Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.I. Abth. IV. Cap. Von Beybehaltung der Beicht-Stühle, Ob die A-postel die Kirche oder die Geist- lichkeit re-praesentiret? §. IX. Einige von denen Patronen und Vertheidigern liche müssen also einen gar hohen Geist haben, welche sich und andere ü-
berreden, daß sie in der Apostel-Stelle getreten, und ihre Nach- folger wären. Lehrer waren schon zu der Apostel Zeiten bey denen Gemeinden, oder auch Bischöffe und Aeltesten. Paulus ma- chet einen Unterscheid unter denen Aposteln und ihnen. Wie können sie also der Apostel Nachfolger seyn? Der Bischöffe und Lehrer Amt bestunde darinnen, daß sie Acht hätten auf die Ge- meinden, und solche mit dem Wort GOttes weideten. Die- ses heist eigentlich didaskein. Paulus leget diesen Dienern der Gemeinde nicht das geringste von denen ausserordentlichen Gna- den-Gaben bey, sondern ihren gantzen Dienst setzet er darinn, daß sie wären didaskontas, Lehrende, parakalountas, Vermahnen- de, metadidontas, Ausspendende, proisamenous, Vorstehende, eleountas, Barmhertzigkeit Ubende, Rom. XII, 7. 8. Durch die Lehrende, Vermahnende und Vorstehende, verstehet der Apostel Zweiffels ohne die ordentlichen Lehrer, Bischöffe und Hir- ten der Gemeinde. Durch die Ausspendende zeiget er die Dia- conos und Diener an. Durch diejenigen, so Barmhertzigkeit üben, sind ohne allen zweiffel diejenigen angedeutet, die durch All- mosen und andere Liebes-Wercke, Barmhertzigkeit an dem Näch- sten erweisen. Hierinn bestehet also das ordentliche Amt derje- nigen, die keine Apostel sind. Alle diese Stücke aber kommen denen Gnaden-Gaben, damit die Apostel ausgerüstet waren, lange nicht bey, sondern sie behalten einen gar grossen Vorzug. a) Die- I. Abth. IV. Cap. Von Beybehaltung der Beicht-Stuͤhle, Ob die A-poſtel die Kirche oder die Geiſt- lichkeit re-præſentiret? §. IX. Einige von denen Patronen und Vertheidigern liche muͤſſen alſo einen gar hohen Geiſt haben, welche ſich und andere uͤ-
berreden, daß ſie in der Apoſtel-Stelle getreten, und ihre Nach- folger waͤren. Lehrer waren ſchon zu der Apoſtel Zeiten bey denen Gemeinden, oder auch Biſchoͤffe und Aelteſten. Paulus ma- chet einen Unterſcheid unter denen Apoſteln und ihnen. Wie koͤnnen ſie alſo der Apoſtel Nachfolger ſeyn? Der Biſchoͤffe und Lehrer Amt beſtunde darinnen, daß ſie Acht haͤtten auf die Ge- meinden, und ſolche mit dem Wort GOttes weideten. Die- ſes heiſt eigentlich διδάσκειν. Paulus leget dieſen Dienern der Gemeinde nicht das geringſte von denen auſſerordentlichen Gna- den-Gaben bey, ſondern ihren gantzen Dienſt ſetzet er darinn, daß ſie waͤren διδάσκοντας, Lehrende, παρακαλοῦντας, Vermahnen- de, μεταδίδοντας, Ausſpendende, προϊςαμένους, Vorſtehende, ἐλεοῦντας, Barmhertzigkeit Ubende, Rom. XII, 7. 