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Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.

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II. Abth. IV. Capitel. Von der
Ob die Le-
bens-Stra-
fe bey denen
Protestiren-ten statt hat.
§. XXXII.

Wie siehet es aber in diesem Stück bey
denen Protestirenden aus? Jch bin gewiß versichert/ daß
die Papisten aus keinem andern Grund die Todes-Straffe
hieher gezogen/ als weil sie die Beichte vor ein Sacrament
gehalten. Diese Lehre aber verwerffen die Protestirende.
Darum kan auch die Todes-Straffe hier keine statt haben a).
Jedoch ich befinde/ daß Luther selbst diese Art der Straf-
fe/ wegen Offenbahrung der Beichte gebilliget b). Wie
recht oder unrecht er daran gethan/ mögen andere urthei-
len. Wenn aber ja die Todes-Straffe hierinn dictiret wer-
den könte/ so müste es sodann seyn/ wenn der Landes-Fürst
dem Beicht-Vater heimliche Sünden entdecket/ und die-
ser solche wieder ausgeplaudert. Nicht weil er das Sacra-
ment
der Beichte verletzet/ sondern weil er den Landes-
Herrn hintergangen/ und vor seinen Unterthanen pro-
stitui
ret.

§. XXXIII.
a) Anmerckungen
von dem Uber-
bleibse der pa-
pistischen Sa-
cramente.
Niemand rücke mir vor, die Todes-Straffe könte dictiret werden,
ohne daß man dieselbe von der Lehre, daß die Beichte ein Sacra-
ment
sey, herhohlete. Bey denen Protestirenden wäre auf den
Ehebruch das Schwerd gesetzet. Dennoch hielten sie die Ehe
vor kein Sacrament. Es ist gantz gut. Aber warum haben wir
denn die Lebens-Straffe in diesem Stück beybehalten? Jch kan
keine andere Ursache geben, als das wir die conclusion eines ver-
worffenen principii beybehalten. Ein gleiches würde zu sagen
seyn, wenn wir wegen Offenbahrung der Beichte mit der Lebens-
Straffe so behende herfür wischen wolten.
b) Lutheri Mei-
nung von der Le-
bens-Straffe.
Denn als man ihm das Urtheil des Raths zu Venedig, dessen
im vorhergehenden Paragrapho not. a) erwehnet, erzehlet, soll er
gesagt haben: Diß ist ein recht gut und vernünfftig Urtheil,
und weises Bedencken des Raths, und der Mönch ist billig
verbrand als ein Verräther.
Conf. Ioach. Pollio in cons.
theol. qu. 9. pag. 27.
Dedekennus in Consil. Theol. part. 1. pag. 919.

a) Dieser
II. Abth. IV. Capitel. Von der
Ob die Le-
bens-Stra-
fe bey denen
Proteſtiren-ten ſtatt hat.
§. XXXII.

Wie ſiehet es aber in dieſem Stuͤck bey
denen Proteſtirenden aus? Jch bin gewiß verſichert/ daß
die Papiſten aus keinem andern Grund die Todes-Straffe
hieher gezogen/ als weil ſie die Beichte vor ein Sacrament
gehalten. Dieſe Lehre aber verwerffen die Proteſtirende.
Darum kan auch die Todes-Straffe hier keine ſtatt haben a).
Jedoch ich befinde/ daß Luther ſelbſt dieſe Art der Straf-
fe/ wegen Offenbahrung der Beichte gebilliget b). Wie
recht oder unrecht er daran gethan/ moͤgen andere urthei-
len. Wenn aber ja die Todes-Straffe hierinn dictiret wer-
den koͤnte/ ſo muͤſte es ſodann ſeyn/ wenn der Landes-Fuͤrſt
dem Beicht-Vater heimliche Suͤnden entdecket/ und die-
ſer ſolche wieder ausgeplaudert. Nicht weil er das Sacra-
ment
der Beichte verletzet/ ſondern weil er den Landes-
Herrn hintergangen/ und vor ſeinen Unterthanen pro-
ſtitui
ret.

