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Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.

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II. Abth. III. Cap. Von dem
sie sterben wollen, die Seele von der ewigen Straffe zu erlö-
sen, und weil sie sodann nichts anders haben, so mögen sie ihr
Vermögen geben. Allein sie sollen es mit Reue, mit Thrä-
nen lieffern; Sie sollen es mit Schmertzen und Betrübnüß
bringen. Denn auf andere Weise nutzen die Gaben nichts:
Denn sie sind nicht dem Werth nach, sondern um des Ge-
müths willen beliebt. -- -- -- Darum wenn GOtt je-
mand sein Vermögen darreicht, so soll er die Meinung nicht
haben, daß er solches schencke, sondern etwas in Niederträch-
tigkeit bezahle; Er soll nicht dafür halten, als zehlete er sich
damit von Sünden loß, sondern daß er solche damit nur et-
was erleichtere. Er soll es auch nicht darum bringen, daß er
vertrauet, es erkauffe die Vergebung, sondern nur in der Mei-
nung sich zu versühnen, nicht daß er die gantze Schuld abtra-
ge, sondern daß er von der grossen
Summa nur ein weniges
entrichten wolte: Denn wenn er auch gibt, was er nach Be-
schaffenheit seiner Sachen hat, so giebt er doch nicht so
viel, als er nach Beschaffenheit und Menge der Sünden ge-
ben soll.
Man bemühete sich absonderlich reiche Leute da-
hin zu vermögen/ daß sie ihr gantzes Guth der Kirche zu ei-
ner Gabe bringen möchten. Dieses kan abermahls aus
Salviano erwiesen werden/ da er schreibet b): Es möchte

einer
punctione, cum lacrymis: offerat cum dolore, cum luctu. Ali-
ter quippe oblata non prosunt: quia non pretio, sed affectu pla-
cent. -- -- -- Itaque cum offert Deo quisquam facultates
suas, non offerat quasi praesumtione donantis, sed quasi humili-
tate soluentis; nec absoluere se peccata sua credat, sed alleuare;
nec offerat cum redemptionis fiducia, sed cum placationis offi-
cio, ne quasi totum debitum reddens, sed quasi vel paruum de
magno reddere cupiens: quia etiamsi tradat quod habet pro mo-
do rerum, non reddit quod habet pro magnitudine peccatorum.
b) Man muste
alles dahin
geben.
Saluianus cit. l. Sed dicit aliquis: Totum ergo Deo oblaturus
est, quod habet? Non offerat totum quod habet, si non pu-
tat se debere totum quod habet.
-- -- -- Also mu-
ste man die Gaben bringen, Vt offerens plus sibi in his,
quae

II. Abth. III. Cap. Von dem
ſie ſterben wollen, die Seele von der ewigen Straffe zu erloͤ-
ſen, und weil ſie ſodann nichts anders haben, ſo moͤgen ſie ihr
Vermoͤgen geben. Allein ſie ſollen es mit Reue, mit Thraͤ-
nen lieffern; Sie ſollen es mit Schmertzen und Betruͤbnuͤß
bringen. Denn auf andere Weiſe nutzen die Gaben nichts:
Denn ſie ſind nicht dem Werth nach, ſondern um des Ge-
muͤths willen beliebt. ‒‒ ‒‒ ‒‒ Darum wenn GOtt je-
mand ſein Vermoͤgen darreicht, ſo ſoll er die Meinung nicht
haben, daß er ſolches ſchencke, ſondern etwas in Niedertraͤch-
tigkeit bezahle; Er ſoll nicht dafuͤr halten, als zehlete er ſich
damit von Suͤnden loß, ſondern daß er ſolche damit nur et-
was erleichtere. Er ſoll es auch nicht darum bringen, daß er
vertrauet, es erkauffe die Vergebung, ſondern nur in der Mei-
nung ſich zu verſuͤhnen, nicht daß er die gantze Schuld abtra-
ge, ſondern daß er von der groſſen
Summa nur ein weniges
entrichten wolte: Denn wenn er auch gibt, was er nach Be-
ſchaffenheit ſeiner Sachen hat, ſo giebt er doch nicht ſo
viel, als er nach Beſchaffenheit und Menge der Suͤnden ge-
ben ſoll.
Man bemuͤhete ſich abſonderlich reiche Leute da-
hin zu vermoͤgen/ daß ſie ihr gantzes Guth der Kirche zu ei-
ner Gabe bringen moͤchten. Dieſes kan abermahls aus
Salviano erwieſen werden/ da er ſchreibet b): Es moͤchte

