Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.

Bild:
<< vorherige Seite
II. Abth. IV. Cap. Von der
Woher die
Lehre, daß
man nicht
dem Prie-
ster, sondern
GOtt beich-
te, her zulei-ten.
§. V.

Diese Lehre aber fliesset nirgends anders her/
als aus der angemasten Statthalterschafft Chrsiti. Denn
der Papst will Christi Statthalter seyn a). Zur Ausübung
seiner Gerechtsame/ braucht er verschiedene subalternen.
Dieserwegen hat er denen Ertzbischöffen, Bischöffen, und an-
dern/ einen Theil seiner Macht und Rechte verliehen. Er hat
ihnen einige davon also zugestanden/ daß sie es andern wie-
derum verleyhen könten b). Auf diese Weise nun sagen die
Papisten/ man beichte nicht dem Priester, sondern GOtt.
Die unsrigen wollen sonst von der Statthalterschafft nichts
wissen. Sie lassen es sich recht sauer werden/ solche zu be-
streiten. Allein die Schlüsse/ so aus derselben folgen/ wol-
len Sie nichts destoweniger beybehalten.

Andere Ur-
fachen der
Verschwie-genheit.
§. VI.

Man muß also andere Gründe suchen/ die
man auch häuffig antrifft. Sie sagen/ es stünde
nicht einmahl einem privato frey/ oder wohl/ wenn er das-
jenige/ was man ihm geoffenbahret/ wieder ausplaudern
wolte a). Es wäre zwischen dem Beicht-Kind und Beicht-

Vater
a) Ansehen des
Papsts wächst
durch die Lehre
der Statthal-
terschafft.
Diese Lehre von der Statthalterschafft, hat den Papst erst recht
zum Papst gemacht, dadurch bekame derselbe das gröste Ansehen.
Sarpius in Hist. Concil. Trident. Lib. 1. bemercket solches auch, und
saget, daß die Päpste sich ein grosses Ansehen erworben, da sie
denen Leuten einen Dunst gemacht als wären sie Christi Statt-
halter. Pontifices Romanos magnam olim rebus suis accessio-
nem fecisse, nomine vicarii Christi, tanquam vmbra obtegente.
b) Jngleichen der
Bischöffe.
Die Bischöffe leiten zwar ihre Macht auch von GOTT her, sie
wollen, daß alle Gewalt, so sie ausüben, ihnen von Christo ver-
liehen sey. Jedoch sie erkennen dabey, daß solche von dem Stuhl
zu Rom mit dependire. Dieserwegen setzen sie auch in ihre Ti-
tul: Von GOttes und des Apostolischen Stuhls Gnaden:
Dei & Apostolicae sedis gratia.
a) So Molina
vorgebracht
Diese Ursachen hat Ludov. Molina in tract. 4. de just. & jur. disp. 5. n. 9.
ange-
II. Abth. IV. Cap. Von der
Woher die
Lehre, daß
man nicht
dem Prie-
ſter, ſondern
GOtt beich-
te, her zulei-ten.
§. V.

Dieſe Lehre aber flieſſet nirgends anders her/
als aus der angemaſten Statthalterſchafft Chrſiti. Denn
der Papſt will Chriſti Statthalter ſeyn a). Zur Ausuͤbung
ſeiner Gerechtſame/ braucht er verſchiedene ſubalternen.
Dieſerwegen hat er denen Ertzbiſchoͤffen, Biſchoͤffen, und an-
dern/ einen Theil ſeiner Macht und Rechte verliehen. Er hat
ihnen einige davon alſo zugeſtanden/ daß ſie es andern wie-
derum verleyhen koͤnten b). Auf dieſe Weiſe nun ſagen die
Papiſten/ man beichte nicht dem Prieſter, ſondern GOtt.
Die unſrigen wollen ſonſt von der Statthalterſchafft nichts
wiſſen. Sie laſſen es ſich recht ſauer werden/ ſolche zu be-
ſtreiten. Allein die Schluͤſſe/ ſo aus derſelben folgen/ wol-
len Sie nichts deſtoweniger beybehalten.

Andere Ur-
fachen der
Verſchwie-genheit.
§. VI.

Man muß alſo andere Gruͤnde ſuchen/ die
man auch haͤuffig antrifft. Sie ſagen/ es ſtuͤnde
nicht einmahl einem privato frey/ oder wohl/ wenn er das-
jenige/ was man ihm geoffenbahret/ wieder ausplaudern
wolte a). Es waͤre zwiſchen dem Beicht-Kind und Beicht-

