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Peschel, Oscar: Völkerkunde. Leipzig, 1874.

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VII.
DIE MITTELLAENDISCHE RACE.

Blumenbach hatte den Völkern, mit denen sich vorzugsweise
die alte und die neuere Gesittungsgeschichte des Abendlandes
beschäftigt, den Namen Kaukasier ertheilt, der aber wieder auf-
gegeben werden musste, weil er zu Missverständnissen verleitete.
Da für Blumenbach's Kaukasier gegenwärtig die Bezeichnung
mittelländische Völker Anklang gefunden hat, so wollen auch wir
sie beibehalten. Zur mittelländischen Race gehören alle Europäer,
soweit sie nicht mongolenähnlich sind, alle Nordafrikaner und alle
Vorderasiaten, endlich sind als Mischvölker wegen ihrer Sprache
die Hindu im nördlichen Indien noch mitzuzählen.

Die vorherrschenden Schädelformen sind die mesocephale und
die brachycephale, doch überschreiten die mittleren Breitenindices
nach dem Welcker'schen Messverfahren nur in einem vereinzelten
Falle 82. Die Höhe des Schädels sinkt gewöhnlich mit der
wachsenden Breite. Prognathismus gehört ebensosehr zu den
Seltenheiten, wie das Vortreten der Backenknochen. Die Farbe
der Haut ist bei den nördlichen Völkern ganz hell, trübt sich in
Südeuropa, wird gelb, roth und braun in Nordafrika und Arabien
sowie bei den Zigeunern. Das Kopfhaar ist nie so lang und so
walzenförmig, wie bei den mongolenähnlichen Völkern, nie so
elliptisch im Querschnitt und so kurz wie bei den Negern, sondern
meistens gelockt. Innerhalb dieser Racen finden sich die bärtigsten
und am besten behaarten Völker, nur die Nordafrikaner sind
schwächer mit Bart- und Leibhaar ausgestattet. Die Nase hat stets
einen hohen Rücken und wird nie platt- oder breitgequetscht wie
bei Negern oder Mongolen. Die Lippen sind gewöhnlich schmal,
nie wulstig. In keiner andern Race kommen feine und edle Ge-

VII.
DIE MITTELLÆNDISCHE RACE.

Blumenbach hatte den Völkern, mit denen sich vorzugsweise
die alte und die neuere Gesittungsgeschichte des Abendlandes
beschäftigt, den Namen Kaukasier ertheilt, der aber wieder auf-
gegeben werden musste, weil er zu Missverständnissen verleitete.
Da für Blumenbach’s Kaukasier gegenwärtig die Bezeichnung
mittelländische Völker Anklang gefunden hat, so wollen auch wir
sie beibehalten. Zur mittelländischen Race gehören alle Europäer,
soweit sie nicht mongolenähnlich sind, alle Nordafrikaner und alle
Vorderasiaten, endlich sind als Mischvölker wegen ihrer Sprache
die Hindu im nördlichen Indien noch mitzuzählen.

Die vorherrschenden Schädelformen sind die mesocephale und
die brachycephale, doch überschreiten die mittleren Breitenindices
nach dem Welcker’schen Messverfahren nur in einem vereinzelten
Falle 82. Die Höhe des Schädels sinkt gewöhnlich mit der
wachsenden Breite. Prognathismus gehört ebensosehr zu den
Seltenheiten, wie das Vortreten der Backenknochen. Die Farbe
der Haut ist bei den nördlichen Völkern ganz hell, trübt sich in
Südeuropa, wird gelb, roth und braun in Nordafrika und Arabien
sowie bei den Zigeunern. Das Kopfhaar ist nie so lang und so
walzenförmig, wie bei den mongolenähnlichen Völkern, nie so
elliptisch im Querschnitt und so kurz wie bei den Negern, sondern
meistens gelockt. Innerhalb dieser Racen finden sich die bärtigsten
und am besten behaarten Völker, nur die Nordafrikaner sind
schwächer mit Bart- und Leibhaar ausgestattet. Die Nase hat stets
einen hohen Rücken und wird nie platt- oder breitgequetscht wie
bei Negern oder Mongolen. Die Lippen sind gewöhnlich schmal,
nie wulstig. In keiner andern Race kommen feine und edle Ge-

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[[517]/0535] VII. DIE MITTELLÆNDISCHE RACE. Blumenbach hatte den Völkern, mit denen sich vorzugsweise die alte und die neuere Gesittungsgeschichte des Abendlandes beschäftigt, den Namen Kaukasier ertheilt, der aber wieder auf- gegeben werden musste, weil er zu Missverständnissen verleitete. Da für Blumenbach’s Kaukasier gegenwärtig die Bezeichnung mittelländische Völker Anklang gefunden hat, so wollen auch wir sie beibehalten. Zur mittelländischen Race gehören alle Europäer, soweit sie nicht mongolenähnlich sind, alle Nordafrikaner und alle Vorderasiaten, endlich sind als Mischvölker wegen ihrer Sprache die Hindu im nördlichen Indien noch mitzuzählen. Die vorherrschenden Schädelformen sind die mesocephale und die brachycephale, doch überschreiten die mittleren Breitenindices nach dem Welcker’schen Messverfahren nur in einem vereinzelten Falle 82. Die Höhe des Schädels sinkt gewöhnlich mit der wachsenden Breite. Prognathismus gehört ebensosehr zu den Seltenheiten, wie das Vortreten der Backenknochen. Die Farbe der Haut ist bei den nördlichen Völkern ganz hell, trübt sich in Südeuropa, wird gelb, roth und braun in Nordafrika und Arabien sowie bei den Zigeunern. Das Kopfhaar ist nie so lang und so walzenförmig, wie bei den mongolenähnlichen Völkern, nie so elliptisch im Querschnitt und so kurz wie bei den Negern, sondern meistens gelockt. Innerhalb dieser Racen finden sich die bärtigsten und am besten behaarten Völker, nur die Nordafrikaner sind schwächer mit Bart- und Leibhaar ausgestattet. Die Nase hat stets einen hohen Rücken und wird nie platt- oder breitgequetscht wie bei Negern oder Mongolen. Die Lippen sind gewöhnlich schmal, nie wulstig. In keiner andern Race kommen feine und edle Ge-

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Zitationshilfe: Peschel, Oscar: Völkerkunde. Leipzig, 1874, S. [517]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/peschel_voelkerkunde_1874/535>, abgerufen am 28.03.2024.