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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781.

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auch hinter den Markstein -- so sagt er, und eben
klopft Michel an. Wie im Schrecken juckt der Vogt
zusammen, sagt: Wer ist da so spät in der Nacht?
und eilt an's Fenster zu sehn.

Mach auf, Vogt! ruft Michel.


§. 72.
Die letzte Hoffnung verläßt den Vogt.

Wie mir der so eben recht kömmt, sagt der Vogt,
eilt, öffnet die Thüre, grüßt Micheln, und sagt: Will-
kommen, Michel! Was bringst du guts Neues?

Michel. Nicht viel; ich will dir nur sagen --

Vogt. Du wirst nicht unter der Thüre reden
wollen? Ich gehe noch lang nicht schlafen. Komm
in die Stube.

Michel. Ich muß wieder heim, Vogt! Ich
will dir nur sagen, daß mich der Handel vom Sam-
stag gereuet hat.

Vogt. Ja, bey Gott! das wäre so eben recht.
Nein, der muß dich nicht gereuen -- Wenn's nicht
genug ist, ich biete eher ein mehrers. Komm nur
in die Stube. Es fehlt nicht, wir werden des Han-
dels gewiß eins.

Michel. Um keinen Preis, Vogt! Da sind
deine zween Thaler.

Vogt.
T 5

auch hinter den Markſtein — ſo ſagt er, und eben
klopft Michel an. Wie im Schrecken juckt der Vogt
zuſammen, ſagt: Wer iſt da ſo ſpaͤt in der Nacht?
und eilt an’s Fenſter zu ſehn.

Mach auf, Vogt! ruft Michel.


§. 72.
Die letzte Hoffnung verlaͤßt den Vogt.

Wie mir der ſo eben recht koͤmmt, ſagt der Vogt,
eilt, oͤffnet die Thuͤre, gruͤßt Micheln, und ſagt: Will-
kommen, Michel! Was bringſt du guts Neues?

Michel. Nicht viel; ich will dir nur ſagen —

Vogt. Du wirſt nicht unter der Thuͤre reden
wollen? Ich gehe noch lang nicht ſchlafen. Komm
in die Stube.

Michel. Ich muß wieder heim, Vogt! Ich
will dir nur ſagen, daß mich der Handel vom Sam-
ſtag gereuet hat.

Vogt. Ja, bey Gott! das waͤre ſo eben recht.
Nein, der muß dich nicht gereuen — Wenn’s nicht
genug iſt, ich biete eher ein mehrers. Komm nur
in die Stube. Es fehlt nicht, wir werden des Han-
dels gewiß eins.

Michel. Um keinen Preis, Vogt! Da ſind
deine zween Thaler.

Vogt.
T 5
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[297/0322] auch hinter den Markſtein — ſo ſagt er, und eben klopft Michel an. Wie im Schrecken juckt der Vogt zuſammen, ſagt: Wer iſt da ſo ſpaͤt in der Nacht? und eilt an’s Fenſter zu ſehn. Mach auf, Vogt! ruft Michel. §. 72. Die letzte Hoffnung verlaͤßt den Vogt. Wie mir der ſo eben recht koͤmmt, ſagt der Vogt, eilt, oͤffnet die Thuͤre, gruͤßt Micheln, und ſagt: Will- kommen, Michel! Was bringſt du guts Neues? Michel. Nicht viel; ich will dir nur ſagen — Vogt. Du wirſt nicht unter der Thuͤre reden wollen? Ich gehe noch lang nicht ſchlafen. Komm in die Stube. Michel. Ich muß wieder heim, Vogt! Ich will dir nur ſagen, daß mich der Handel vom Sam- ſtag gereuet hat. Vogt. Ja, bey Gott! das waͤre ſo eben recht. Nein, der muß dich nicht gereuen — Wenn’s nicht genug iſt, ich biete eher ein mehrers. Komm nur in die Stube. Es fehlt nicht, wir werden des Han- dels gewiß eins. Michel. Um keinen Preis, Vogt! Da ſind deine zween Thaler. Vogt. T 5

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781, S. 297. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781/322>, abgerufen am 28.03.2024.