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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781.

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dann geht es noch eine Stunde; und redst du ein
Wort, so sag ich zum Papa: Der Herodes hat das
Grimmen; sieh, wie er den Kopf schüttelt -- dann
läßt er die Rappen im Stall, nimmt den kleinern
Wagen, und du mußst nicht mit.

Carl. Nein, Franz! Hör doch auf, und flechte
die Schwänze nicht; nimm doch keine Bänder --
Du bist mir lieb, Franz! und ich will dir nicht
mehr Schnurrbart sagen.

Franz. Du mußst mich küssen, Carl! an mei-
nen Bart mußst du mich küssen, sonst nimm ich
die Bänder und flechte.

Carl. Nein, nur doch das nicht, Franz!

Franz. Warum sagst du mir Schnurrbart?
Du mußst mich küssen, sonst nehm ich die Bän-
der, und fahre nicht mit den Rappen.

Carl. Nun, wenn ich muß; aber du machst
dann den W[a]gen doch geschwind fertig?

Da legte Franz den Roßstrigel ab, hub den
jungen Junker in die Höhe, und dieser küßt' ihn.

Franz drückt' ihn herzlich und sagt: Auch recht,
Bübli! eilte mit dem Wagen, und fuhr bald vor
das Schloßthor.

Da saß Arner mit seiner Gemahlinn und mit
seinen Kindern ein.

Und Carl bat den Papa: Darf ich doch zu
Franz auf den Bock sitzen? es ist so eng und so warm
im Wagen.

Mei-

dann geht es noch eine Stunde; und redſt du ein
Wort, ſo ſag ich zum Papa: Der Herodes hat das
Grimmen; ſieh, wie er den Kopf ſchuͤttelt — dann
laͤßt er die Rappen im Stall, nimmt den kleinern
Wagen, und du mußſt nicht mit.

Carl. Nein, Franz! Hoͤr doch auf, und flechte
die Schwaͤnze nicht; nimm doch keine Baͤnder —
Du biſt mir lieb, Franz! und ich will dir nicht
mehr Schnurrbart ſagen.

Franz. Du mußſt mich kuͤſſen, Carl! an mei-
nen Bart mußſt du mich kuͤſſen, ſonſt nimm ich
die Baͤnder und flechte.

Carl. Nein, nur doch das nicht, Franz!

Franz. Warum ſagſt du mir Schnurrbart?
Du mußſt mich kuͤſſen, ſonſt nehm ich die Baͤn-
der, und fahre nicht mit den Rappen.

Carl. Nun, wenn ich muß; aber du machſt
dann den W[a]gen doch geſchwind fertig?

Da legte Franz den Roßſtrigel ab, hub den
jungen Junker in die Hoͤhe, und dieſer kuͤßt’ ihn.

Franz druͤckt’ ihn herzlich und ſagt: Auch recht,
Buͤbli! eilte mit dem Wagen, und fuhr bald vor
das Schloßthor.

Da ſaß Arner mit ſeiner Gemahlinn und mit
ſeinen Kindern ein.

Und Carl bat den Papa: Darf ich doch zu
Franz auf den Bock ſitzen? es iſt ſo eng und ſo warm
im Wagen.

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[328/0353] dann geht es noch eine Stunde; und redſt du ein Wort, ſo ſag ich zum Papa: Der Herodes hat das Grimmen; ſieh, wie er den Kopf ſchuͤttelt — dann laͤßt er die Rappen im Stall, nimmt den kleinern Wagen, und du mußſt nicht mit. Carl. Nein, Franz! Hoͤr doch auf, und flechte die Schwaͤnze nicht; nimm doch keine Baͤnder — Du biſt mir lieb, Franz! und ich will dir nicht mehr Schnurrbart ſagen. Franz. Du mußſt mich kuͤſſen, Carl! an mei- nen Bart mußſt du mich kuͤſſen, ſonſt nimm ich die Baͤnder und flechte. Carl. Nein, nur doch das nicht, Franz! Franz. Warum ſagſt du mir Schnurrbart? Du mußſt mich kuͤſſen, ſonſt nehm ich die Baͤn- der, und fahre nicht mit den Rappen. Carl. Nun, wenn ich muß; aber du machſt dann den Wagen doch geſchwind fertig? Da legte Franz den Roßſtrigel ab, hub den jungen Junker in die Hoͤhe, und dieſer kuͤßt’ ihn. Franz druͤckt’ ihn herzlich und ſagt: Auch recht, Buͤbli! eilte mit dem Wagen, und fuhr bald vor das Schloßthor. Da ſaß Arner mit ſeiner Gemahlinn und mit ſeinen Kindern ein. Und Carl bat den Papa: Darf ich doch zu Franz auf den Bock ſitzen? es iſt ſo eng und ſo warm im Wagen. Mei-

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781, S. 328. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781/353>, abgerufen am 19.04.2024.