Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Peschel, Oscar: Völkerkunde. Leipzig, 1874.

Bild:
<< vorherige Seite

Die amerikanische Urbevölkerung.
in Adel und Volk war vollzogen und Sklaverei bei den Koluschen,
Haidah und den Vancouverstämmen vorhanden 1).

7. Die amerikanische Urbevölkerung.

Hat das menschliche Geschlecht von einem Schöpfungsherde
aus die Erde bevölkert und dürfen wir in Amerika nicht seine
Wiege suchen 2), so muss die neue aus der alten Welt ihre ersten
Bewohner empfangen haben. Als diese das westliche Festland
betraten, standen sie sicherlich noch auf einer sehr rohen Stufe,
wenn auch ihre Sprache bereits die Anlage zu ihren künftigen
Grundzügen besass, die Feuerbereitung ihnen kein Geheimniss
mehr war, Bogen und Pfeil sich in ihren Händen befanden. Weite
Seefahrten dürfen wir freilich diesen Einwanderern nicht zumuthen,
sondern sie höchstens über das Beringsmeer ziehen lassen. Nicht
unerlaubt wäre sogar die Behauptung, dass die ersten Wande-
rungen zu einer Zeit stattfanden als die Beringstrasse noch nicht
eine Meerenge sondern eine Landenge vorstellte. Damals würde
auch das Klima jener nördlichen Gestade viel milder gewesen sein
als heutigen Tages, weil keinerlei Strömung aus dem Eismeere
in den Stillen Ocean eindringen konnte. Dass die Absonderung
Asiens von Amerika einer geologisch gesprochen sehr nahen Ver-
gangenheit angehöre, bezeugt die Thatsache, dass sowohl die
Strasse 3) wie das Meer welche Berings Namen führen, ausser-
ordentlich seicht sind, pflegen doch mitten im letzteren die Wal-
fischfänger vor Anker zu liegen 4). Doch bleibt es immer misslich
auf geologische Vorgänge sich zu stützen, die selbst noch strengere
Beweise entbehren. Wir setzen daher lieber voraus, dass zur
Zeit des Ueberganges der Asiaten nach Amerika die Beringsenge
schon ihre jetzigen Züge besass. Erinnern müssen wir aber an
die erste Frage welche unser grosser Mathematiker Gauss 1828

1) S. oben S. 186. S. 253. S. 254.
2) S. oben S. 32--33.
3) Lütke, Voyage autour du monde. Paris 1835. tom. II. p. 209.
4) Whymper, Alaska. S. 94.

Die amerikanische Urbevölkerung.
in Adel und Volk war vollzogen und Sklaverei bei den Koluschen,
Haidah und den Vancouverstämmen vorhanden 1).

7. Die amerikanische Urbevölkerung.

Hat das menschliche Geschlecht von einem Schöpfungsherde
aus die Erde bevölkert und dürfen wir in Amerika nicht seine
Wiege suchen 2), so muss die neue aus der alten Welt ihre ersten
Bewohner empfangen haben. Als diese das westliche Festland
betraten, standen sie sicherlich noch auf einer sehr rohen Stufe,
wenn auch ihre Sprache bereits die Anlage zu ihren künftigen
Grundzügen besass, die Feuerbereitung ihnen kein Geheimniss
mehr war, Bogen und Pfeil sich in ihren Händen befanden. Weite
Seefahrten dürfen wir freilich diesen Einwanderern nicht zumuthen,
sondern sie höchstens über das Beringsmeer ziehen lassen. Nicht
unerlaubt wäre sogar die Behauptung, dass die ersten Wande-
rungen zu einer Zeit stattfanden als die Beringstrasse noch nicht
eine Meerenge sondern eine Landenge vorstellte. Damals würde
auch das Klima jener nördlichen Gestade viel milder gewesen sein
als heutigen Tages, weil keinerlei Strömung aus dem Eismeere
in den Stillen Ocean eindringen konnte. Dass die Absonderung
Asiens von Amerika einer geologisch gesprochen sehr nahen Ver-
gangenheit angehöre, bezeugt die Thatsache, dass sowohl die
Strasse 3) wie das Meer welche Berings Namen führen, ausser-
ordentlich seicht sind, pflegen doch mitten im letzteren die Wal-
fischfänger vor Anker zu liegen 4). Doch bleibt es immer misslich
auf geologische Vorgänge sich zu stützen, die selbst noch strengere
Beweise entbehren. Wir setzen daher lieber voraus, dass zur
Zeit des Ueberganges der Asiaten nach Amerika die Beringsenge
schon ihre jetzigen Züge besass. Erinnern müssen wir aber an
die erste Frage welche unser grosser Mathematiker Gauss 1828

