Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.

Bild:
<< vorherige Seite
der verborgenen Sünden.
§. VIII.

Ja ob wohl das Licht der Wahrheit immerGebrauch
der Beichte
des VIII.
Seculi.

mehr und mehr dunckler zu werden begunte/ und es mit
dem Christenthum immer schlimmer aussahe/ so finde ich
doch nicht/ daß die heutige Art zu beichten damahls denen
Leuten sey aufgedrungen worden. Es ist auch dazumahl
keine andere Beichte gewesen/ als welche die jenigen Sünder
verrichtet/ die zu denen Priestern gekommen/ um öffentli-
che Busse zu thun. Jch will des Bedae Venerabilis Worte
hieher übersetzen/ weil sie meiner Sache ein ziemliches Licht
geben. Er spricht also a): Der Herr hat niemand, dem er
an dem Leibe Hülffe geleistet, zu denen Priestern geschicket,
als die Aussätzigen; Weil vielleicht das Priesterthum der Jü-
den ein Vorbild war, des zukünfftigen Königlichen Priester-
thums, welches in der Kirche ist, dadurch alle, die zum Leib
Christi, des höchsten und wahren Hohen-Priesters, gehören,
eingeweyhet werden. Und bey wem keine Ketzerey, heydni-
scher Aberglaube, Jüdische Untreu, brüderliche Spaltung,

durch
a) Beda mit dem Nahmen Venerabilis, ist noch heute in grossem An-Bedae Zeug-
niß.

sehen. Seine Worte sind in der Predigt von denen zehen Aussä-
tzigen Tom. VII. p. 70. zu lesen. Daselbst hat er über die Worte
Christi: Gehet hin, und zeiget euch dem Priester, folgendes
einfliessen lassen. Nullum Dominus eorum, quibus haec corpo-
ralia beneficia praestitit, inuenitur misisse ad sacerdotes, nisi le-
prosos, quia videlicet sacerdotium Iudaeorum figura erat sacerdo-
tii futuri regalis, quod est in ecclesia, quo consecrantur omnes
pertinentes ad corpus Christi, summi & veri principis sacerdo-
tum. Et quisquis haeretica prauitate, vel superstitione gentili,
vel Iudaica perfidia, vel etiam schismate fraterno, quasi vario co-
lore per Christi gratiam caruerit, necesse est, ad ecclesiam ve-
niat, coloremque fidei verum, quem acceperit, ostendat. Cae-
tera vero vitia, tanquam valetudines, & quasi membrorum atque
sensuum, per semetipsum interim in conscientia & intellectu, do-
minus sanat & corrigit.

b) Mar-
m 2
der verborgenen Suͤnden.
§. VIII.

Ja ob wohl das Licht der Wahrheit immerGebrauch
der Beichte
des VIII.
Seculi.

mehr und mehr dunckler zu werden begunte/ und es mit
dem Chriſtenthum immer ſchlimmer ausſahe/ ſo finde ich
doch nicht/ daß die heutige Art zu beichten damahls denen
Leuten ſey aufgedrungen worden. Es iſt auch dazumahl
keine andere Beichte geweſen/ als welche die jenigen Suͤnder
verrichtet/ die zu denen Prieſtern gekommen/ um oͤffentli-
che Buſſe zu thun. Jch will des Bedæ Venerabilis Worte
hieher uͤberſetzen/ weil ſie meiner Sache ein ziemliches Licht
geben. Er ſpricht alſo a): Der Herr hat niemand, dem er
an dem Leibe Huͤlffe geleiſtet, zu denen Prieſtern geſchicket,
als die Auſſaͤtzigen; Weil vielleicht das Prieſterthum der Juͤ-
den ein Vorbild war, des zukuͤnfftigen Koͤniglichen Prieſter-
thums, welches in der Kirche iſt, dadurch alle, die zum Leib
Chriſti, des hoͤchſten und wahren Hohen-Prieſters, gehoͤren,
eingeweyhet werden. Und bey wem keine Ketzerey, heydni-
ſcher Aberglaube, Juͤdiſche Untreu, bruͤderliche Spaltung,

durch
a) Beda mit dem Nahmen Venerabilis, iſt noch heute in groſſem An-Bedæ Zeug-
niß.

