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Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.

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anderer beym Beicht-Wesen vorkommender Sachen.
deutlichen concept haben. Das erstere verdienet ernstli-Kind bey ei-
nem andern
zu beichten
Erlaubnüß
erhalten.

ches Einsehen b). Jn dem andern Fall muß man mit sol-
chen irrenden nicht scharff verfahren/ sondern sie mit Ge-
dult auf den rechten Weg zu bringen suchen. Richtet man
damit nichts aus/ so mögen sie das Amt niederlegen/ bey
dessen ferneren Verwaltung sie nach ihrem Vorgeben ein
schweres Gewissen hätten.

§. IV.

Daß man gewissen Personen erlauben könne/Ob gewis-
sen Perso-
nen zu er-
lauben, daß
sie ohne
Beichte zum
Abendmahl
gehen.

ohne Beichte zum Abendmahl zu gehen/ ist schon zu ver-
schiedenen mahlen erinnert worden. Ein Fürste/ als ein
Christ/ ist allerdings dazu verpflichtet. Denenjenigen/ die
sich sonsten zur Religion bekennen/ aber wegen des Beicht-
Stuhls scrupel haben/ ihr Gewissen frey zu lassen. Denn
die Beichte ist doch eine blosse Ceremonie. Diese aber soll
man zu keinen Glaubens-Articuln/ und Gewissens-Zwang
machen. Denn ich halte die Meinung derjenigen zum höch-
sten irraisonable, welche behaupten/ daß man die Leute zum

Beicht-
ben, was es gethan hätte, wenn es gebeichtet; So dencken
doch solche Bauch-Diener, sie würden etwas mehr bekommen,
wenn man ferner bey ihnen die Beichte ablegte.
b) Ob aber sich ein Priester aus fleischlichen Absichten denen Verord-Wie der falsche
Vorwand man
könte etwas mit
gutem Gewissen
nicht thun, zu
entdecken.

nungen der Landes-Herrschafft wiedersetzet, und das Gewissen
nur zum Deckmantel braucht, muß man nur wahrscheinlich er-
rathen. Der gelehrte Basnagius in seinem Tractat de la consci-
ence Lib. I. cap. IV.
§. 5.
führet sechs Kennzeichen an, woraus man
den falschen Vorwand erkennen könte. Mir gefället absonder-
lich der andere und fünffte Grund. Es meinet nehmlich Basna-
gius,
wenn man wüste, daß derjenige, so das Gewissen vor-
schützte, vormahls nicht allzu gewissenhafft gelebet, mit Un-
gestüm
recht zu behalten suchte, so könte man schliessen, es ge-
schehe aus bösem Gemüthe. Jn diesen Stücken pflichte ich ihm
willig bey.
a) Carp-
b b b 2

anderer beym Beicht-Weſen vorkommender Sachen.
deutlichen concept haben. Das erſtere verdienet ernſtli-Kind bey ei-
nem andern
zu beichten
Erlaubnuͤß
erhalten.

ches Einſehen b). Jn dem andern Fall muß man mit ſol-
chen irrenden nicht ſcharff verfahren/ ſondern ſie mit Ge-
dult auf den rechten Weg zu bringen ſuchen. Richtet man
damit nichts aus/ ſo moͤgen ſie das Amt niederlegen/ bey
deſſen ferneren Verwaltung ſie nach ihrem Vorgeben ein
ſchweres Gewiſſen haͤtten.

§. IV.

Daß man gewiſſen Perſonen erlauben koͤnne/Ob gewiſ-
ſen Perſo-
nen zu er-
lauben, daß
ſie ohne
Beichte zum
Abendmahl
gehen.

ohne Beichte zum Abendmahl zu gehen/ iſt ſchon zu ver-
ſchiedenen mahlen erinnert worden. Ein Fuͤrſte/ als ein
Chriſt/ iſt allerdings dazu verpflichtet. Denenjenigen/ die
ſich ſonſten zur Religion bekennen/ aber wegen des Beicht-
Stuhls ſcrupel haben/ ihr Gewiſſen frey zu laſſen. Denn
die Beichte iſt doch eine bloſſe Ceremonie. Dieſe aber ſoll
man zu keinen Glaubens-Articuln/ und Gewiſſens-Zwang
machen. Denn ich halte die Meinung derjenigen zum hoͤch-
ſten irraiſonable, welche behaupten/ daß man die Leute zum