1) S. oben S. 186. S. 253. S. 254.
2) S. oben S. 32—33.
3) Lütke, Voyage autour du monde. Paris 1835. tom. II. p. 209.
4) Whymper, Alaska. S. 94.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0446" n="428"/><fw place="top" type="header">Die amerikanische Urbevölkerung.</fw><lb/>
in Adel und Volk war vollzogen und Sklaverei bei den Koluschen,<lb/>
Haidah und den Vancouverstämmen vorhanden <note place="foot" n="1)">S. oben S. 186. S. 253. S. 254.</note>.</p>
            </div>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>7. <hi rendition="#g">Die amerikanische Urbevölkerung</hi>.</head><lb/>
            <p>Hat das menschliche Geschlecht von einem Schöpfungsherde<lb/>
aus die Erde bevölkert und dürfen wir in Amerika nicht seine<lb/>
Wiege suchen <note place="foot" n="2)">S. oben S. 32&#x2014;33.</note>, so muss die neue aus der alten Welt ihre ersten<lb/>
Bewohner empfangen haben. Als diese das westliche Festland<lb/>
betraten, standen sie sicherlich noch auf einer sehr rohen Stufe,<lb/>
wenn auch ihre Sprache bereits die Anlage zu ihren künftigen<lb/>
Grundzügen besass, die Feuerbereitung ihnen kein Geheimniss<lb/>
mehr war, Bogen und Pfeil sich in ihren Händen befanden. Weite<lb/>
Seefahrten dürfen wir freilich diesen Einwanderern nicht zumuthen,<lb/>
sondern sie höchstens über das Beringsmeer ziehen lassen. Nicht<lb/>
unerlaubt wäre sogar die Behauptung, dass die ersten Wande-<lb/>
rungen zu einer Zeit stattfanden als die Beringstrasse noch nicht<lb/>
eine Meerenge sondern eine Landenge vorstellte. Damals würde<lb/>
auch das Klima jener nördlichen Gestade viel milder gewesen sein<lb/>
als heutigen Tages, weil keinerlei Strömung aus dem Eismeere<lb/>
in den Stillen Ocean eindringen konnte. Dass die Absonderung<lb/>
Asiens von Amerika einer geologisch gesprochen sehr nahen Ver-<lb/>
gangenheit angehöre, bezeugt die Thatsache, dass sowohl die<lb/>
Strasse <note place="foot" n="3)"><hi rendition="#g">Lütke</hi>, Voyage autour du monde. Paris 1835. tom. II. p. 209.</note> wie das Meer welche Berings Namen führen, ausser-<lb/>
ordentlich seicht sind, pflegen doch mitten im letzteren die Wal-<lb/>
fischfänger vor Anker zu liegen <note place="foot" n="4)"><hi rendition="#g">Whymper</hi>, Alaska. S. 94.</note>. Doch bleibt es immer misslich<lb/>
auf geologische Vorgänge sich zu stützen, die selbst noch strengere<lb/>
Beweise entbehren. Wir setzen daher lieber voraus, dass zur<lb/>
Zeit des Ueberganges der Asiaten nach Amerika die Beringsenge<lb/>
schon ihre jetzigen Züge besass. Erinnern müssen wir aber an<lb/>
die erste Frage welche unser grosser Mathematiker Gauss 1828<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[428/0446] Die amerikanische Urbevölkerung. in Adel und Volk war vollzogen und Sklaverei bei den Koluschen, Haidah und den Vancouverstämmen vorhanden 1). 7. Die amerikanische Urbevölkerung. Hat das menschliche Geschlecht von einem Schöpfungsherde aus die Erde bevölkert und dürfen wir in Amerika nicht seine Wiege suchen 2), so muss die neue aus der alten Welt ihre ersten Bewohner empfangen haben. Als diese das westliche Festland betraten, standen sie sicherlich noch auf einer sehr rohen Stufe, wenn auch ihre Sprache bereits die Anlage zu ihren künftigen Grundzügen besass, die Feuerbereitung ihnen kein Geheimniss mehr war, Bogen und Pfeil sich in ihren Händen befanden. Weite Seefahrten dürfen wir freilich diesen Einwanderern nicht zumuthen, sondern sie höchstens über das Beringsmeer ziehen lassen. Nicht unerlaubt wäre sogar die Behauptung, dass die ersten Wande- rungen zu einer Zeit stattfanden als die Beringstrasse noch nicht eine Meerenge sondern eine Landenge vorstellte. Damals würde auch das Klima jener nördlichen Gestade viel milder gewesen sein als heutigen Tages, weil keinerlei Strömung aus dem Eismeere in den Stillen Ocean eindringen konnte. Dass die Absonderung Asiens von Amerika einer geologisch gesprochen sehr nahen Ver- gangenheit angehöre, bezeugt die Thatsache, dass sowohl die Strasse 3) wie das Meer welche Berings Namen führen, ausser- ordentlich seicht sind, pflegen doch mitten im letzteren die Wal- fischfänger vor Anker zu liegen 4). Doch bleibt es immer misslich auf geologische Vorgänge sich zu stützen, die selbst noch strengere Beweise entbehren. Wir setzen daher lieber voraus, dass zur Zeit des Ueberganges der Asiaten nach Amerika die Beringsenge schon ihre jetzigen Züge besass. Erinnern müssen wir aber an die erste Frage welche unser grosser Mathematiker Gauss 1828 1) S. oben S. 186. S. 253. S. 254. 2) S. oben S. 32—33. 3) Lütke, Voyage autour du monde. Paris 1835. tom. II. p. 209. 4) Whymper, Alaska. S. 94.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/peschel_voelkerkunde_1874
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/peschel_voelkerkunde_1874/446
Zitationshilfe: Peschel, Oscar: Völkerkunde. Leipzig, 1874, S. 428. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/peschel_voelkerkunde_1874/446>, abgerufen am 29.03.2024.