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Peschel, Oscar: Völkerkunde. Leipzig, 1874.

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Haut und Haar des Menschen.
Farbzellen sich nur auf die Grundfläche der Schleimschicht be-
schränkten oder mehr und mehr anhäuften, in seltenen Fällen sogar
bis in die Hornhaut aufwärts sich erstreckten, wuchs die Tiefe der
Hautfarbe. Einzelne Körperstellen sind selbst bei allen Menschen-
racen gefärbt, wie der Warzenhof, welcher obendrein während der
Schwangerschaft noch dunkler wird 1). Auch die Sommerflecken,
die Muttermale und Bräunungen an andern Körperstellen verhalten
sich genau wie die Negerhaut 2).

Bei der Geburt ist das Negerkind nicht schwarz, sondern dem
europäischen beinahe ähnlich. Pruner Bey beschreibt die Farbe
als röthlich, gemengt mit Nussbraun, und fügt hinzu, dass im Sudan
die volle Färbung schon mit dem ersten, in Unterägypten erst mit
dem dritten Jahre sich einstelle 3). Auch Camper sah ein Neger-
kind röthlich geboren werden, sich zuerst an den Rändern der
Nägel, am dritten Tage an den Geschlechtstheilen, am fünften und
sechsten allmählich am ganzen Körper färben 4). Die Augen der
Negerkinder sind anfangs blau, das Haar kastanienbraun und nur
an den Spitzen gekräuselt 5). Auch bei den Pimos oder Pimas im
nordwestlichen Mexico, sowie bei den Australiern werden die Kinder
hellfarbig oder schmutzig gelb geboren, ihren Eltern aber an Dun-
kelung der Haut in wenigen Tagen ähnlich 6). Prinz zu Neuwied
erfuhr, dass die Botocudenkinder gelb geboren werden und sich
rasch bräunen 7), im Widerspruch mit dieser Angabe rühmt er aber
wieder die Helligkeit der Erwachsenen. Kinder von Mulatten und
Mulattinnen sollen schwarze Flecke zur Welt bringen, namentlich
in der Gegend der Fortpflanzungswerkzeuge 8). Von der Farbe

1) Blumenbach erzählt von einer jungen Frau, die während der Schwanger-
schaft so schwarz wurde, wie eine Negerin. Ein ähnlicher Fall von Melanis-
mus wurde von Dr. Guyetant beobachtet. Quatrefages, Unite de l'espece
humaine. Paris 1861, p. 65.
2) Flourens bei Waitz, Anthropologie I, 113.
3) Pruner Bey, Memoire sur les Negres. p. 327.
4) Waitz, Bd. 1. S. 114.
5) Darwin, Ursprung des Menschen, II, 278.
6) Waitz, Anthropologie. IV, 202, VI. 713. Bei Latham (Varieties
p. 199) findet man dagegen die Behauptung, dass auf Hawai (Sandwich-
inseln) die Kinder der Polynesier völlig schwarz geboren werden.
7) Reise nach Brasilien. Bd. 2, S. 65--66. Der Jesuit Lafitau sagt sehr be-
stimmt, dass die Kinder der nordamerikanischen Rothhäute "weiss geboren wer-
den, wie die unsrigen". Moeurs des sauvages ameriquains. Paris 1724. tom I. p. 104.
8) Quatrefages, Rapport, p. 455.

Haut und Haar des Menschen.
Farbzellen sich nur auf die Grundfläche der Schleimschicht be-
schränkten oder mehr und mehr anhäuften, in seltenen Fällen sogar
bis in die Hornhaut aufwärts sich erstreckten, wuchs die Tiefe der
Hautfarbe. Einzelne Körperstellen sind selbst bei allen Menschen-
racen gefärbt, wie der Warzenhof, welcher obendrein während der
Schwangerschaft noch dunkler wird 1). Auch die Sommerflecken,
die Muttermale und Bräunungen an andern Körperstellen verhalten
sich genau wie die Negerhaut 2).

Bei der Geburt ist das Negerkind nicht schwarz, sondern dem
europäischen beinahe ähnlich. Pruner Bey beschreibt die Farbe
als röthlich, gemengt mit Nussbraun, und fügt hinzu, dass im Sudan
die volle Färbung schon mit dem ersten, in Unterägypten erst mit
dem dritten Jahre sich einstelle 3). Auch Camper sah ein Neger-
kind röthlich geboren werden, sich zuerst an den Rändern der
Nägel, am dritten Tage an den Geschlechtstheilen, am fünften und
sechsten allmählich am ganzen Körper färben 4). Die Augen der
Negerkinder sind anfangs blau, das Haar kastanienbraun und nur
an den Spitzen gekräuselt 5). Auch bei den Pimos oder Pimas im
nordwestlichen Mexico, sowie bei den Australiern werden die Kinder
hellfarbig oder schmutzig gelb geboren, ihren Eltern aber an Dun-
kelung der Haut in wenigen Tagen ähnlich 6). Prinz zu Neuwied
erfuhr, dass die Botocudenkinder gelb geboren werden und sich
rasch bräunen 7), im Widerspruch mit dieser Angabe rühmt er aber
wieder die Helligkeit der Erwachsenen. Kinder von Mulatten und
Mulattinnen sollen schwarze Flecke zur Welt bringen, namentlich
in der Gegend der Fortpflanzungswerkzeuge 8). Von der Farbe