8. Durch die Lehrende, Vermahnende und Vorſtehende, verſtehet der Apoſtel Zweiffels ohne die ordentlichen Lehrer, Biſchoͤffe und Hir- ten der Gemeinde. Durch die Ausſpendende zeiget er die Dia- conos und Diener an. Durch diejenigen, ſo Barmhertzigkeit uͤben, ſind ohne allen zweiffel diejenigen angedeutet, die durch All- moſen und andere Liebes-Wercke, Barmhertzigkeit an dem Naͤch- ſten erweiſen. Hierinn beſtehet alſo das ordentliche Amt derje- nigen, die keine Apoſtel ſind. Alle dieſe Stuͤcke aber kommen denen Gnaden-Gaben, damit die Apoſtel ausgeruͤſtet waren, lange nicht bey, ſondern ſie behalten einen gar groſſen Vorzug. a) Die- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0165" n="146"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">I.</hi> Abth. <hi rendition="#aq">IV.</hi> Cap. Von Beybehaltung der Beicht-Stuͤhle,</hi> </fw><lb/> <note place="left">Ob die A-<lb/> poſtel die<lb/> Kirche oder<lb/> die Geiſt-<lb/> lichkeit <hi rendition="#aq">re-præſentir</hi>et?</note> </div><lb/> <div n="3"> <head>§. <hi rendition="#aq">IX.</hi></head> <p>Einige von denen Patronen und Vertheidigern<lb/> des heutigen Beicht-Weſens ſcheinen wahrgenommen zu<lb/> haben/ daß alles was von der Apoſtoliſchen Nachfolge ge-<lb/> ſaget wird/ auf ſchwachen Gruͤnden beruhe. Sie ſind al-<lb/> ſo auf andere Gruͤnde verfallen/ dadurch ſie ausfuͤndig ma-<lb/> chen wollen/ die Gewalt/ Suͤnde zu vergeben/ komme den-<lb/> noch <hi rendition="#fr">allen Geiſtlichen</hi> zu/ wenn ſchon ſolche keine Nachſolger<lb/> der Apoſtel waͤren. Sie ſagen die Macht Suͤnde zu ver-<lb/> geben und zubehalten/ ſey denen Apoſteln nicht <hi rendition="#fr">als Apoſteln</hi><lb/> verliehen worden. Sie haͤtten dazumahl die <hi rendition="#fr">gantze Chriſt-</hi><lb/> <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">liche</hi></fw><lb/><note xml:id="g30" prev="#g29" place="foot" n="(b)">muͤſſen alſo einen gar hohen Geiſt haben, welche ſich und andere uͤ-<lb/> berreden, daß ſie in der Apoſtel-Stelle getreten, und ihre Nach-<lb/> folger waͤren. Lehrer waren ſchon zu der Apoſtel Zeiten bey denen<lb/> Gemeinden, oder auch Biſchoͤffe und Aelteſten. Paulus ma-<lb/> chet einen Unterſcheid unter denen Apoſteln und ihnen. Wie<lb/> koͤnnen ſie alſo der Apoſtel Nachfolger ſeyn? Der Biſchoͤffe und<lb/> Lehrer Amt beſtunde darinnen, daß ſie Acht haͤtten auf die Ge-<lb/> meinden, und ſolche mit dem Wort GOttes weideten. Die-<lb/> ſes heiſt eigentlich διδάσκειν. Paulus leget dieſen Dienern der<lb/> Gemeinde nicht das geringſte von denen auſſerordentlichen Gna-<lb/> den-Gaben bey, ſondern ihren gantzen Dienſt ſetzet er darinn, daß<lb/> ſie waͤren διδάσκοντας, <hi rendition="#fr">Lehrende,</hi> παρακαλοῦντας, <hi rendition="#fr">Vermahnen-<lb/> de,</hi> μεταδίδοντας, <hi rendition="#fr">Ausſpendende,</hi> προϊςαμένους, <hi rendition="#fr">Vorſtehende,</hi><lb/> ἐλεοῦντας, <hi rendition="#fr">Barmhertzigkeit Ubende,</hi> <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Rom. XII,</hi> 7. 8.