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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781.

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einzige, das der Haushaltung Hülfe leisten konnte,
jezt aber sollte es in 14 Tagen den Dienst an-
treten.

Der Vater bat es mit weinenden Augen, und
um Gottes willen, es solle das Haftgeld wieder zu-
rück geben, und bey ihm bleiben, bis nach der
Mutter Kindbette.

Ich will nicht, antwortete die Tochter; wo
finde ich denn gleich wieder einen andern Dienst?
wenn ich diesen aufsage.

Der Vater. Ich will nach der Kindbette selbst
mit dir in die Stadt gehn, und dir helfen einen an-
dern suchen; bleib doch nur so lange.

Die Tochter. Es geht ein halbes Jahr,
Vater! bis zum andern Ziel, und der Dienst, den
ich jezt habe, ist gut. Wer kann wissen, wie dann
der seyn werde, den du mir willst suchen helfen. Und
kurzum, ich warte nicht bis auf das andere Ziel.

Der Vater. Du weissest doch, Susan-
neli! daß ich auch alles an dir gethan habe, was
ich immer konnte. Denke doch auch an deine
jüngern Jahre, und verlasse mich jezt nicht in mei-
ner Noth.

Die Tochter. Willst du mir denn vor meinem
Glück seyn? Vater!

Der Vater. Ach! es ist nicht dein Glück,
daß du deine armen Eltern in diesen Umständen ver-
lassest; thue es doch nicht, Susanneli! ich bitte

dich

einzige, das der Haushaltung Huͤlfe leiſten konnte,
jezt aber ſollte es in 14 Tagen den Dienſt an-
treten.

Der Vater bat es mit weinenden Augen, und
um Gottes willen, es ſolle das Haftgeld wieder zu-
ruͤck geben, und bey ihm bleiben, bis nach der
Mutter Kindbette.

Ich will nicht, antwortete die Tochter; wo
finde ich denn gleich wieder einen andern Dienſt?
wenn ich dieſen aufſage.

Der Vater. Ich will nach der Kindbette ſelbſt
mit dir in die Stadt gehn, und dir helfen einen an-
dern ſuchen; bleib doch nur ſo lange.

Die Tochter. Es geht ein halbes Jahr,
Vater! bis zum andern Ziel, und der Dienſt, den
ich jezt habe, iſt gut. Wer kann wiſſen, wie dann
der ſeyn werde, den du mir willſt ſuchen helfen. Und
kurzum, ich warte nicht bis auf das andere Ziel.

Der Vater. Du weiſſeſt doch, Suſan-
neli! daß ich auch alles an dir gethan habe, was
ich immer konnte. Denke doch auch an deine
juͤngern Jahre, und verlaſſe mich jezt nicht in mei-
ner Noth.

Die Tochter. Willſt du mir denn vor meinem
Gluͤck ſeyn? Vater!

Der Vater. Ach! es iſt nicht dein Gluͤck,
daß du deine armen Eltern in dieſen Umſtaͤnden ver-
laſſeſt; thue es doch nicht, Suſanneli! ich bitte

dich
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[139/0164] einzige, das der Haushaltung Huͤlfe leiſten konnte, jezt aber ſollte es in 14 Tagen den Dienſt an- treten. Der Vater bat es mit weinenden Augen, und um Gottes willen, es ſolle das Haftgeld wieder zu- ruͤck geben, und bey ihm bleiben, bis nach der Mutter Kindbette. Ich will nicht, antwortete die Tochter; wo finde ich denn gleich wieder einen andern Dienſt? wenn ich dieſen aufſage. Der Vater. Ich will nach der Kindbette ſelbſt mit dir in die Stadt gehn, und dir helfen einen an- dern ſuchen; bleib doch nur ſo lange. Die Tochter. Es geht ein halbes Jahr, Vater! bis zum andern Ziel, und der Dienſt, den ich jezt habe, iſt gut. Wer kann wiſſen, wie dann der ſeyn werde, den du mir willſt ſuchen helfen. Und kurzum, ich warte nicht bis auf das andere Ziel. Der Vater. Du weiſſeſt doch, Suſan- neli! daß ich auch alles an dir gethan habe, was ich immer konnte. Denke doch auch an deine juͤngern Jahre, und verlaſſe mich jezt nicht in mei- ner Noth. Die Tochter. Willſt du mir denn vor meinem Gluͤck ſeyn? Vater! Der Vater. Ach! es iſt nicht dein Gluͤck, daß du deine armen Eltern in dieſen Umſtaͤnden ver- laſſeſt; thue es doch nicht, Suſanneli! ich bitte dich

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781/164>, abgerufen am 28.03.2024.