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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781.

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Am Morgen darauf war ihm wieder etwas
leichter, und er nahm den Entschluß, seine Qualen
nicht mehr bey sich zu behalten, sondern alles
dem Pfarrer zu sagen.

Er nahm auch seinen Sonntagsrock, und was
er sonst fand, und band alles in einen Bündel zu-
sammen, damit er das Geld, das er dem Vogt
schuldig war, darauf entlehnen könne.

Er nimmt jezt den Bündel, zittert, geht in
den Pfarrhof, steht da, will wieder fortlaufen,
steht wieder still, wirft den Bündel in den Haus-
gang, und macht Gebehrden, wie ein Mensch, der
nicht bey Sinnen ist.


§. 63.
Daß man mit Liebe und mit Theilnehmung
der gänzlichen Kopfsverwirrung angst-
voller Menschen vorkommen könne.

Der Pfarrer sieht ihn in diesem Zustande, geht
zu ihm hinunter, und sagt ihm: Was ist dir, Wüst?
wo fehlt's dir? Komm mit mir hinauf in die Stu-
be, wenn du etwas mit mir reden willst.

Da gieng der Wüst mit dem Pfarrer hinauf in
seine Stube.

Und
S

Am Morgen darauf war ihm wieder etwas
leichter, und er nahm den Entſchluß, ſeine Qualen
nicht mehr bey ſich zu behalten, ſondern alles
dem Pfarrer zu ſagen.

Er nahm auch ſeinen Sonntagsrock, und was
er ſonſt fand, und band alles in einen Buͤndel zu-
ſammen, damit er das Geld, das er dem Vogt
ſchuldig war, darauf entlehnen koͤnne.

Er nimmt jezt den Buͤndel, zittert, geht in
den Pfarrhof, ſteht da, will wieder fortlaufen,
ſteht wieder ſtill, wirft den Buͤndel in den Haus-
gang, und macht Gebehrden, wie ein Menſch, der
nicht bey Sinnen iſt.


§. 63.
Daß man mit Liebe und mit Theilnehmung
der gaͤnzlichen Kopfsverwirrung angſt-
voller Menſchen vorkommen koͤnne.

Der Pfarrer ſieht ihn in dieſem Zuſtande, geht
zu ihm hinunter, und ſagt ihm: Was iſt dir, Wuͤſt?
wo fehlt’s dir? Komm mit mir hinauf in die Stu-
be, wenn du etwas mit mir reden willſt.

Da gieng der Wuͤſt mit dem Pfarrer hinauf in
ſeine Stube.

Und
S
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[273/0298] Am Morgen darauf war ihm wieder etwas leichter, und er nahm den Entſchluß, ſeine Qualen nicht mehr bey ſich zu behalten, ſondern alles dem Pfarrer zu ſagen. Er nahm auch ſeinen Sonntagsrock, und was er ſonſt fand, und band alles in einen Buͤndel zu- ſammen, damit er das Geld, das er dem Vogt ſchuldig war, darauf entlehnen koͤnne. Er nimmt jezt den Buͤndel, zittert, geht in den Pfarrhof, ſteht da, will wieder fortlaufen, ſteht wieder ſtill, wirft den Buͤndel in den Haus- gang, und macht Gebehrden, wie ein Menſch, der nicht bey Sinnen iſt. §. 63. Daß man mit Liebe und mit Theilnehmung der gaͤnzlichen Kopfsverwirrung angſt- voller Menſchen vorkommen koͤnne. Der Pfarrer ſieht ihn in dieſem Zuſtande, geht zu ihm hinunter, und ſagt ihm: Was iſt dir, Wuͤſt? wo fehlt’s dir? Komm mit mir hinauf in die Stu- be, wenn du etwas mit mir reden willſt. Da gieng der Wuͤſt mit dem Pfarrer hinauf in ſeine Stube. Und S

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781, S. 273. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781/298>, abgerufen am 29.03.2024.