Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

Studio in der Theologie.
würden, so uns verborgen, vieles wäre denen zukünfftigen
Zeiten zur Eröffnung vorbehalten worden. Es endeckte die
Natur uns ihre Schätze nicht auff einmahl. Wir müssen uns
nur vor Anfänger halten. Dergleichen Geheimnisse würden
nicht insgemein noch allen kund. Sie wären verschlossen,
und würde etwas diese, das übrige die folgende Zeit erken-
nen.
(c) Da nun dieses vernünfftige Heyden von denen
Wahrheiten insgemein gesehen/ warum wollen wir es nicht
auch in der Theologie gelten lassen? Warum wollen wir
nicht hingehen und dergleichen thun?

§. XIII.

Dieses sey genug von dem Recht/ so die Juri-Andere Ur-
sache, warum
die Juristen
sich auff die
Theologie
zu legen ha-
ben.

sten als blosse Mit-Glieder der Christlichen Gemeinde haben/
sich auff die Theologie zu legen. Rechtschaffene Juristen sind
dabey Philosophi. Unter andern Philosophischen disciplinen
verdienet die Morale vor allen excoliret zu werden. Die Sit-
ten-Lehre hat mit des Menschen Glückseligkeit zu thun. Sie
ist nichts anders/ als eine Zusammenfügung solcher Wahr-
heiten/ welche mit denen Lebens-Pflichten und menschlichen
Handlungen
zu thun haben. Diese Wahrheiten muß ich erst
erkennen/ ehe ich solche ausübe/ will ich anders vor einen
Christ-vernünfftigen Menschen gehalten werden. GOTT
hat uns zwey Lichter gegeben/ Vernunfft und Offenbahrung.
Das andere ersetzet was dem erstern fehlet. Der oben ange-
führte Anonymus, hat artige Gedancken/ von dem Endzweck
der Offenbahrung. Die heilige Schrifft, sagt er/ (a) ist um

zwey-
(c) Seneca in natur. quaest. Lib. VII. cap. 31. Multa vonientis aeui populusMan kan nicht
alle Wahrhei-
ten zu einer
Zeit einfehen.

ignota nobis sciet. Multa seculis tunc futuris, cum memoria nostra
exoleuent, reseruantur. - - - - Rerum natura sacra sua non simul
tradit. Initiatos nos credimus, in vestibulo ejus haeremus. Illa ar-
cana non promiscue neque omnibus patent, Redacta & interiore
sacrario clausa sunt, ex quibus aliud haec aetas, aliud quae post nos subi-
bit, adspiciet.
(a) La vanite des sciences pag. 233. sqq. Enfin l'Ecriture sainte, n'a eteEndzweck der
göttlichen
Schrifft.

don-

Studio in der Theologie.
wuͤrden, ſo uns verborgen, vieles waͤre denen zukuͤnfftigen
Zeiten zur Eroͤffnung vorbehalten worden. Es endeckte die
Natur uns ihre Schaͤtze nicht auff einmahl. Wir muͤſſen uns
nur vor Anfaͤnger halten. Dergleichen Geheimniſſe wuͤrden
nicht insgemein noch allen kund. Sie waͤren verſchloſſen,
und wuͤrde etwas dieſe, das uͤbrige die folgende Zeit erken-
nen.
(c) Da nun dieſes vernuͤnfftige Heyden von denen
Wahrheiten insgemein geſehen/ warum wollen wir es nicht
auch in der Theologie gelten laſſen? Warum wollen wir
nicht hingehen und dergleichen thun?

§. XIII.

Dieſes ſey genug von dem Recht/ ſo die Juri-Andere Ur-
ſache, warum
die Juriſten
ſich auff die
Theologie
zu legen ha-
ben.

ſten als bloſſe Mit-Glieder der Chriſtlichen Gemeinde haben/
ſich auff die Theologie zu legen. Rechtſchaffene Juriſten ſind
dabey Philoſophi. Unter andern Philoſophiſchen diſciplinen
verdienet die Morale vor allen excoliret zu werden. Die Sit-
ten-Lehre hat mit des Menſchen Gluͤckſeligkeit zu thun. Sie
iſt nichts anders/ als eine Zuſammenfuͤgung ſolcher Wahr-
heiten/ welche mit denen Lebens-Pflichten und menſchlichen
Handlungen
zu thun haben. Dieſe Wahrheiten muß ich erſt
erkennen/ ehe ich ſolche ausuͤbe/ will ich anders vor einen
Chriſt-vernuͤnfftigen Menſchen gehalten werden. GOTT
hat uns zwey Lichter gegeben/ Vernunfft und Offenbahrung.
Das andere erſetzet was dem erſtern fehlet. Der oben ange-
fuͤhrte Anonymus, hat artige Gedancken/ von dem Endzweck
der Offenbahrung. Die heilige Schrifft, ſagt er/ (a) iſt um

zwey-
(c) Seneca in natur. quæſt. Lib. VII. cap. 31. Multa vonientis æui populusMan kan nicht
alle Wahrhei-
ten zu einer
Zeit einfehen.

