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Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.

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bey den Beicht-Stühlen überhaupt.
§. VIII.

Da nun dieses ausser allem Streit/ daß auchEin Fürste
kan die
Beicht-

Stühle ab-
schaffen.

Fürsten allgemeine Kirchen-Gebräuche, wenn gleich solche
durch allgemeine Concilia eingeführet/ und bißanhero beob-
achtet worden/ abschaffen können. Diesemnach so kan
ein Landes-Herr auch die Beicht-Stühle mit Recht ab-
schaffen. Denn ich habe oben gezeiget/ daß das Beicht-
Wesen nicht in Gottes-Wort gegründet. Daß es von Men-
schen erfunden worden. Daß die erste Christliche Kirche nichts
von solcher Beichte viel hundert Jahre gewust. Daß die
jetzige Beichte erst im XIII. Sec. aufgekommen. Jch habe
berühmte Männer/ und unter solchen Theologos angefüh-
ret/ die meiner Meinung sind. Da nun selbst diejenigen/
welche wegen der allgemeinen Gebräuche Beybehaltung/
so sehr bekümmert sind/ dennoch zugeben/ daß man aber-
gläubische Dinge abschaffen könne; So wird ein gleiches
auch von denen Beicht-Stühlen zu sagen seyn. Denn die
Beichte mag heraus gepriesen werden wie sie will/ so ist
solche doch voller Mängel. Selbst berühmte Theologi,
haben solches erkannt. Sie haben dahero frey geschrie-
ben/ die Beichte schaffete den Nutzen nicht/ den man sich
verspräche. Wir hätten nur den Mißbrauch derselben a).

Denn
a) Der seelige Spener schreibet in seinen Theologischen Beden-Speners Ur-
theil von der
heutigen Beich-
te.

cken Vol. I. Cap. I. sect. 35. p. 196. also: Es ist eine an sich nicht
böse und hertzlich gemeinte Anstalt der Kirchen gewesen,
da die absonderliche Beicht und
absolution, (so vorhin nicht
anders als in denen Fällen sonderbahr schwerer begange-
ner Sünden in Ubung, und also keine ordentliche Berei-
tung zum heiligen Abendmahl gewesen) eingeführet wor-
den ist, wie sie auch ihren Nutzen und Frucht gehabt ha-
ben mag. So haben unsere Vorfahren bey der Reforma-
tion auch ihre Ursachen gehabt, daß sie dieselbige an vie-
len Orten beybehalten: Jch leugne auch nicht, wenn da-

mit
(Recht der Beicht-Stühle.) a a a
bey den Beicht-Stuͤhlen uͤberhaupt.
§. VIII.

Da nun dieſes auſſer allem Streit/ daß auchEin Fuͤrſte
kan die
Beicht-

Stuͤhle ab-
ſchaffen.

Fuͤrſten allgemeine Kirchen-Gebraͤuche, wenn gleich ſolche
durch allgemeine Concilia eingefuͤhret/ und bißanhero beob-
achtet worden/ abſchaffen koͤnnen. Dieſemnach ſo kan
ein Landes-Herr auch die Beicht-Stuͤhle mit Recht ab-
ſchaffen. Denn ich habe oben gezeiget/ daß das Beicht-
Weſen nicht in Gottes-Wort gegruͤndet. Daß es von Men-
ſchen erfunden woꝛden. Daß die erſte Chriſtliche Kirche nichts
von ſolcher Beichte viel hundert Jahre gewuſt. Daß die
jetzige Beichte erſt im XIII. Sec. aufgekommen. Jch habe
beruͤhmte Maͤnner/ und unter ſolchen Theologos angefuͤh-
ret/ die meiner Meinung ſind. Da nun ſelbſt diejenigen/
welche wegen der allgemeinen Gebraͤuche Beybehaltung/
ſo ſehr bekuͤmmert ſind/ dennoch zugeben/ daß man aber-
glaͤubiſche Dinge abſchaffen koͤnne; So wird ein gleiches
auch von denen Beicht-Stuͤhlen zu ſagen ſeyn. Denn die
Beichte mag heraus geprieſen werden wie ſie will/ ſo iſt
ſolche doch voller Maͤngel. Selbſt beruͤhmte Theologi,
haben ſolches erkannt. Sie haben dahero frey geſchrie-
ben/ die Beichte ſchaffete den Nutzen nicht/ den man ſich
verſpraͤche. Wir haͤtten nur den Mißbrauch derſelben a).

