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Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.

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III. Abth. II. Cap. Vom Recht eines Fürsten
ste Mittel seyn/ wenn man denen Leuten frey liesse/ ob sie
beichten wolten oder nicht. Auf solche Weise geschehe bey-
den/ die die Beichte hoch achten/ und die nichts davon hal-
ten/ ein sattsames Genügen b). Es würde sodann nach
und nach das Beicht-Wesen immer in mehrern Verfall
kommen. Dieses hielte ich vor das sicherste Mittel/ dem
abergläubischen Wesen zu steuren.

Was an
statt der
Beicht-

Stühle ein-zuführen.
§. X.

Sonsten aber hielte dafür/ daß wenn die Beich-
te füglich abgeschaffet werden könte/ und denen Priestern
der Beicht-Pfennig durch andere Art gut gethan würde/
es eine gute Sache wäre. Man könte an deren Stelle die
Leute/ so zum Abendmahl gehen wolten/ Tages vorhero in
die Kirche kommen lassen. Man könte eine kurtze sermon
oder Predigt von der rechten Busse halten. Man könte
sodann alle fragen/ ob sie den kräfftigen Vorsatz hätten
ihr Leben zu bessern. Sodann könte man ihnen anzeigen/
Gott würde die Sünden vergeben. Dieses würde weit
grössern Nutzen schaffen/ als der gemeine Schlendrian der
Beichte/ und die hochtrabende absolutions-Formuln a).

Und
b) Wie die Beich-
te abzuschaffen.
Denn wer beichten wolte, möchte es thun. Wer keine Lust
dazu hätte, unterliesse es. Doch muß denen Predigern dadurch
an ihren accidentien nichts abgehen. Ferner müste bey so ge-
stalten Sachen die Landes-Obrigkeit denen Priestern den Dau-
men auf das Auge setzen, daß sie die, so nicht beichten, auf keine
Art und Weise sugillirten. Der erste, so darwieder handelte,
müste nachdrücklich gestrafft werden. Die andern würden sich
wohl spiegeln. Diese Freyheit zu beichten oder nicht, würde
ohne die geringste Schwürigkeit ertheilet werden können. Es
gienge darunter weder der Geistlichkeit, noch denen Liebhabern
des Beicht-Wesens etwas ab.
a) Von der Vor-
bereitung zum
Abendmahl.
Denn man saget, die Beichte sey eine Vorbereitung zum A-
bendmahl.
Wie weit es Grund habe, ist schon oben gemel-
det

III. Abth. II. Cap. Vom Recht eines Fuͤrſten
ſte Mittel ſeyn/ wenn man denen Leuten frey lieſſe/ ob ſie
beichten wolten oder nicht. Auf ſolche Weiſe geſchehe bey-
den/ die die Beichte hoch achten/ und die nichts davon hal-
ten/ ein ſattſames Genuͤgen b). Es wuͤrde ſodann nach
und nach das Beicht-Weſen immer in mehrern Verfall
kommen. Dieſes hielte ich vor das ſicherſte Mittel/ dem
aberglaͤubiſchen Weſen zu ſteuren.

Was an
ſtatt der
Beicht-

Stuͤhle ein-zufuͤhren.
§. X.

Sonſten aber hielte dafuͤr/ daß wenn die Beich-
te fuͤglich abgeſchaffet werden koͤnte/ und denen Prieſtern
der Beicht-Pfennig durch andere Art gut gethan wuͤrde/
es eine gute Sache waͤre. Man koͤnte an deren Stelle die
Leute/ ſo zum Abendmahl gehen wolten/ Tages vorhero in
die Kirche kommen laſſen. Man koͤnte eine kurtze ſermon
oder Predigt von der rechten Buſſe halten. Man koͤnte
ſodann alle fragen/ ob ſie den kraͤfftigen Vorſatz haͤtten
ihr Leben zu beſſern. Sodann koͤnte man ihnen anzeigen/
Gott wuͤrde die Suͤnden vergeben. Dieſes wuͤrde weit
groͤſſern Nutzen ſchaffen/ als der gemeine Schlendrian der
Beichte/ und die hochtrabende abſolutions-Formuln a).