ignota nobis ſciet. Multa ſeculis tunc futuris, cum memoria noſtra
exoleuent, reſeruantur. ‒ ‒ ‒ ‒ Rerum natura ſacra ſua non ſimul
tradit. Initiatos nos credimus, in veſtibulo ejus hæremus. Illa ar-
cana non promiſcue neque omnibus patent, Redacta & interiore
ſacrario clauſa ſunt, ex quibus aliud hæc ætas, aliud quæ poſt nos ſubi-
bit, adſpiciet.
(a) La vanité des ſciences pag. 233. ſqq. Enfin l’Ecriture ſainte, n’a étéEndzweck der
goͤttlichen
Schrifft.

don-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0034" n="15"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Studio</hi></hi> in der <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Theologie.</hi></hi></hi></fw><lb/><hi rendition="#fr">wu&#x0364;rden, &#x017F;o uns verborgen, vieles wa&#x0364;re denen zuku&#x0364;nfftigen<lb/>
Zeiten zur Ero&#x0364;ffnung vorbehalten worden. Es endeckte die<lb/>
Natur uns ihre Scha&#x0364;tze nicht auff einmahl. Wir mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en uns<lb/>
nur vor Anfa&#x0364;nger halten. Dergleichen Geheimni&#x017F;&#x017F;e wu&#x0364;rden<lb/>
nicht insgemein noch allen kund. Sie wa&#x0364;ren ver&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
und wu&#x0364;rde etwas die&#x017F;e, das u&#x0364;brige die folgende Zeit erken-<lb/>
nen.</hi><note place="foot" n="(c)"><hi rendition="#aq">Seneca <hi rendition="#i">in natur. quæ&#x017F;t. Lib. VII. cap. 31.</hi> Multa vonientis æui populus</hi><note place="right">Man kan nicht<lb/>
alle Wahrhei-<lb/>
ten zu einer<lb/>
Zeit einfehen.</note><lb/><hi rendition="#aq">ignota nobis &#x017F;ciet. Multa &#x017F;eculis tunc futuris, cum memoria no&#x017F;tra<lb/>
exoleuent, re&#x017F;eruantur. &#x2012; &#x2012; &#x2012; &#x2012; Rerum natura &#x017F;acra &#x017F;ua non &#x017F;imul<lb/>
tradit. Initiatos nos credimus, in ve&#x017F;tibulo ejus hæremus. Illa ar-<lb/>
cana non promi&#x017F;cue neque omnibus patent, Redacta &amp; interiore<lb/>
&#x017F;acrario clau&#x017F;a &#x017F;unt, ex quibus aliud hæc ætas, aliud quæ po&#x017F;t nos &#x017F;ubi-<lb/>
bit, ad&#x017F;piciet.</hi></note> Da nun die&#x017F;es vernu&#x0364;nfftige Heyden von denen<lb/>
Wahrheiten insgemein ge&#x017F;ehen/ warum wollen wir es nicht<lb/>
auch in der <hi rendition="#aq">Theologie</hi> gelten la&#x017F;&#x017F;en? Warum wollen wir<lb/>
nicht hingehen und dergleichen thun?</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#i">§.</hi> <hi rendition="#aq">XIII.</hi> </head>
          <p>Die&#x017F;es &#x017F;ey genug von dem Recht/ &#x017F;o die <hi rendition="#aq">Juri-</hi><note place="right">Andere Ur-<lb/>
&#x017F;ache, warum<lb/>
die <hi rendition="#aq">Juri&#x017F;ten</hi><lb/>
&#x017F;ich auff die<lb/><hi rendition="#aq">Theologie</hi><lb/>
zu legen ha-<lb/>
ben.</note><lb/><hi rendition="#aq">&#x017F;ten</hi> als blo&#x017F;&#x017F;e <hi rendition="#fr">Mit-Glieder der Chri&#x017F;tlichen Gemeinde</hi> haben/<lb/>
&#x017F;ich auff die <hi rendition="#aq">Theologie</hi> zu legen. Recht&#x017F;chaffene <hi rendition="#aq">Juri&#x017F;t</hi>en &#x017F;ind<lb/>
dabey <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Philo&#x017F;ophi.</hi></hi> Unter andern <hi rendition="#aq">Philo&#x017F;ophi</hi>&#x017F;chen <hi rendition="#aq">di&#x017F;ciplin</hi>en<lb/>
verdienet die <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Morale</hi></hi> vor allen <hi rendition="#aq">excolir</hi>et zu werden. Die Sit-<lb/>
ten-Lehre hat mit des Men&#x017F;chen Glu&#x0364;ck&#x017F;eligkeit zu thun. Sie<lb/>
