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Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.

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III. Abth. III. Cap. Vom Recht eines Fürsten wegen
de mir ein/ daß dieser Zwang aus einem irrigen principio,
welches wir auch verwerffen/ als eine Conclusion beybe-
halten worden a). Wenn also eine Person anzeiget/ sie
hätte kein Vertrauen zu dem ordentlichen Pfarrer/ ihm zu
beichten/ so ist es allerdings die gröste Billigkeit, daß ein
Landes-Herr ihr die Erlaubnüß ertheilet/ bey einem andern
das Beicht-Werck zu verrichten.

Was zu
thun, wenn
die Priester
sich wieder-
setzen, im
Fall einPfarr-Kind
§. III.

Zwar weiß ich allzuwohl/ daß viele von der
Priesterschafft/ alle dergleichen Unternehmungen der Lan-
des-Herrschafft/ unter dem Vorwand/ sie könten es mit
gutem Gewissen, nicht geschehen lassen/ zu hindern suchen.
Jch glaube nicht/ daß jedesmahl eine Argelist darunter ver-
borgen a); sondern weil sie in Gewissens-Sachen keinen

deut-
a) Von der Ver-
mählung eines
Pfarrers mit
der Kirche.
Man hat sich schon in denen alten Zeiten eingebildet, durch die
ordination würde ein Priester der Kirchen vermählet. Hier-
durch sey er so an dieselbe gebunden, daß er ohne das gröste Un-
recht zu begehen, in einer andern keine geistliche Handlungen
verrichten könne. Da aber nun das gantze Pfarr-Recht, we-
gen des bestens der Pfarrer eingeführet worden, so ist leicht zu
erachten, daß die Pfarr-Kinder eben so genau an ihre Pfarrer
gebunden worden. Diese geistliche Vermählung verwerffen
wir. Doch daß die Veränderung des Beicht-Vaters so schwer
gemacht wird, kommet Zweiffels ohne, mit aus diesem Grund
her.
a) Fleischliche Ab-
sichten der
Gristlichkeit.
Denn bey manchem sitzet der Hochmuth, und meinet er, wenn
das Beicht-Kind bey einem andern hinführo beichtete, litte sei-
ne renommee dadurch. Dahero soll das Gewissen ein Mantel
seines Lasters seyn. Andere dencken, es würde ihr interesse dar-
unter Schaden leyden. Denn um dessen willen hält man so viel
auf das beichten, und eine gute Anzahl von Beicht-Kindern.
Claues Christi fecerunt auaritiae ministerium, hat Lutherus schon
gesagt, Tom. I. Jen. Lat. fol. 126. b. Und obgleich in diesem Fall
dem Beicht-Kinde gebühret, dem vorigen Beicht-Vater zu ge-
ben,

III. Abth. III. Cap. Vom Recht eines Fuͤrſten wegen
de mir ein/ daß dieſer Zwang aus einem irrigen principio,
welches wir auch verwerffen/ als eine Concluſion beybe-
halten worden a). Wenn alſo eine Perſon anzeiget/ ſie
haͤtte kein Vertrauen zu dem ordentlichen Pfarrer/ ihm zu
beichten/ ſo iſt es allerdings die groͤſte Billigkeit, daß ein
Landes-Herr ihr die Erlaubnuͤß ertheilet/ bey einem andern
das Beicht-Werck zu verrichten.

Was zu
thun, wenn
die Prieſter
ſich wieder-
ſetzen, im
Fall einPfarꝛ-Kind
§. III.

Zwar weiß ich allzuwohl/ daß viele von der
Prieſterſchafft/ alle dergleichen Unternehmungen der Lan-
des-Herrſchafft/ unter dem Vorwand/ ſie koͤnten es mit
gutem Gewiſſen, nicht geſchehen laſſen/ zu hindern ſuchen.
Jch glaube nicht/ daß jedesmahl eine Argeliſt darunter ver-
borgen a); ſondern weil ſie in Gewiſſens-Sachen keinen