einer
punctione, cum lacrymis: offerat cum dolore, cum luctu. Ali-
ter quippe oblata non proſunt: quia non pretio, ſed affectu pla-
cent. ‒‒ ‒‒ ‒‒ Itaque cum offert Deo quisquam facultates
ſuas, non offerat quaſi præſumtione donantis, ſed quaſi humili-
tate ſoluentis; nec abſoluere ſe peccata ſua credat, ſed alleuare;
nec offerat cum redemptionis fiducia, ſed cum placationis offi-
cio, ne quaſi totum debitum reddens, ſed quaſi vel paruum de
magno reddere cupiens: quia etiamſi tradat quod habet pro mo-
do rerum, non reddit quod habet pro magnitudine peccatorum.
b) Man muſte
alles dahin
geben.
Saluianus cit. l. Sed dicit aliquis: Totum ergo Deo oblaturus
eſt, quod habet? Non offerat totum quod habet, ſi non pu-
tat ſe debere totum quod habet.
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ſte man die Gaben bringen, Vt offerens plus ſibi in his,
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[274/0293] II. Abth. III. Cap. Von dem ſie ſterben wollen, die Seele von der ewigen Straffe zu erloͤ- ſen, und weil ſie ſodann nichts anders haben, ſo moͤgen ſie ihr Vermoͤgen geben. Allein ſie ſollen es mit Reue, mit Thraͤ- nen lieffern; Sie ſollen es mit Schmertzen und Betruͤbnuͤß bringen. Denn auf andere Weiſe nutzen die Gaben nichts: Denn ſie ſind nicht dem Werth nach, ſondern um des Ge- muͤths willen beliebt. ‒‒ ‒‒ ‒‒ Darum wenn GOtt je- mand ſein Vermoͤgen darreicht, ſo ſoll er die Meinung nicht haben, daß er ſolches ſchencke, ſondern etwas in Niedertraͤch- tigkeit bezahle; Er ſoll nicht dafuͤr halten, als zehlete er ſich damit von Suͤnden loß, ſondern daß er ſolche damit nur et- was erleichtere. Er ſoll es auch nicht darum bringen, daß er vertrauet, es erkauffe die Vergebung, ſondern nur in der Mei- nung ſich zu verſuͤhnen, nicht daß er die gantze Schuld abtra- ge, ſondern daß er von der groſſen Summa nur ein weniges entrichten wolte: Denn wenn er auch gibt, was er nach Be- ſchaffenheit ſeiner Sachen hat, ſo giebt er doch nicht ſo viel, als er nach Beſchaffenheit und Menge der Suͤnden ge- ben ſoll. Man bemuͤhete ſich abſonderlich reiche Leute da- hin zu vermoͤgen/ daß ſie ihr gantzes Guth der Kirche zu ei- ner Gabe bringen moͤchten. Dieſes kan abermahls aus Salviano erwieſen werden/ da er ſchreibet b): Es moͤchte einer (a) b) Saluianus cit. l. Sed dicit aliquis: Totum ergo Deo oblaturus eſt, quod habet? Non offerat totum quod habet, ſi non pu- tat ſe debere totum quod habet. ‒‒ ‒‒ ‒‒ Alſo mu- ſte man die Gaben bringen, Vt offerens plus ſibi in his, quæ (a) punctione, cum lacrymis: offerat cum dolore, cum luctu. Ali- ter quippe oblata non proſunt: quia non pretio, ſed affectu pla- cent. ‒‒ ‒‒ ‒‒ Itaque cum offert Deo quisquam facultates ſuas, non offerat quaſi præſumtione donantis, ſed quaſi humili- tate ſoluentis; nec abſoluere ſe peccata ſua credat, ſed alleuare; nec offerat cum redemptionis fiducia, ſed cum placationis offi- cio, ne quaſi totum debitum reddens, ſed quaſi vel paruum de magno reddere cupiens: quia etiamſi tradat quod habet pro mo- do rerum, non reddit quod habet pro magnitudine peccatorum.

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Zitationshilfe: Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/293>, abgerufen am 19.04.2024.