Denn
a) Der ſeelige Spener ſchreibet in ſeinen Theologiſchen Beden-Speners Ur-
theil von der
heutigen Beich-
te.

cken Vol. I. Cap. I. ſect. 35. p. 196. alſo: Es iſt eine an ſich nicht
boͤſe und hertzlich gemeinte Anſtalt der Kirchen geweſen,
da die abſonderliche Beicht und
abſolution, (ſo vorhin nicht
anders als in denen Faͤllen ſonderbahr ſchwerer begange-
ner Suͤnden in Ubung, und alſo keine ordentliche Berei-
tung zum heiligen Abendmahl geweſen) eingefuͤhret wor-
den iſt, wie ſie auch ihren Nutzen und Frucht gehabt ha-
ben mag. So haben unſere Vorfahren bey der Reforma-
tion auch ihre Urſachen gehabt, daß ſie dieſelbige an vie-
len Orten beybehalten: Jch leugne auch nicht, wenn da-

mit
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[369/0388] bey den Beicht-Stuͤhlen uͤberhaupt. §. VIII. Da nun dieſes auſſer allem Streit/ daß auch Fuͤrſten allgemeine Kirchen-Gebraͤuche, wenn gleich ſolche durch allgemeine Concilia eingefuͤhret/ und bißanhero beob- achtet worden/ abſchaffen koͤnnen. Dieſemnach ſo kan ein Landes-Herr auch die Beicht-Stuͤhle mit Recht ab- ſchaffen. Denn ich habe oben gezeiget/ daß das Beicht- Weſen nicht in Gottes-Wort gegruͤndet. Daß es von Men- ſchen erfunden woꝛden. Daß die erſte Chriſtliche Kirche nichts von ſolcher Beichte viel hundert Jahre gewuſt. Daß die jetzige Beichte erſt im XIII. Sec. aufgekommen. Jch habe beruͤhmte Maͤnner/ und unter ſolchen Theologos angefuͤh- ret/ die meiner Meinung ſind. Da nun ſelbſt diejenigen/ welche wegen der allgemeinen Gebraͤuche Beybehaltung/ ſo ſehr bekuͤmmert ſind/ dennoch zugeben/ daß man aber- glaͤubiſche Dinge abſchaffen koͤnne; So wird ein gleiches auch von denen Beicht-Stuͤhlen zu ſagen ſeyn. Denn die Beichte mag heraus geprieſen werden wie ſie will/ ſo iſt ſolche doch voller Maͤngel. Selbſt beruͤhmte Theologi, haben ſolches erkannt. Sie haben dahero frey geſchrie- ben/ die Beichte ſchaffete den Nutzen nicht/ den man ſich verſpraͤche. Wir haͤtten nur den Mißbrauch derſelben a). Denn Ein Fuͤrſte kan die Beicht- Stuͤhle ab- ſchaffen. a) Der ſeelige Spener ſchreibet in ſeinen Theologiſchen Beden- cken Vol. I. Cap. I. ſect. 35. p. 196. alſo: Es iſt eine an ſich nicht boͤſe und hertzlich gemeinte Anſtalt der Kirchen geweſen, da die abſonderliche Beicht und abſolution, (ſo vorhin nicht anders als in denen Faͤllen ſonderbahr ſchwerer begange- ner Suͤnden in Ubung, und alſo keine ordentliche Berei- tung zum heiligen Abendmahl geweſen) eingefuͤhret wor- den iſt, wie ſie auch ihren Nutzen und Frucht gehabt ha- ben mag. So haben unſere Vorfahren bey der Reforma- tion auch ihre Urſachen gehabt, daß ſie dieſelbige an vie- len Orten beybehalten: Jch leugne auch nicht, wenn da- mit (Recht der Beicht-Stuͤhle.) a a a

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Zitationshilfe: Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721, S. 369. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/388>, abgerufen am 23.04.2024.