deut-
a) Von der Ver-
maͤhlung eines
Pfarrers mit
der Kirche.
Man hat ſich ſchon in denen alten Zeiten eingebildet, durch die
ordination wuͤrde ein Prieſter der Kirchen vermaͤhlet. Hier-
durch ſey er ſo an dieſelbe gebunden, daß er ohne das groͤſte Un-
recht zu begehen, in einer andern keine geiſtliche Handlungen
verrichten koͤnne. Da aber nun das gantze Pfarr-Recht, we-
gen des beſtens der Pfarrer eingefuͤhret worden, ſo iſt leicht zu
erachten, daß die Pfarr-Kinder eben ſo genau an ihre Pfarrer
gebunden worden. Dieſe geiſtliche Vermaͤhlung verwerffen
wir. Doch daß die Veraͤnderung des Beicht-Vaters ſo ſchwer
gemacht wird, kommet Zweiffels ohne, mit aus dieſem Grund
her.
a) Fleiſchliche Ab-
ſichten der
Griſtlichkeit.
Denn bey manchem ſitzet der Hochmuth, und meinet er, wenn
das Beicht-Kind bey einem andern hinfuͤhro beichtete, litte ſei-
ne renommée dadurch. Dahero ſoll das Gewiſſen ein Mantel
ſeines Laſters ſeyn. Andere dencken, es wuͤrde ihr intereſſe dar-
unter Schaden leyden. Denn um deſſen willen haͤlt man ſo viel
auf das beichten, und eine gute Anzahl von Beicht-Kindern.
Claues Chriſti fecerunt auaritiæ miniſterium, hat Lutherus ſchon
geſagt, Tom. I. Jen. Lat. fol. 126. b. Und obgleich in dieſem Fall
dem Beicht-Kinde gebuͤhret, dem vorigen Beicht-Vater zu ge-
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[378/0397] III. Abth. III. Cap. Vom Recht eines Fuͤrſten wegen de mir ein/ daß dieſer Zwang aus einem irrigen principio, welches wir auch verwerffen/ als eine Concluſion beybe- halten worden a). Wenn alſo eine Perſon anzeiget/ ſie haͤtte kein Vertrauen zu dem ordentlichen Pfarrer/ ihm zu beichten/ ſo iſt es allerdings die groͤſte Billigkeit, daß ein Landes-Herr ihr die Erlaubnuͤß ertheilet/ bey einem andern das Beicht-Werck zu verrichten. §. III. Zwar weiß ich allzuwohl/ daß viele von der Prieſterſchafft/ alle dergleichen Unternehmungen der Lan- des-Herrſchafft/ unter dem Vorwand/ ſie koͤnten es mit gutem Gewiſſen, nicht geſchehen laſſen/ zu hindern ſuchen. Jch glaube nicht/ daß jedesmahl eine Argeliſt darunter ver- borgen a); ſondern weil ſie in Gewiſſens-Sachen keinen deut- a) Man hat ſich ſchon in denen alten Zeiten eingebildet, durch die ordination wuͤrde ein Prieſter der Kirchen vermaͤhlet. Hier- durch ſey er ſo an dieſelbe gebunden, daß er ohne das groͤſte Un- recht zu begehen, in einer andern keine geiſtliche Handlungen verrichten koͤnne. Da aber nun das gantze Pfarr-Recht, we- gen des beſtens der Pfarrer eingefuͤhret worden, ſo iſt leicht zu erachten, daß die Pfarr-Kinder eben ſo genau an ihre Pfarrer gebunden worden. Dieſe geiſtliche Vermaͤhlung verwerffen wir. Doch daß die Veraͤnderung des Beicht-Vaters ſo ſchwer gemacht wird, kommet Zweiffels ohne, mit aus dieſem Grund her. a) Denn bey manchem ſitzet der Hochmuth, und meinet er, wenn das Beicht-Kind bey einem andern hinfuͤhro beichtete, litte ſei- ne renommée dadurch. Dahero ſoll das Gewiſſen ein Mantel ſeines Laſters ſeyn. Andere dencken, es wuͤrde ihr intereſſe dar- unter Schaden leyden. Denn um deſſen willen haͤlt man ſo viel auf das beichten, und eine gute Anzahl von Beicht-Kindern. Claues Chriſti fecerunt auaritiæ miniſterium, hat Lutherus ſchon geſagt, Tom. I. Jen. Lat. fol. 126. b. Und obgleich in dieſem Fall dem Beicht-Kinde gebuͤhret, dem vorigen Beicht-Vater zu ge- ben,

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Zitationshilfe: Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721, S. 378. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/397>, abgerufen am 19.04.2024.