i&#x017F;t nichts anders/ als eine Zu&#x017F;ammenfu&#x0364;gung &#x017F;olcher Wahr-<lb/>
heiten/ welche mit denen <hi rendition="#fr">Lebens-Pflichten</hi> und <hi rendition="#fr">men&#x017F;chlichen<lb/>
Handlungen</hi> zu thun haben. Die&#x017F;e Wahrheiten muß ich er&#x017F;t<lb/>
erkennen/ ehe ich &#x017F;olche ausu&#x0364;be/ will ich anders vor einen<lb/>
Chri&#x017F;t-vernu&#x0364;nfftigen Men&#x017F;chen gehalten werden. GOTT<lb/>
hat uns zwey Lichter gegeben/ <hi rendition="#fr">Vernunfft und Offenbahrung.</hi><lb/>
Das andere er&#x017F;etzet was dem er&#x017F;tern fehlet. Der oben ange-<lb/>
fu&#x0364;hrte <hi rendition="#aq">Anonymus,</hi> hat artige Gedancken/ von dem <hi rendition="#fr">Endzweck</hi><lb/>
der Offenbahrung. <hi rendition="#fr">Die heilige Schrifft,</hi> &#x017F;agt er/ <note xml:id="f11" next="#f12" place="foot" n="(a)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">La vanité des &#x017F;ciences pag. 233. &#x017F;qq.</hi> Enfin l&#x2019;Ecriture &#x017F;ainte, n&#x2019;a été</hi><note place="right">Endzweck der<lb/>
go&#x0364;ttlichen<lb/>
Schrifft.</note><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">don-</hi></fw></note> <hi rendition="#fr">i&#x017F;t um</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">zwey-</hi></fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[15/0034] Studio in der Theologie. wuͤrden, ſo uns verborgen, vieles waͤre denen zukuͤnfftigen Zeiten zur Eroͤffnung vorbehalten worden. Es endeckte die Natur uns ihre Schaͤtze nicht auff einmahl. Wir muͤſſen uns nur vor Anfaͤnger halten. Dergleichen Geheimniſſe wuͤrden nicht insgemein noch allen kund. Sie waͤren verſchloſſen, und wuͤrde etwas dieſe, das uͤbrige die folgende Zeit erken- nen. (c) Da nun dieſes vernuͤnfftige Heyden von denen Wahrheiten insgemein geſehen/ warum wollen wir es nicht auch in der Theologie gelten laſſen? Warum wollen wir nicht hingehen und dergleichen thun? §. XIII. Dieſes ſey genug von dem Recht/ ſo die Juri- ſten als bloſſe Mit-Glieder der Chriſtlichen Gemeinde haben/ ſich auff die Theologie zu legen. Rechtſchaffene Juriſten ſind dabey Philoſophi. Unter andern Philoſophiſchen diſciplinen verdienet die Morale vor allen excoliret zu werden. Die Sit- ten-Lehre hat mit des Menſchen Gluͤckſeligkeit zu thun. Sie iſt nichts anders/ als eine Zuſammenfuͤgung ſolcher Wahr- heiten/ welche mit denen Lebens-Pflichten und menſchlichen Handlungen zu thun haben. Dieſe Wahrheiten muß ich erſt erkennen/ ehe ich ſolche ausuͤbe/ will ich anders vor einen Chriſt-vernuͤnfftigen Menſchen gehalten werden. GOTT hat uns zwey Lichter gegeben/ Vernunfft und Offenbahrung. Das andere erſetzet was dem erſtern fehlet. Der oben ange- fuͤhrte Anonymus, hat artige Gedancken/ von dem Endzweck der Offenbahrung. Die heilige Schrifft, ſagt er/ (a) iſt um zwey- Andere Ur- ſache, warum die Juriſten ſich auff die Theologie zu legen ha- ben. (c) Seneca in natur. quæſt. Lib. VII. cap. 31. Multa vonientis æui populus ignota nobis ſciet. Multa ſeculis tunc futuris, cum memoria noſtra exoleuent, reſeruantur. ‒ ‒ ‒ ‒ Rerum natura ſacra ſua non ſimul tradit. Initiatos nos credimus, in veſtibulo ejus hæremus. Illa ar- cana non promiſcue neque omnibus patent, Redacta & interiore ſacrario clauſa ſunt, ex quibus aliud hæc ætas, aliud quæ poſt nos ſubi- bit, adſpiciet. (a) La vanité des ſciences pag. 233. ſqq. Enfin l’Ecriture ſainte, n’a été don-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/34
Zitationshilfe: Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/34>, abgerufen am 29.03.2024.