1) Blumenbach erzählt von einer jungen Frau, die während der Schwanger-
schaft so schwarz wurde, wie eine Negerin. Ein ähnlicher Fall von Melanis-
mus wurde von Dr. Guyétant beobachtet. Quatrefages, Unité de l’espèce
humaine. Paris 1861, p. 65.
2) Flourens bei Waitz, Anthropologie I, 113.
3) Pruner Bey, Mémoire sur les Nègres. p. 327.
4) Waitz, Bd. 1. S. 114.
5) Darwin, Ursprung des Menschen, II, 278.
6) Waitz, Anthropologie. IV, 202, VI. 713. Bei Latham (Varieties
p. 199) findet man dagegen die Behauptung, dass auf Hawai (Sandwich-
inseln) die Kinder der Polynesier völlig schwarz geboren werden.
7) Reise nach Brasilien. Bd. 2, S. 65—66. Der Jesuit Lafitau sagt sehr be-
stimmt, dass die Kinder der nordamerikanischen Rothhäute „weiss geboren wer-
den, wie die unsrigen“. Moeurs des sauvages amériquains. Paris 1724. tom I. p. 104.
8) Quatrefages, Rapport, p. 455.
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[92/0110] Haut und Haar des Menschen. Farbzellen sich nur auf die Grundfläche der Schleimschicht be- schränkten oder mehr und mehr anhäuften, in seltenen Fällen sogar bis in die Hornhaut aufwärts sich erstreckten, wuchs die Tiefe der Hautfarbe. Einzelne Körperstellen sind selbst bei allen Menschen- racen gefärbt, wie der Warzenhof, welcher obendrein während der Schwangerschaft noch dunkler wird 1). Auch die Sommerflecken, die Muttermale und Bräunungen an andern Körperstellen verhalten sich genau wie die Negerhaut 2). Bei der Geburt ist das Negerkind nicht schwarz, sondern dem europäischen beinahe ähnlich. Pruner Bey beschreibt die Farbe als röthlich, gemengt mit Nussbraun, und fügt hinzu, dass im Sudan die volle Färbung schon mit dem ersten, in Unterägypten erst mit dem dritten Jahre sich einstelle 3). Auch Camper sah ein Neger- kind röthlich geboren werden, sich zuerst an den Rändern der Nägel, am dritten Tage an den Geschlechtstheilen, am fünften und sechsten allmählich am ganzen Körper färben 4). Die Augen der Negerkinder sind anfangs blau, das Haar kastanienbraun und nur an den Spitzen gekräuselt 5). Auch bei den Pimos oder Pimas im nordwestlichen Mexico, sowie bei den Australiern werden die Kinder hellfarbig oder schmutzig gelb geboren, ihren Eltern aber an Dun- kelung der Haut in wenigen Tagen ähnlich 6). Prinz zu Neuwied erfuhr, dass die Botocudenkinder gelb geboren werden und sich rasch bräunen 7), im Widerspruch mit dieser Angabe rühmt er aber wieder die Helligkeit der Erwachsenen. Kinder von Mulatten und Mulattinnen sollen schwarze Flecke zur Welt bringen, namentlich in der Gegend der Fortpflanzungswerkzeuge 8). Von der Farbe 1) Blumenbach erzählt von einer jungen Frau, die während der Schwanger- schaft so schwarz wurde, wie eine Negerin. Ein ähnlicher Fall von Melanis- mus wurde von Dr. Guyétant beobachtet. Quatrefages, Unité de l’espèce humaine. Paris 1861, p. 65. 2) Flourens bei Waitz, Anthropologie I, 113. 3) Pruner Bey, Mémoire sur les Nègres. p. 327. 4) Waitz, Bd. 1. S. 114. 5) Darwin, Ursprung des Menschen, II, 278. 6) Waitz, Anthropologie. IV, 202, VI. 713. Bei Latham (Varieties p. 199) findet man dagegen die Behauptung, dass auf Hawai (Sandwich- inseln) die Kinder der Polynesier völlig schwarz geboren werden. 7) Reise nach Brasilien. Bd. 2, S. 65—66. Der Jesuit Lafitau sagt sehr be- stimmt, dass die Kinder der nordamerikanischen Rothhäute „weiss geboren wer- den, wie die unsrigen“. Moeurs des sauvages amériquains. Paris 1724. tom I. p. 104. 8) Quatrefages, Rapport, p. 455.

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Zitationshilfe: Peschel, Oscar: Völkerkunde. Leipzig, 1874, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/peschel_voelkerkunde_1874/110>, abgerufen am 24.04.2024.