propin- quis, non extraneis, neque quod abſit, pro aliquo ſcandalo. Nam ſi hoc fecerit, deponatur, & omnibus diebus vitæ ſuæ igno- minioſus peregrinando pergat. a) Innocentius ordnete, daß alle Chriſten ihre Suͤnden zu beichten gehal-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/322
Zitationshilfe: Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/322>, abgerufen am 25.04.2024.