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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781.

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§. 3.
Ein Unmensch erscheint.

Und da am gleichen Abend sein Vogt zu ihm kam,
nach seinen Befehlen zu fragen, sagte er ihm: --
Ich werde morgen selbst nach Bonnal kommen:
Ich will einmal den Bau der Kirche in Ordnung
haben -- Der Untervogt aber antwortete: Gnädi-
ger Herr! Hat Euer Gnaden Schloßmäurer jezt
Zeit? Nein, erwiederte Arner; aber es ist in dei-
nem Dorf ein Mäurer Lienhard, dem ich dieses
Verdienst gern gönne. Warum hast du mir ihn
noch nie zu einer Arbeit empfohlen?

Der Vogt bückte sich tief und sagte: Ich hät-
te den armen Mäurer nicht empfehlen dürfen zu
Euer Herrlichkeit Gebäuden.

Arner. Ist er ein braver Mann, Vogt? daß
ich auf ihn gehn kann --

Vogt. Ja, Ihr Gnaden können sich auf ihn
verlassen, er ist nur gar zu treuherzig.

Arner. Man sagt, er habe ein braves Weib!
ist sie keine Schwätzerinn? fragte hierauf Arner mit
Nachdruck.

Nein, sagte der Vogt; sie ist wahrlich eine
arbeitsame stille Frau.

Gut,
B

§. 3.
Ein Unmenſch erſcheint.

Und da am gleichen Abend ſein Vogt zu ihm kam,
nach ſeinen Befehlen zu fragen, ſagte er ihm: —
Ich werde morgen ſelbſt nach Bonnal kommen:
Ich will einmal den Bau der Kirche in Ordnung
haben — Der Untervogt aber antwortete: Gnaͤdi-
ger Herr! Hat Euer Gnaden Schloßmaͤurer jezt
Zeit? Nein, erwiederte Arner; aber es iſt in dei-
nem Dorf ein Maͤurer Lienhard, dem ich dieſes
Verdienſt gern goͤnne. Warum haſt du mir ihn
noch nie zu einer Arbeit empfohlen?

Der Vogt buͤckte ſich tief und ſagte: Ich haͤt-
te den armen Maͤurer nicht empfehlen duͤrfen zu
Euer Herrlichkeit Gebaͤuden.

Arner. Iſt er ein braver Mann, Vogt? daß
ich auf ihn gehn kann —

Vogt. Ja, Ihr Gnaden koͤnnen ſich auf ihn
verlaſſen, er iſt nur gar zu treuherzig.

Arner. Man ſagt, er habe ein braves Weib!
iſt ſie keine Schwaͤtzerinn? fragte hierauf Arner mit
Nachdruck.

Nein, ſagte der Vogt; ſie iſt wahrlich eine
arbeitſame ſtille Frau.

Gut,
B
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[17/0040] §. 3. Ein Unmenſch erſcheint. Und da am gleichen Abend ſein Vogt zu ihm kam, nach ſeinen Befehlen zu fragen, ſagte er ihm: — Ich werde morgen ſelbſt nach Bonnal kommen: Ich will einmal den Bau der Kirche in Ordnung haben — Der Untervogt aber antwortete: Gnaͤdi- ger Herr! Hat Euer Gnaden Schloßmaͤurer jezt Zeit? Nein, erwiederte Arner; aber es iſt in dei- nem Dorf ein Maͤurer Lienhard, dem ich dieſes Verdienſt gern goͤnne. Warum haſt du mir ihn noch nie zu einer Arbeit empfohlen? Der Vogt buͤckte ſich tief und ſagte: Ich haͤt- te den armen Maͤurer nicht empfehlen duͤrfen zu Euer Herrlichkeit Gebaͤuden. Arner. Iſt er ein braver Mann, Vogt? daß ich auf ihn gehn kann — Vogt. Ja, Ihr Gnaden koͤnnen ſich auf ihn verlaſſen, er iſt nur gar zu treuherzig. Arner. Man ſagt, er habe ein braves Weib! iſt ſie keine Schwaͤtzerinn? fragte hierauf Arner mit Nachdruck. Nein, ſagte der Vogt; ſie iſt wahrlich eine arbeitſame ſtille Frau. Gut, B

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781/40>, abgerufen am 18.04.2024.