ſehen. Seine Worte ſind in der Predigt von denen zehen Auſſaͤ-
tzigen Tom. VII. p. 70. zu leſen. Daſelbſt hat er uͤber die Worte
Chriſti: Gehet hin, und zeiget euch dem Prieſter, folgendes
einflieſſen laſſen. Nullum Dominus eorum, quibus hæc corpo-
ralia beneficia præſtitit, inuenitur miſiſſe ad ſacerdotes, niſi le-
proſos, quia videlicet ſacerdotium Iudæorum figura erat ſacerdo-
tii futuri regalis, quod eſt in eccleſia, quo conſecrantur omnes
pertinentes ad corpus Chriſti, ſummi & veri principis ſacerdo-
tum. Et quisquis hæretica prauitate, vel ſuperſtitione gentili,
vel Iudaica perfidia, vel etiam ſchismate fraterno, quaſi vario co-
lore per Chriſti gratiam caruerit, neceſſe eſt, ad eccleſiam ve-
niat, coloremque fidei verum, quem acceperit, oſtendat. Cæ-
tera vero vitia, tanquam valetudines, & quaſi membrorum atque
ſenſuum, per ſemetipſum interim in conſcientia & intellectu, do-
minus ſanat & corrigit.

b) Mar-
m 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0110" n="91"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">der verborgenen Su&#x0364;nden.</hi> </fw><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. <hi rendition="#aq">VIII.</hi></head>
            <p>Ja ob wohl das Licht der Wahrheit immer<note place="right">Gebrauch<lb/>
der Beichte<lb/>
des <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">VIII.</hi><lb/>
Seculi.</hi></note><lb/>
mehr und mehr dunckler zu werden begunte/ und es mit<lb/>
dem Chri&#x017F;tenthum immer &#x017F;chlimmer aus&#x017F;ahe/ &#x017F;o finde ich<lb/>
doch nicht/ daß die heutige Art zu beichten damahls denen<lb/>
Leuten &#x017F;ey aufgedrungen worden. Es i&#x017F;t auch dazumahl<lb/>
keine andere Beichte gewe&#x017F;en/ als welche die jenigen Su&#x0364;nder<lb/>
verrichtet/ die zu denen Prie&#x017F;tern gekommen/ um o&#x0364;ffentli-<lb/>
che Bu&#x017F;&#x017F;e zu thun. Jch will des <hi rendition="#aq">Bedæ Venerabilis</hi> Worte<lb/>
hieher u&#x0364;ber&#x017F;etzen/ weil &#x017F;ie meiner Sache ein ziemliches Licht<lb/>
geben. Er &#x017F;pricht al&#x017F;o <note place="foot" n="a)"><hi rendition="#aq">Beda</hi> mit dem Nahmen <hi rendition="#aq">Venerabilis,</hi> i&#x017F;t noch heute in gro&#x017F;&#x017F;em An-<note place="right"><hi rendition="#aq">Bedæ</hi> Zeug-<lb/>
niß.</note><lb/>
&#x017F;ehen. Seine Worte &#x017F;ind in der Predigt von denen zehen Au&#x017F;&#x017F;a&#x0364;-<lb/>
tzigen <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Tom. VII. p. 70.</hi></hi> zu le&#x017F;en. Da&#x017F;elb&#x017F;t hat er u&#x0364;ber die Worte<lb/>
Chri&#x017F;ti: <hi rendition="#fr">Gehet hin, und zeiget euch dem Prie&#x017F;ter,</hi> folgendes<lb/>
einflie&#x017F;&#x017F;en la&#x017F;&#x017F;en. <hi rendition="#aq">Nullum Dominus eorum, quibus hæc corpo-<lb/>
ralia beneficia præ&#x017F;titit, inuenitur mi&#x017F;i&#x017F;&#x017F;e ad &#x017F;acerdotes, ni&#x017F;i le-<lb/>
pro&#x017F;os, quia videlicet &#x017F;acerdotium Iudæorum figura erat &#x017F;acerdo-<lb/>
tii futuri regalis, quod e&#x017F;t in eccle&#x017F;ia, quo con&#x017F;ecrantur omnes<lb/>
pertinentes ad corpus Chri&#x017F;ti, &#x017F;ummi &amp; veri principis &#x017F;acerdo-<lb/>
tum. Et quisquis hæretica prauitate, vel &#x017F;uper&#x017F;titione gentili,<lb/>
vel Iudaica perfidia, vel etiam &#x017F;chismate fraterno, qua&#x017F;i vario co-<lb/>
lore per Chri&#x017F;ti gratiam caruerit, nece&#x017F;&#x017F;e e&#x017F;t, ad eccle&#x017F;iam ve-<lb/>