</hi> Durch die<lb/><hi rendition="#fr">Lehrende, Vermahnende und Vorſtehende,</hi> verſtehet der<lb/> Apoſtel Zweiffels ohne die ordentlichen Lehrer, Biſchoͤffe und Hir-<lb/> ten der Gemeinde. Durch die <hi rendition="#fr">Ausſpendende</hi> zeiget er die <hi rendition="#aq">Dia-<lb/> conos</hi> und Diener an. Durch diejenigen, ſo <hi rendition="#fr">Barmhertzigkeit<lb/> uͤben,</hi> ſind ohne allen zweiffel diejenigen angedeutet, die durch All-<lb/> moſen und andere Liebes-Wercke, Barmhertzigkeit an dem Naͤch-<lb/> ſten erweiſen. Hierinn beſtehet alſo das ordentliche Amt derje-<lb/> nigen, die keine Apoſtel ſind. Alle dieſe Stuͤcke aber kommen denen<lb/> Gnaden-Gaben, damit die Apoſtel ausgeruͤſtet waren, lange nicht<lb/> bey, ſondern ſie behalten einen gar groſſen Vorzug.<lb/> <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">a)</hi> Die-</fw></note><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [146/0165]
I. Abth. IV. Cap. Von Beybehaltung der Beicht-Stuͤhle,
§. IX. Einige von denen Patronen und Vertheidigern
des heutigen Beicht-Weſens ſcheinen wahrgenommen zu
haben/ daß alles was von der Apoſtoliſchen Nachfolge ge-
ſaget wird/ auf ſchwachen Gruͤnden beruhe. Sie ſind al-
ſo auf andere Gruͤnde verfallen/ dadurch ſie ausfuͤndig ma-
chen wollen/ die Gewalt/ Suͤnde zu vergeben/ komme den-
noch allen Geiſtlichen zu/ wenn ſchon ſolche keine Nachſolger
der Apoſtel waͤren. Sie ſagen die Macht Suͤnde zu ver-
geben und zubehalten/ ſey denen Apoſteln nicht als Apoſteln
verliehen worden. Sie haͤtten dazumahl die gantze Chriſt-
liche
(b)
(b) muͤſſen alſo einen gar hohen Geiſt haben, welche ſich und andere uͤ-
berreden, daß ſie in der Apoſtel-Stelle getreten, und ihre Nach-
folger waͤren. Lehrer waren ſchon zu der Apoſtel Zeiten bey denen
Gemeinden, oder auch Biſchoͤffe und Aelteſten. Paulus ma-
chet einen Unterſcheid unter denen Apoſteln und ihnen. Wie
koͤnnen ſie alſo der Apoſtel Nachfolger ſeyn? Der Biſchoͤffe und
Lehrer Amt beſtunde darinnen, daß ſie Acht haͤtten auf die Ge-
meinden, und ſolche mit dem Wort GOttes weideten. Die-
ſes heiſt eigentlich διδάσκειν. Paulus leget dieſen Dienern der
Gemeinde nicht das geringſte von denen auſſerordentlichen Gna-
den-Gaben bey, ſondern ihren gantzen Dienſt ſetzet er darinn, daß
ſie waͤren διδάσκοντας, Lehrende, παρακαλοῦντας, Vermahnen-
de, μεταδίδοντας, Ausſpendende, προϊςαμένους, Vorſtehende,
ἐλεοῦντας, Barmhertzigkeit Ubende, Rom. XII, 7. 8. Durch die
Lehrende, Vermahnende und Vorſtehende, verſtehet der
Apoſtel Zweiffels ohne die ordentlichen Lehrer, Biſchoͤffe und Hir-
ten der Gemeinde. Durch die Ausſpendende zeiget er die Dia-
conos und Diener an. Durch diejenigen, ſo Barmhertzigkeit
uͤben, ſind ohne allen zweiffel diejenigen angedeutet, die durch All-
moſen und andere Liebes-Wercke, Barmhertzigkeit an dem Naͤch-
ſten erweiſen. Hierinn beſtehet alſo das ordentliche Amt derje-
nigen, die keine Apoſtel ſind. Alle dieſe Stuͤcke aber kommen denen
Gnaden-Gaben, damit die Apoſtel ausgeruͤſtet waren, lange nicht
bey, ſondern ſie behalten einen gar groſſen Vorzug.
a) Die-
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Zitationshilfe: | Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <http://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/165>, abgerufen am 13.12.2019. |