§. XXXIII.
a) Anmerckungen
von dem Uber-
bleibſe der pa-
piſtiſchen Sa-
cramente.
Niemand ruͤcke mir vor, die Todes-Straffe koͤnte dictiret werden,
ohne daß man dieſelbe von der Lehre, daß die Beichte ein Sacra-
ment
ſey, herhohlete. Bey denen Proteſtirenden waͤre auf den
Ehebruch das Schwerd geſetzet. Dennoch hielten ſie die Ehe
vor kein Sacrament. Es iſt gantz gut. Aber warum haben wir
denn die Lebens-Straffe in dieſem Stuͤck beybehalten? Jch kan
keine andere Urſache geben, als das wir die concluſion eines ver-
worffenen principii beybehalten. Ein gleiches wuͤrde zu ſagen
ſeyn, wenn wir wegen Offenbahrung der Beichte mit der Lebens-
Straffe ſo behende herfuͤr wiſchen wolten.
b) Lutheri Mei-
nung von der Le-
bens-Straffe.
Denn als man ihm das Urtheil des Raths zu Venedig, deſſen
im vorhergehenden Paragrapho not. a) erwehnet, erzehlet, ſoll er
geſagt haben: Diß iſt ein recht gut und vernuͤnfftig Urtheil,
und weiſes Bedencken des Raths, und der Moͤnch iſt billig
verbrand als ein Verraͤther.
Conf. Ioach. Pollio in conſ.
theol. qu. 9. pag. 27.
Dedekennus in Conſil. Theol. part. 1. pag. 919.

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[344/0363] II. Abth. IV. Capitel. Von der §. XXXII. Wie ſiehet es aber in dieſem Stuͤck bey denen Proteſtirenden aus? Jch bin gewiß verſichert/ daß die Papiſten aus keinem andern Grund die Todes-Straffe hieher gezogen/ als weil ſie die Beichte vor ein Sacrament gehalten. Dieſe Lehre aber verwerffen die Proteſtirende. Darum kan auch die Todes-Straffe hier keine ſtatt haben a). Jedoch ich befinde/ daß Luther ſelbſt dieſe Art der Straf- fe/ wegen Offenbahrung der Beichte gebilliget b). Wie recht oder unrecht er daran gethan/ moͤgen andere urthei- len. Wenn aber ja die Todes-Straffe hierinn dictiret wer- den koͤnte/ ſo muͤſte es ſodann ſeyn/ wenn der Landes-Fuͤrſt dem Beicht-Vater heimliche Suͤnden entdecket/ und die- ſer ſolche wieder ausgeplaudert. Nicht weil er das Sacra- ment der Beichte verletzet/ ſondern weil er den Landes- Herrn hintergangen/ und vor ſeinen Unterthanen pro- ſtituiret. §. XXXIII. a) Niemand ruͤcke mir vor, die Todes-Straffe koͤnte dictiret werden, ohne daß man dieſelbe von der Lehre, daß die Beichte ein Sacra- ment ſey, herhohlete. Bey denen Proteſtirenden waͤre auf den Ehebruch das Schwerd geſetzet. Dennoch hielten ſie die Ehe vor kein Sacrament. Es iſt gantz gut. Aber warum haben wir denn die Lebens-Straffe in dieſem Stuͤck beybehalten? Jch kan keine andere Urſache geben, als das wir die concluſion eines ver- worffenen principii beybehalten. Ein gleiches wuͤrde zu ſagen ſeyn, wenn wir wegen Offenbahrung der Beichte mit der Lebens- Straffe ſo behende herfuͤr wiſchen wolten. b) Denn als man ihm das Urtheil des Raths zu Venedig, deſſen im vorhergehenden Paragrapho not. a) erwehnet, erzehlet, ſoll er geſagt haben: Diß iſt ein recht gut und vernuͤnfftig Urtheil, und weiſes Bedencken des Raths, und der Moͤnch iſt billig verbrand als ein Verraͤther. Conf. Ioach. Pollio in conſ. theol. qu. 9. pag. 27. Dedekennus in Conſil. Theol. part. 1. pag. 919. a) Dieſer

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Zitationshilfe: Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721, S. 344. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/363>, abgerufen am 28.03.2024.