niat, coloremque fidei verum, quem acceperit, o&#x017F;tendat. Cæ-<lb/>
tera vero vitia, tanquam valetudines, &amp; qua&#x017F;i membrorum atque<lb/>
&#x017F;en&#x017F;uum, per &#x017F;emetip&#x017F;um interim in con&#x017F;cientia &amp; intellectu, do-<lb/>
minus &#x017F;anat &amp; corrigit.</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">b) Mar-</hi></fw></note>: <hi rendition="#fr">Der Herr hat niemand, dem er<lb/>
an dem Leibe Hu&#x0364;lffe gelei&#x017F;tet, zu denen Prie&#x017F;tern ge&#x017F;chicket,<lb/>
als die Au&#x017F;&#x017F;a&#x0364;tzigen; Weil vielleicht das Prie&#x017F;terthum der Ju&#x0364;-<lb/>
den ein Vorbild war, des zuku&#x0364;nfftigen Ko&#x0364;niglichen Prie&#x017F;ter-<lb/>
thums, welches in der Kirche i&#x017F;t, dadurch alle, die zum Leib<lb/>
Chri&#x017F;ti, des ho&#x0364;ch&#x017F;ten und wahren Hohen-Prie&#x017F;ters, geho&#x0364;ren,<lb/>
eingeweyhet werden. Und bey wem keine Ketzerey, heydni-<lb/>
&#x017F;cher Aberglaube, Ju&#x0364;di&#x017F;che Untreu, bru&#x0364;derliche Spaltung,</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">durch</hi></fw><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">m 2</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[91/0110] der verborgenen Suͤnden. §. VIII. Ja ob wohl das Licht der Wahrheit immer mehr und mehr dunckler zu werden begunte/ und es mit dem Chriſtenthum immer ſchlimmer ausſahe/ ſo finde ich doch nicht/ daß die heutige Art zu beichten damahls denen Leuten ſey aufgedrungen worden. Es iſt auch dazumahl keine andere Beichte geweſen/ als welche die jenigen Suͤnder verrichtet/ die zu denen Prieſtern gekommen/ um oͤffentli- che Buſſe zu thun. Jch will des Bedæ Venerabilis Worte hieher uͤberſetzen/ weil ſie meiner Sache ein ziemliches Licht geben. Er ſpricht alſo a): Der Herr hat niemand, dem er an dem Leibe Huͤlffe geleiſtet, zu denen Prieſtern geſchicket, als die Auſſaͤtzigen; Weil vielleicht das Prieſterthum der Juͤ- den ein Vorbild war, des zukuͤnfftigen Koͤniglichen Prieſter- thums, welches in der Kirche iſt, dadurch alle, die zum Leib Chriſti, des hoͤchſten und wahren Hohen-Prieſters, gehoͤren, eingeweyhet werden. Und bey wem keine Ketzerey, heydni- ſcher Aberglaube, Juͤdiſche Untreu, bruͤderliche Spaltung, durch Gebrauch der Beichte des VIII. Seculi. a) Beda mit dem Nahmen Venerabilis, iſt noch heute in groſſem An- ſehen. Seine Worte ſind in der Predigt von denen zehen Auſſaͤ- tzigen Tom. VII. p. 70. zu leſen. Daſelbſt hat er uͤber die Worte Chriſti: Gehet hin, und zeiget euch dem Prieſter, folgendes einflieſſen laſſen. Nullum Dominus eorum, quibus hæc corpo- ralia beneficia præſtitit, inuenitur miſiſſe ad ſacerdotes, niſi le- proſos, quia videlicet ſacerdotium Iudæorum figura erat ſacerdo- tii futuri regalis, quod eſt in eccleſia, quo conſecrantur omnes pertinentes ad corpus Chriſti, ſummi & veri principis ſacerdo- tum. Et quisquis hæretica prauitate, vel ſuperſtitione gentili, vel Iudaica perfidia, vel etiam ſchismate fraterno, quaſi vario co- lore per Chriſti gratiam caruerit, neceſſe eſt, ad eccleſiam ve- niat, coloremque fidei verum, quem acceperit, oſtendat. Cæ- tera vero vitia, tanquam valetudines, & quaſi membrorum atque ſenſuum, per ſemetipſum interim in conſcientia & intellectu, do- minus ſanat & corrigit. b) Mar- m 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/110
Zitationshilfe: Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/110>, abgerufen am 29.03.2024.