Beicht-
ben, was es gethan haͤtte, wenn es gebeichtet; So dencken
doch ſolche Bauch-Diener, ſie wuͤrden etwas mehr bekommen,
wenn man ferner bey ihnen die Beichte ablegte.
b) Ob aber ſich ein Prieſter aus fleiſchlichen Abſichten denen Verord-Wie der falſche
Vorwand man
koͤnte etwas mit
gutem Gewiſſen
nicht thun, zu
entdecken.

nungen der Landes-Herrſchafft wiederſetzet, und das Gewiſſen
nur zum Deckmantel braucht, muß man nur wahrſcheinlich er-
rathen. Der gelehrte Baſnagius in ſeinem Tractat de la conſci-
ence Lib. I. cap. IV.
§. 5.
fuͤhret ſechs Kennzeichen an, woraus man
den falſchen Vorwand erkennen koͤnte. Mir gefaͤllet abſonder-
lich der andere und fuͤnffte Grund. Es meinet nehmlich Baſna-
gius,
wenn man wuͤſte, daß derjenige, ſo das Gewiſſen vor-
ſchuͤtzte, vormahls nicht allzu gewiſſenhafft gelebet, mit Un-
geſtuͤm
recht zu behalten ſuchte, ſo koͤnte man ſchlieſſen, es ge-
ſchehe aus boͤſem Gemuͤthe. Jn dieſen Stuͤcken pflichte ich ihm
willig bey.
a) Carp-
b b b 2
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[379/0398] anderer beym Beicht-Weſen vorkommender Sachen. deutlichen concept haben. Das erſtere verdienet ernſtli- ches Einſehen b). Jn dem andern Fall muß man mit ſol- chen irrenden nicht ſcharff verfahren/ ſondern ſie mit Ge- dult auf den rechten Weg zu bringen ſuchen. Richtet man damit nichts aus/ ſo moͤgen ſie das Amt niederlegen/ bey deſſen ferneren Verwaltung ſie nach ihrem Vorgeben ein ſchweres Gewiſſen haͤtten. Kind bey ei- nem andern zu beichten Erlaubnuͤß erhalten. §. IV. Daß man gewiſſen Perſonen erlauben koͤnne/ ohne Beichte zum Abendmahl zu gehen/ iſt ſchon zu ver- ſchiedenen mahlen erinnert worden. Ein Fuͤrſte/ als ein Chriſt/ iſt allerdings dazu verpflichtet. Denenjenigen/ die ſich ſonſten zur Religion bekennen/ aber wegen des Beicht- Stuhls ſcrupel haben/ ihr Gewiſſen frey zu laſſen. Denn die Beichte iſt doch eine bloſſe Ceremonie. Dieſe aber ſoll man zu keinen Glaubens-Articuln/ und Gewiſſens-Zwang machen. Denn ich halte die Meinung derjenigen zum hoͤch- ſten irraiſonable, welche behaupten/ daß man die Leute zum Beicht- (a) Ob gewiſ- ſen Perſo- nen zu er- lauben, daß ſie ohne Beichte zum Abendmahl gehen. b) Ob aber ſich ein Prieſter aus fleiſchlichen Abſichten denen Verord- nungen der Landes-Herrſchafft wiederſetzet, und das Gewiſſen nur zum Deckmantel braucht, muß man nur wahrſcheinlich er- rathen. Der gelehrte Baſnagius in ſeinem Tractat de la conſci- ence Lib. I. cap. IV. §. 5. fuͤhret ſechs Kennzeichen an, woraus man den falſchen Vorwand erkennen koͤnte. Mir gefaͤllet abſonder- lich der andere und fuͤnffte Grund. Es meinet nehmlich Baſna- gius, wenn man wuͤſte, daß derjenige, ſo das Gewiſſen vor- ſchuͤtzte, vormahls nicht allzu gewiſſenhafft gelebet, mit Un- geſtuͤm recht zu behalten ſuchte, ſo koͤnte man ſchlieſſen, es ge- ſchehe aus boͤſem Gemuͤthe. Jn dieſen Stuͤcken pflichte ich ihm willig bey. a) Carp- (a) ben, was es gethan haͤtte, wenn es gebeichtet; So dencken doch ſolche Bauch-Diener, ſie wuͤrden etwas mehr bekommen, wenn man ferner bey ihnen die Beichte ablegte. b b b 2

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Zitationshilfe: Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721, S. 379. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/398>, abgerufen am 24.04.2024.