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Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.

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Geheimhaltung der Beichte.
§. XXXIII.

Die Canonisten wollen aber denenEin Vor-
schlag der
Straffe zu
entgehen.

Beicht-Vätern ein generales recept verehren/ dadurch sie
von aller Straffe befreyet würden/ wenn sie gleich aus der
Beichte geschwatzet. Sie sagen: wenn ein Beicht-Va-
ter beschuldiget würde/ er hätte aus der Beichte geschwa-
tzet/ so solte er nur vorgeben/ man hätte ihm Erlaubnüß
gegeben
solches zu thun. Hierdurch entgienge er aller
Straffe a). Allein wenn dieses gegründet/ lieber warum
machen sie so ein langes Gewäsche/ von denen Straffen
des gebrochenen Beicht-Siegels? Es dienet ja solches zu
nichts. Die wäschigen Beicht-Väter können unter solchem
Vorwand allezeit gesichert seyn. Uber dieses so martern
sich ja die Doctores abscheulich/ wie es mit dem Vorgeben;
daß das Beicht-Kind aus der Beichte zu schwatzen Erlaub-
nüß ertheilet/ zu halten sey. Alle solche Scrupel aber sie-
len auf einmahl hinweg/ wenn man dem Beicht-Vater oh-
ne Unterscheid Glauben beymessen müste. Demnach will
ich andern das Urtheil überlassen/ wie gegründet die Mei-
nung sey/ daß ein Beicht-Vater aller Straffe befreyet
würde/ wenn er sagte: Das Beicht-Kind habe ihm die
Erlaubnüß zu reden ertheilet.

Dritte
a) Dieser Meinung ist Beyer cit. l. §. 22. und beruffet sich anbeyBeyers und
meine Mei-
nung.

auf Menochium. Er meinet, wenn man gleich dem Beicht-Va-
ter hierinn nicht vollkommentlich glaubte, so müste man es doch
wegen Abwendung der Straffe thun. Diese würde durch sol-
che exception gehoben. Nach meiner Meinung kan ein Beicht-
Vater alle Straffen am besten dadurch vermeiden, wenn er
reinen Mund hält und verschwiegen ist.
a) Auf
(Recht der Beicht-Stühle.) x x
Geheimhaltung der Beichte.
§. XXXIII.

Die Canoniſten wollen aber denenEin Vor-
ſchlag der
Straffe zu
entgehen.

Beicht-Vaͤtern ein generales recept verehren/ dadurch ſie
von aller Straffe befreyet wuͤrden/ wenn ſie gleich aus der
Beichte geſchwatzet. Sie ſagen: wenn ein Beicht-Va-
ter beſchuldiget wuͤrde/ er haͤtte aus der Beichte geſchwa-
tzet/ ſo ſolte er nur vorgeben/ man haͤtte ihm Erlaubnuͤß
gegeben
ſolches zu thun. Hierdurch entgienge er aller
Straffe a). Allein wenn dieſes gegruͤndet/ lieber warum
machen ſie ſo ein langes Gewaͤſche/ von denen Straffen
des gebrochenen Beicht-Siegels? Es dienet ja ſolches zu
nichts. Die waͤſchigen Beicht-Vaͤter koͤnnen unter ſolchem
Vorwand allezeit geſichert ſeyn. Uber dieſes ſo martern
ſich ja die Doctores abſcheulich/ wie es mit dem Vorgeben;
daß das Beicht-Kind aus der Beichte zu ſchwatzen Erlaub-
nuͤß ertheilet/ zu halten ſey. Alle ſolche Scrupel aber ſie-
len auf einmahl hinweg/ wenn man dem Beicht-Vater oh-
ne Unterſcheid Glauben beymeſſen muͤſte. Demnach will
ich andern das Urtheil uͤberlaſſen/ wie gegruͤndet die Mei-
nung ſey/ daß ein Beicht-Vater aller Straffe befreyet
wuͤrde/ wenn er ſagte: Das Beicht-Kind habe ihm die
Erlaubnuͤß zu reden ertheilet.

Dritte
a) Dieſer Meinung iſt Beyer cit. l. §. 22. und beruffet ſich anbeyBeyers und
meine Mei-
nung.

auf Menochium. Er meinet, wenn man gleich dem Beicht-Va-
ter hierinn nicht vollkommentlich glaubte, ſo muͤſte man es doch
wegen Abwendung der Straffe thun. Dieſe wuͤrde durch ſol-
che exception gehoben. Nach meiner Meinung kan ein Beicht-
Vater alle Straffen am beſten dadurch vermeiden, wenn er
reinen Mund haͤlt und verſchwiegen iſt.
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(Recht der Beicht-Stuͤhle.) x x
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[345/0364] Geheimhaltung der Beichte. §. XXXIII. Die Canoniſten wollen aber denen Beicht-Vaͤtern ein generales recept verehren/ dadurch ſie von aller Straffe befreyet wuͤrden/ wenn ſie gleich aus der Beichte geſchwatzet. Sie ſagen: wenn ein Beicht-Va- ter beſchuldiget wuͤrde/ er haͤtte aus der Beichte geſchwa- tzet/ ſo ſolte er nur vorgeben/ man haͤtte ihm Erlaubnuͤß gegeben ſolches zu thun. Hierdurch entgienge er aller Straffe a). Allein wenn dieſes gegruͤndet/ lieber warum machen ſie ſo ein langes Gewaͤſche/ von denen Straffen des gebrochenen Beicht-Siegels? Es dienet ja ſolches zu nichts. Die waͤſchigen Beicht-Vaͤter koͤnnen unter ſolchem Vorwand allezeit geſichert ſeyn. Uber dieſes ſo martern ſich ja die Doctores abſcheulich/ wie es mit dem Vorgeben; daß das Beicht-Kind aus der Beichte zu ſchwatzen Erlaub- nuͤß ertheilet/ zu halten ſey. Alle ſolche Scrupel aber ſie- len auf einmahl hinweg/ wenn man dem Beicht-Vater oh- ne Unterſcheid Glauben beymeſſen muͤſte. Demnach will ich andern das Urtheil uͤberlaſſen/ wie gegruͤndet die Mei- nung ſey/ daß ein Beicht-Vater aller Straffe befreyet wuͤrde/ wenn er ſagte: Das Beicht-Kind habe ihm die Erlaubnuͤß zu reden ertheilet. Ein Vor- ſchlag der Straffe zu entgehen. Dritte a) Dieſer Meinung iſt Beyer cit. l. §. 22. und beruffet ſich anbey auf Menochium. Er meinet, wenn man gleich dem Beicht-Va- ter hierinn nicht vollkommentlich glaubte, ſo muͤſte man es doch wegen Abwendung der Straffe thun. Dieſe wuͤrde durch ſol- che exception gehoben. Nach meiner Meinung kan ein Beicht- Vater alle Straffen am beſten dadurch vermeiden, wenn er reinen Mund haͤlt und verſchwiegen iſt. a) Auf (Recht der Beicht-Stuͤhle.) x x

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Zitationshilfe: Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721, S. 345. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/364>, abgerufen am 25.04.2024.