Vater
a) Anſehen des
Papſts waͤchſt
durch die Lehre
der Statthal-
terſchafft.
Dieſe Lehre von der Statthalterſchafft, hat den Papſt erſt recht
zum Papſt gemacht, dadurch bekame derſelbe das groͤſte Anſehen.
Sarpius in Hiſt. Concil. Trident. Lib. 1. bemercket ſolches auch, und
ſaget, daß die Paͤpſte ſich ein groſſes Anſehen erworben, da ſie
denen Leuten einen Dunſt gemacht als waͤren ſie Chriſti Statt-
halter. Pontifices Romanos magnam olim rebus ſuis acceſſio-
nem feciſſe, nomine vicarii Chriſti, tanquam vmbra obtegente.
b) Jngleichen der
Biſchoͤffe.
Die Biſchoͤffe leiten zwar ihre Macht auch von GOTT her, ſie
wollen, daß alle Gewalt, ſo ſie ausuͤben, ihnen von Chriſto ver-
liehen ſey. Jedoch ſie erkennen dabey, daß ſolche von dem Stuhl
zu Rom mit dependire. Dieſerwegen ſetzen ſie auch in ihre Ti-
tul: Von GOttes und des Apoſtoliſchen Stuhls Gnaden:
Dei & Apoſtolicæ ſedis gratia.
a) So Molina
vorgebracht
Dieſe Urſachen hat Ludov. Molina in tract. 4. de juſt. & jur. diſp. 5. n. 9.
ange-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0325" n="306"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">II.</hi> Abth. <hi rendition="#aq">IV.</hi> Cap. Von der</hi> </fw><lb/>
            <note place="left">Woher die<lb/>
Lehre, daß<lb/>
man nicht<lb/>
dem Prie-<lb/>
&#x017F;ter, &#x017F;ondern<lb/>
GOtt beich-<lb/>
te, her zulei-ten.</note>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. <hi rendition="#aq">V.</hi></head>
            <p>Die&#x017F;e Lehre aber flie&#x017F;&#x017F;et nirgends anders her/<lb/>
als aus der angema&#x017F;ten <hi rendition="#fr">Statthalter&#x017F;chafft Chr&#x017F;iti.</hi> Denn<lb/>
der Pap&#x017F;t will Chri&#x017F;ti Statthalter &#x017F;eyn <note place="foot" n="a)"><note place="left">An&#x017F;ehen des<lb/>
Pap&#x017F;ts wa&#x0364;ch&#x017F;t<lb/>
durch die Lehre<lb/>
der Statthal-<lb/>
ter&#x017F;chafft.</note>Die&#x017F;e Lehre von der Statthalter&#x017F;chafft, hat den Pap&#x017F;t er&#x017F;t recht<lb/>
zum Pap&#x017F;t gemacht, dadurch bekame der&#x017F;elbe das gro&#x0364;&#x017F;te An&#x017F;ehen.<lb/><hi rendition="#aq">Sarpius <hi rendition="#i">in Hi&#x017F;t. Concil. Trident. Lib. 1.</hi></hi> bemercket &#x017F;olches auch, und<lb/>
&#x017F;aget, daß die Pa&#x0364;p&#x017F;te &#x017F;ich ein gro&#x017F;&#x017F;es An&#x017F;ehen erworben, da &#x017F;ie<lb/>
denen Leuten einen Dun&#x017F;t gemacht als wa&#x0364;ren &#x017F;ie Chri&#x017F;ti Statt-<lb/>
halter. <hi rendition="#aq">Pontifices Romanos magnam olim rebus &#x017F;uis acce&#x017F;&#x017F;io-<lb/>
nem feci&#x017F;&#x017F;e, nomine vicarii Chri&#x017F;ti, tanquam vmbra obtegente.</hi></note>. Zur Ausu&#x0364;bung<lb/>
&#x017F;einer Gerecht&#x017F;ame/ braucht er ver&#x017F;chiedene <hi rendition="#aq">&#x017F;ubalternen.</hi><lb/>
Die&#x017F;erwegen hat er denen Ertzbi&#x017F;cho&#x0364;ffen, Bi&#x017F;cho&#x0364;ffen, und an-<lb/>
dern/ einen Theil &#x017F;einer Macht und Rechte verliehen. Er hat<lb/>
ihnen einige davon al&#x017F;o zuge&#x017F;tanden/ daß &#x017F;ie es andern wie-<lb/>
derum verleyhen ko&#x0364;nten <note place="foot" n="b)"><note place="left">Jngleichen der<lb/>
Bi&#x017F;cho&#x0364;ffe.</note>Die Bi&#x017F;cho&#x0364;ffe leiten zwar ihre Macht auch von GOTT her, &#x017F;ie<lb/>
wollen, daß alle Gewalt, &#x017F;o &#x017F;ie ausu&#x0364;ben, ihnen von Chri&#x017F;to ver-<lb/>
liehen &#x017F;ey. Jedoch &#x017F;ie erkennen dabey, daß &#x017F;olche von dem Stuhl<lb/>
zu Rom mit <hi rendition="#aq">dependi</hi>re. Die&#x017F;erwegen &#x017F;etzen &#x017F;ie auch in ihre Ti-<lb/>
tul: <hi rendition="#fr">Von GOttes und des Apo&#x017F;toli&#x017F;chen Stuhls Gnaden:</hi><lb/><hi rendition="#aq">Dei &amp; Apo&#x017F;tolicæ &#x017F;edis gratia.</hi></note>. Auf die&#x017F;e Wei&#x017F;e nun &#x017F;agen die<lb/>
