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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781.

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Bäbeli. Jä, du thust mir etwas Garstiges
in's Maul.

Jonas. Nein, das thue ich dir nicht, Bäbe-
li! meiner Treue! nicht.

Bäbeli. Nu -- -- aber sieh zu, wenn du
mich anführst. (Es thut das Maul auf und die
Augen nur halb zu.)

Jonas. Recht zu mit den Augen, sonst gilt's
nicht.

Bäbeli. Ja; Aber wenn du ein Schelm bist?
(Es thut jezt die Augen ganz zu.)

Flugs schiebt ihm Jonas das Brod in's Maul,
und läuft fort.

Das Bäbeli nimmt das Brod aus dem Maul,
und sagt: das ist lustig; sitzt nieder und ißt.


§. 51.
Es kann keinem Menschen in Sinn kom-
men, was für gute Folgen auch die
kleinste gute Handlung haben kann.

Sein Vater Michel sieht das Spiel der Kinder
vom Fenster, und erkennt den Jonas des Lien-
hards; und es geht ihm ein Stich ins Herz.

Was ich für ein Satan bin! sagt er zu sich
selber. Ich verkaufe mich dem Vogt zum Verrä-

ther

Baͤbeli. Jaͤ, du thuſt mir etwas Garſtiges
in’s Maul.

Jonas. Nein, das thue ich dir nicht, Baͤbe-
li! meiner Treue! nicht.

Baͤbeli. Nu — — aber ſieh zu, wenn du
mich anfuͤhrſt. (Es thut das Maul auf und die
Augen nur halb zu.)

Jonas. Recht zu mit den Augen, ſonſt gilt’s
nicht.

Baͤbeli. Ja; Aber wenn du ein Schelm biſt?
(Es thut jezt die Augen ganz zu.)

Flugs ſchiebt ihm Jonas das Brod in’s Maul,
und laͤuft fort.

Das Baͤbeli nimmt das Brod aus dem Maul,
und ſagt: das iſt luſtig; ſitzt nieder und ißt.


§. 51.
Es kann keinem Menſchen in Sinn kom-
men, was fuͤr gute Folgen auch die
kleinſte gute Handlung haben kann.

Sein Vater Michel ſieht das Spiel der Kinder
vom Fenſter, und erkennt den Jonas des Lien-
hards; und es geht ihm ein Stich ins Herz.

Was ich fuͤr ein Satan bin! ſagt er zu ſich
ſelber. Ich verkaufe mich dem Vogt zum Verraͤ-

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[248/0273] Baͤbeli. Jaͤ, du thuſt mir etwas Garſtiges in’s Maul. Jonas. Nein, das thue ich dir nicht, Baͤbe- li! meiner Treue! nicht. Baͤbeli. Nu — — aber ſieh zu, wenn du mich anfuͤhrſt. (Es thut das Maul auf und die Augen nur halb zu.) Jonas. Recht zu mit den Augen, ſonſt gilt’s nicht. Baͤbeli. Ja; Aber wenn du ein Schelm biſt? (Es thut jezt die Augen ganz zu.) Flugs ſchiebt ihm Jonas das Brod in’s Maul, und laͤuft fort. Das Baͤbeli nimmt das Brod aus dem Maul, und ſagt: das iſt luſtig; ſitzt nieder und ißt. §. 51. Es kann keinem Menſchen in Sinn kom- men, was fuͤr gute Folgen auch die kleinſte gute Handlung haben kann. Sein Vater Michel ſieht das Spiel der Kinder vom Fenſter, und erkennt den Jonas des Lien- hards; und es geht ihm ein Stich ins Herz. Was ich fuͤr ein Satan bin! ſagt er zu ſich ſelber. Ich verkaufe mich dem Vogt zum Verraͤ- ther

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781/273>, abgerufen am 28.03.2024.