Und
b) Wie die Beich-
te abzuſchaffen.
Denn wer beichten wolte, moͤchte es thun. Wer keine Luſt
dazu haͤtte, unterlieſſe es. Doch muß denen Predigern dadurch
an ihren accidentien nichts abgehen. Ferner muͤſte bey ſo ge-
ſtalten Sachen die Landes-Obrigkeit denen Prieſtern den Dau-
men auf das Auge ſetzen, daß ſie die, ſo nicht beichten, auf keine
Art und Weiſe ſugillirten. Der erſte, ſo darwieder handelte,
muͤſte nachdruͤcklich geſtrafft werden. Die andern wuͤrden ſich
wohl ſpiegeln. Dieſe Freyheit zu beichten oder nicht, wuͤrde
ohne die geringſte Schwuͤrigkeit ertheilet werden koͤnnen. Es
gienge darunter weder der Geiſtlichkeit, noch denen Liebhabern
des Beicht-Weſens etwas ab.
a) Von der Vor-
bereitung zum
Abendmahl.
Denn man ſaget, die Beichte ſey eine Vorbereitung zum A-
bendmahl.
Wie weit es Grund habe, iſt ſchon oben gemel-
det
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[372/0391] III. Abth. II. Cap. Vom Recht eines Fuͤrſten ſte Mittel ſeyn/ wenn man denen Leuten frey lieſſe/ ob ſie beichten wolten oder nicht. Auf ſolche Weiſe geſchehe bey- den/ die die Beichte hoch achten/ und die nichts davon hal- ten/ ein ſattſames Genuͤgen b). Es wuͤrde ſodann nach und nach das Beicht-Weſen immer in mehrern Verfall kommen. Dieſes hielte ich vor das ſicherſte Mittel/ dem aberglaͤubiſchen Weſen zu ſteuren. §. X. Sonſten aber hielte dafuͤr/ daß wenn die Beich- te fuͤglich abgeſchaffet werden koͤnte/ und denen Prieſtern der Beicht-Pfennig durch andere Art gut gethan wuͤrde/ es eine gute Sache waͤre. Man koͤnte an deren Stelle die Leute/ ſo zum Abendmahl gehen wolten/ Tages vorhero in die Kirche kommen laſſen. Man koͤnte eine kurtze ſermon oder Predigt von der rechten Buſſe halten. Man koͤnte ſodann alle fragen/ ob ſie den kraͤfftigen Vorſatz haͤtten ihr Leben zu beſſern. Sodann koͤnte man ihnen anzeigen/ Gott wuͤrde die Suͤnden vergeben. Dieſes wuͤrde weit groͤſſern Nutzen ſchaffen/ als der gemeine Schlendrian der Beichte/ und die hochtrabende abſolutions-Formuln a). Und b) Denn wer beichten wolte, moͤchte es thun. Wer keine Luſt dazu haͤtte, unterlieſſe es. Doch muß denen Predigern dadurch an ihren accidentien nichts abgehen. Ferner muͤſte bey ſo ge- ſtalten Sachen die Landes-Obrigkeit denen Prieſtern den Dau- men auf das Auge ſetzen, daß ſie die, ſo nicht beichten, auf keine Art und Weiſe ſugillirten. Der erſte, ſo darwieder handelte, muͤſte nachdruͤcklich geſtrafft werden. Die andern wuͤrden ſich wohl ſpiegeln. Dieſe Freyheit zu beichten oder nicht, wuͤrde ohne die geringſte Schwuͤrigkeit ertheilet werden koͤnnen. Es gienge darunter weder der Geiſtlichkeit, noch denen Liebhabern des Beicht-Weſens etwas ab. a) Denn man ſaget, die Beichte ſey eine Vorbereitung zum A- bendmahl. Wie weit es Grund habe, iſt ſchon oben gemel- det

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Zitationshilfe: Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721, S. 372. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/391>, abgerufen am 28.03.2024.