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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785.

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§. 55.
Der Vater-Nahme.

Therese im hohen Fühlen, daß sie einen Mann
habe, der ein Herr ist, wie die besten al-
ten Herren waren, wandte sich um, und sah
erst da die Rikenbergerin, die bis jezt hinter
den andern Kindern wie verborgen da stuhnd.

Und sie vergaß des Hansen Wort, und den
beystimmenden Reihen, und die Freude über
ihren Mann, der ein Herr ist, wie die besten
alten Herren waren, und fragte Arner, was
ist das für ein Engel?

Er verwunderte sich, daß sie ihns noch nicht
gesehen, und erzählte ihr was er von ihm wußte.

Während dem er erzählte, entzog sie dem
Kind kein Aug, und als er fertig war, gieng
sie zu ihm hin, nahm ihns bey der Hand, und
sagte, es solle ihr doch den Spruch wiederholen,
den es dem Junker gehalten. Aber sie konnte
ihns fast nicht mehr fort reden lassen, als es
anfieng: "Junker Vater"! so freute es sie,
daß das Kind ihrem Mann den alten schönen
Titel, "Junker Vater" wieder gegeben, und
als es fertig, nahm sie den bunten rothen Gür-
tel den sie um den Leib hatte, band ihn um
das weisse Kleid dieses Engels, stekte ihm ih-
ren grossen Blumenstraus auf Kopf und Brust,
und sagte ihm dann: --


Nihm
§. 55.
Der Vater-Nahme.

Thereſe im hohen Fuͤhlen, daß ſie einen Mann
habe, der ein Herr iſt, wie die beſten al-
ten Herren waren, wandte ſich um, und ſah
erſt da die Rikenbergerin, die bis jezt hinter
den andern Kindern wie verborgen da ſtuhnd.

Und ſie vergaß des Hanſen Wort, und den
beyſtimmenden Reihen, und die Freude uͤber
ihren Mann, der ein Herr iſt, wie die beſten
alten Herren waren, und fragte Arner, was
iſt das fuͤr ein Engel?

Er verwunderte ſich, daß ſie ihns noch nicht
geſehen, und erzaͤhlte ihr was er von ihm wußte.

Waͤhrend dem er erzaͤhlte, entzog ſie dem
Kind kein Aug, und als er fertig war, gieng
ſie zu ihm hin, nahm ihns bey der Hand, und
ſagte, es ſolle ihr doch den Spruch wiederholen,
den es dem Junker gehalten. Aber ſie konnte
ihns faſt nicht mehr fort reden laſſen, als es
anfieng: “Junker Vater”! ſo freute es ſie,
daß das Kind ihrem Mann den alten ſchoͤnen
Titel, “Junker Vater” wieder gegeben, und
als es fertig, nahm ſie den bunten rothen Guͤr-
tel den ſie um den Leib hatte, band ihn um
das weiſſe Kleid dieſes Engels, ſtekte ihm ih-
ren groſſen Blumenſtraus auf Kopf und Bruſt,
und ſagte ihm dann: —


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[240/0262] §. 55. Der Vater-Nahme. Thereſe im hohen Fuͤhlen, daß ſie einen Mann habe, der ein Herr iſt, wie die beſten al- ten Herren waren, wandte ſich um, und ſah erſt da die Rikenbergerin, die bis jezt hinter den andern Kindern wie verborgen da ſtuhnd. Und ſie vergaß des Hanſen Wort, und den beyſtimmenden Reihen, und die Freude uͤber ihren Mann, der ein Herr iſt, wie die beſten alten Herren waren, und fragte Arner, was iſt das fuͤr ein Engel? Er verwunderte ſich, daß ſie ihns noch nicht geſehen, und erzaͤhlte ihr was er von ihm wußte. Waͤhrend dem er erzaͤhlte, entzog ſie dem Kind kein Aug, und als er fertig war, gieng ſie zu ihm hin, nahm ihns bey der Hand, und ſagte, es ſolle ihr doch den Spruch wiederholen, den es dem Junker gehalten. Aber ſie konnte ihns faſt nicht mehr fort reden laſſen, als es anfieng: “Junker Vater”! ſo freute es ſie, daß das Kind ihrem Mann den alten ſchoͤnen Titel, “Junker Vater” wieder gegeben, und als es fertig, nahm ſie den bunten rothen Guͤr- tel den ſie um den Leib hatte, band ihn um das weiſſe Kleid dieſes Engels, ſtekte ihm ih- ren groſſen Blumenſtraus auf Kopf und Bruſt, und ſagte ihm dann: — Nihm

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/262>, abgerufen am 28.03.2024.