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Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.

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II. Abth. II. Cap. Wenn und wie offt
Preussen/ Friedrich I. hat solche Freyheit in einem beson-
dern Rescript noch deutlicher verstattet b). Dieses ist auch
Carpzovs
Meinung.

nicht
Carpzov hat in jurispr. consist. def. 276. nr. 10. ebenfalls eingesehen,
daß ob wohl die Beichte eingeführet wäre, man dennoch diejeni-
gen, so solche aus einer bündigen Ursache unterliessen, nicht von
dem Abendmahl abhalten solte. Seine Worte lauten so: Fa-
cile colligere hinc est, quod licet confessio in ecclesia antiquitus
probata et vsitata, non sit temere omitenda, scilicet quia cuili-
bet in Republica viuendum est secundum leges cujusue loci, si
tamen omissa fuerit ex causa rationabili, nequaquam communio
denegari debet, quum haec sine confessione subsistat.
b) Königl. Preus-
fische Verord-
nung.
Jn einem besondern Rescript, von der Freyheit des Beicht-
Stuhls in seiner Churfürsti. Durchl.
Residentien de Ao. 1698.
Dieser König und damahlige Churfürst hat die privat-Beichte
beybehalten wissen wollen, denenjenigen zum besten, welche sich
deren zu bedienen gesonnen, dabey aber hinzugefüget: Weil es
aber wieder GOttes Wort, wieder die Christliche Liebe und
Freyheit lauffen würde, wenn man diejenigen, so sich einen
Gewissens-Scrupel über die
priuat-Beichte machen, von dem
heil. Abendmahl abhalten wolte, ohngeachtet sie sich sonst
als gesunde Glieder zu der Evangelischen Lutherischen
Kirche bekennen, solches auch mit ihrem Christlichen Wan-
del bestärcken. Und dann bekannt ist, daß in unzehlich vie-
len Lutherischen Kirchen, als nehmlich in denen Königrei-
chen Schweden und Dennemarck, in vielen Orten in Ober-
Teutschland, und in allen Lutherischen Kirchen in Holland
und da herum kein Beicht-Stuhl oder
priuat-Beichte zu
finden, der Gottseelige Lutherus auch selber die Freyheit
zur
prinat-Beichte zu gehen oder nicht, in seinen Schrifften
öffentlich
statuiret hat, wie davon nachzusehen Tom. VII.
Altenb. fol. 10. b.
und fol. 12. b. Als wollen und verordnen Seine
Churfürstl. Durchl. hiermit ernstlich, daß keiner hinführo
aus der Ursache von dem heil. Nachtmahl abgewiesen wer-
den solle, weil er nicht zum Beicht-Stuhl gangen, besondern
daß vielmehr dieselben, wenn sie sonst keines offenbahren

ärger-

II. Abth. II. Cap. Wenn und wie offt
Preuſſen/ Friedrich I. hat ſolche Freyheit in einem beſon-
dern Reſcript noch deutlicher verſtattet b). Dieſes iſt auch
Carpzovs
Meinung.

nicht
Carpzov hat in jurispr. conſiſt. def. 276. nr. 10. ebenfalls eingeſehen,
daß ob wohl die Beichte eingefuͤhret waͤre, man dennoch diejeni-
gen, ſo ſolche aus einer buͤndigen Urſache unterlieſſen, nicht von
dem Abendmahl abhalten ſolte. Seine Worte lauten ſo: Fa-
cile colligere hinc eſt, quod licet confeſſio in eccleſia antiquitus
probata et vſitata, non ſit temere omitenda, ſcilicet quia cuili-
bet in Republica viuendum eſt ſecundum leges cujusue loci, ſi
tamen omiſſa fuerit ex cauſa rationabili, nequaquam communio
denegari debet, quum hæc ſine confesſione ſubſiſtat.
b) Koͤnigl. Preuſ-
fiſche Verord-
nung.
Jn einem beſondern Reſcript, von der Freyheit des Beicht-
Stuhls in ſeiner Churfuͤrſti. Durchl.
Reſidentien de Ao. 1698.
Dieſer Koͤnig und damahlige Churfuͤrſt hat die privat-Beichte
beybehalten wiſſen wollen, denenjenigen zum beſten, welche ſich
deren zu bedienen geſonnen, dabey aber hinzugefuͤget: Weil es
aber wieder GOttes Wort, wieder die Chriſtliche Liebe und
Freyheit lauffen wuͤrde, wenn man diejenigen, ſo ſich einen
Gewiſſens-Scrupel uͤber die
priuat-Beichte machen, von dem
heil. Abendmahl abhalten wolte, ohngeachtet ſie ſich ſonſt
als geſunde Glieder zu der Evangeliſchen Lutheriſchen
Kirche bekennen, ſolches auch mit ihrem Chriſtlichen Wan-
del beſtaͤrcken. Und dann bekannt iſt, daß in unzehlich vie-
len Lutheriſchen Kirchen, als nehmlich in denen Koͤnigrei-
chen Schweden und Dennemarck, in vielen Orten in Ober-
Teutſchland, und in allen Lutheriſchen Kirchen in Holland
und da herum kein Beicht-Stuhl oder
priuat-Beichte zu
finden, der Gottſeelige Lutherus auch ſelber die Freyheit
zur
prinat-Beichte zu gehen oder nicht, in ſeinen Schrifften
oͤffentlich
ſtatuiret hat, wie davon nachzuſehen Tom. VII.
Altenb. fol. 10. b.
und fol. 12. b. Als wollen und verordnen Seine
Churfuͤrſtl. Durchl. hiermit ernſtlich, daß keiner hinfuͤhro
aus der Urſache von dem heil. Nachtmahl abgewieſen wer-
den ſolle, weil er nicht zum Beicht-Stuhl gangen, beſondern
daß vielmehr dieſelben, wenn ſie ſonſt keines offenbahren