Papi&#x017F;ten/ man beichte <hi rendition="#fr">nicht dem Prie&#x017F;ter, &#x017F;ondern GOtt.</hi><lb/>
Die un&#x017F;rigen wollen &#x017F;on&#x017F;t von der Statthalter&#x017F;chafft nichts<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en. Sie la&#x017F;&#x017F;en es &#x017F;ich recht &#x017F;auer werden/ &#x017F;olche zu be-<lb/>
&#x017F;treiten. Allein die Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e/ &#x017F;o aus der&#x017F;elben folgen/ wol-<lb/>
len Sie nichts de&#x017F;toweniger beybehalten.</p><lb/>
            <note place="left">Andere Ur-<lb/>
fachen der<lb/>
Ver&#x017F;chwie-genheit.</note>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. <hi rendition="#aq">VI.</hi></head>
            <p>Man muß al&#x017F;o andere Gru&#x0364;nde &#x017F;uchen/ die<lb/>
man auch ha&#x0364;uffig antrifft. Sie &#x017F;agen/ es &#x017F;tu&#x0364;nde<lb/>
nicht einmahl einem <hi rendition="#aq">privato</hi> frey/ oder wohl/ wenn er das-<lb/>
jenige/ was man ihm geoffenbahret/ wieder ausplaudern<lb/>
wolte <note xml:id="i01" next="#i02" place="foot" n="a)"><note place="left">So <hi rendition="#aq">Molina</hi><lb/>
vorgebracht</note>Die&#x017F;e Ur&#x017F;achen hat <hi rendition="#aq">Ludov. Molina <hi rendition="#i">in tract. 4. de ju&#x017F;t. &amp; jur. di&#x017F;p. 5. n. 9.</hi></hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ange-</fw></note>. Es wa&#x0364;re zwi&#x017F;chen dem Beicht-Kind und Beicht-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Vater</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[306/0325] II. Abth. IV. Cap. Von der §. V. Dieſe Lehre aber flieſſet nirgends anders her/ als aus der angemaſten Statthalterſchafft Chrſiti. Denn der Papſt will Chriſti Statthalter ſeyn a). Zur Ausuͤbung ſeiner Gerechtſame/ braucht er verſchiedene ſubalternen. Dieſerwegen hat er denen Ertzbiſchoͤffen, Biſchoͤffen, und an- dern/ einen Theil ſeiner Macht und Rechte verliehen. Er hat ihnen einige davon alſo zugeſtanden/ daß ſie es andern wie- derum verleyhen koͤnten b). Auf dieſe Weiſe nun ſagen die Papiſten/ man beichte nicht dem Prieſter, ſondern GOtt. Die unſrigen wollen ſonſt von der Statthalterſchafft nichts wiſſen. Sie laſſen es ſich recht ſauer werden/ ſolche zu be- ſtreiten. Allein die Schluͤſſe/ ſo aus derſelben folgen/ wol- len Sie nichts deſtoweniger beybehalten. §. VI. Man muß alſo andere Gruͤnde ſuchen/ die man auch haͤuffig antrifft. Sie ſagen/ es ſtuͤnde nicht einmahl einem privato frey/ oder wohl/ wenn er das- jenige/ was man ihm geoffenbahret/ wieder ausplaudern wolte a). Es waͤre zwiſchen dem Beicht-Kind und Beicht- Vater a) Dieſe Lehre von der Statthalterſchafft, hat den Papſt erſt recht zum Papſt gemacht, dadurch bekame derſelbe das groͤſte Anſehen. Sarpius in Hiſt. Concil. Trident. Lib. 1. bemercket ſolches auch, und ſaget, daß die Paͤpſte ſich ein groſſes Anſehen erworben, da ſie denen Leuten einen Dunſt gemacht als waͤren ſie Chriſti Statt- halter. Pontifices Romanos magnam olim rebus ſuis acceſſio- nem feciſſe, nomine vicarii Chriſti, tanquam vmbra obtegente. b) Die Biſchoͤffe leiten zwar ihre Macht auch von GOTT her, ſie wollen, daß alle Gewalt, ſo ſie ausuͤben, ihnen von Chriſto ver- liehen ſey. Jedoch ſie erkennen dabey, daß ſolche von dem Stuhl zu Rom mit dependire. Dieſerwegen ſetzen ſie auch in ihre Ti- tul: Von GOttes und des Apoſtoliſchen Stuhls Gnaden: Dei & Apoſtolicæ ſedis gratia. a) Dieſe Urſachen hat Ludov. Molina in tract. 4. de juſt. & jur. diſp. 5. n. 9. ange-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/325
Zitationshilfe: Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721, S. 306. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/325>, abgerufen am 19.04.2024.