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[232/0251] II. Abth. II. Cap. Wenn und wie offt Preuſſen/ Friedrich I. hat ſolche Freyheit in einem beſon- dern Reſcript noch deutlicher verſtattet b). Dieſes iſt auch nicht (a) Carpzovs Meinung. b) Jn einem beſondern Reſcript, von der Freyheit des Beicht- Stuhls in ſeiner Churfuͤrſti. Durchl. Reſidentien de Ao. 1698. Dieſer Koͤnig und damahlige Churfuͤrſt hat die privat-Beichte beybehalten wiſſen wollen, denenjenigen zum beſten, welche ſich deren zu bedienen geſonnen, dabey aber hinzugefuͤget: Weil es aber wieder GOttes Wort, wieder die Chriſtliche Liebe und Freyheit lauffen wuͤrde, wenn man diejenigen, ſo ſich einen Gewiſſens-Scrupel uͤber die priuat-Beichte machen, von dem heil. Abendmahl abhalten wolte, ohngeachtet ſie ſich ſonſt als geſunde Glieder zu der Evangeliſchen Lutheriſchen Kirche bekennen, ſolches auch mit ihrem Chriſtlichen Wan- del beſtaͤrcken. Und dann bekannt iſt, daß in unzehlich vie- len Lutheriſchen Kirchen, als nehmlich in denen Koͤnigrei- chen Schweden und Dennemarck, in vielen Orten in Ober- Teutſchland, und in allen Lutheriſchen Kirchen in Holland und da herum kein Beicht-Stuhl oder priuat-Beichte zu finden, der Gottſeelige Lutherus auch ſelber die Freyheit zur prinat-Beichte zu gehen oder nicht, in ſeinen Schrifften oͤffentlich ſtatuiret hat, wie davon nachzuſehen Tom. VII. Altenb. fol. 10. b. und fol. 12. b. Als wollen und verordnen Seine Churfuͤrſtl. Durchl. hiermit ernſtlich, daß keiner hinfuͤhro aus der Urſache von dem heil. Nachtmahl abgewieſen wer- den ſolle, weil er nicht zum Beicht-Stuhl gangen, beſondern daß vielmehr dieſelben, wenn ſie ſonſt keines offenbahren aͤrger- (a) Carpzov hat in jurispr. conſiſt. def. 276. nr. 10. ebenfalls eingeſehen, daß ob wohl die Beichte eingefuͤhret waͤre, man dennoch diejeni- gen, ſo ſolche aus einer buͤndigen Urſache unterlieſſen, nicht von dem Abendmahl abhalten ſolte. Seine Worte lauten ſo: Fa- cile colligere hinc eſt, quod licet confeſſio in eccleſia antiquitus probata et vſitata, non ſit temere omitenda, ſcilicet quia cuili- bet in Republica viuendum eſt ſecundum leges cujusue loci, ſi tamen omiſſa fuerit ex cauſa rationabili, nequaquam communio denegari debet, quum hæc ſine confesſione ſubſiſtat.

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Zitationshilfe: Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/251>, abgerufen am 23.04.2024.