Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785.

Bild:
<< vorherige Seite
§. 73.
Hauptsachen für Leuthe, die sich einfallen
lassen, sie könnten ein Dorf regieren.

Es hatte recht. -- Er war nicht der Mann,
der um eine Unordnung abzustellen, eine
neue anrichtete, und denn diese sorgenlos ih-
ren Weg gehen ließ. -- Sobald er vernom-
men, was die Wirthshauslumpen daheim für
ein Leben führten, dachte er auf Mittel, sie
den Tag über aus ihren Häusern wegzuloken,
und öfnete zu diesem Endzwek wenige Tage
darauf die Torfgruben, die er in der Nähe von
Bonnal hatte. Dadurch gab er mehr als 50
Taglöhnern einen guten Verdienst, und die mei-
sten Wirthshauslumpen stuhnden wegen der
Langenzeit, die sie daheim hatten, und auch
wegen dem Abendtrunk, den er diesen Arbei-
tern der Woche zweymal versprechen ließ, an
diese Arbeit. -- Und so kam er dahin, auf der
einten Seite einen grossen Theil dieser Dorf-
leuthen dadurch, daß er sie zu einer bestimmten
Tagsarbeit brachte, nach und nach im Grund
zu andern und zu bessern, und Haussitten anzu-
ziehen -- und auf der andern Seite eben so
dem Hauselend, das er mit dem Beschliessen
des Wirthshauses veranlasset, abzuhelfen, und
die armen Weiber, die seither eine solche Roth

§. 73.
Hauptſachen fuͤr Leuthe, die ſich einfallen
laſſen, ſie koͤnnten ein Dorf regieren.

Es hatte recht. — Er war nicht der Mann,
der um eine Unordnung abzuſtellen, eine
neue anrichtete, und denn dieſe ſorgenlos ih-
ren Weg gehen ließ. — Sobald er vernom-
men, was die Wirthshauslumpen daheim fuͤr
ein Leben fuͤhrten, dachte er auf Mittel, ſie
den Tag uͤber aus ihren Haͤuſern wegzuloken,
und oͤfnete zu dieſem Endzwek wenige Tage
darauf die Torfgruben, die er in der Naͤhe von
Bonnal hatte. Dadurch gab er mehr als 50
Tagloͤhnern einen guten Verdienſt, und die mei-
ſten Wirthshauslumpen ſtuhnden wegen der
Langenzeit, die ſie daheim hatten, und auch
wegen dem Abendtrunk, den er dieſen Arbei-
tern der Woche zweymal verſprechen ließ, an
dieſe Arbeit. — Und ſo kam er dahin, auf der
einten Seite einen groſſen Theil dieſer Dorf-
leuthen dadurch, daß er ſie zu einer beſtimmten
Tagsarbeit brachte, nach und nach im Grund
zu andern und zu beſſern, und Hausſitten anzu-
ziehen — und auf der andern Seite eben ſo
dem Hauselend, das er mit dem Beſchlieſſen
des Wirthshauſes veranlaſſet, abzuhelfen, und
die armen Weiber, die ſeither eine ſolche Roth

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0350" n="328"/>
      <div n="1">
        <head>§. 73.<lb/>
Haupt&#x017F;achen fu&#x0364;r Leuthe, die &#x017F;ich einfallen<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;ie ko&#x0364;nnten ein Dorf regieren.</head><lb/>
        <p><hi rendition="#in">E</hi>s hatte recht. &#x2014; Er war nicht der Mann,<lb/>
der um eine Unordnung abzu&#x017F;tellen, eine<lb/>
neue anrichtete, und denn die&#x017F;e &#x017F;orgenlos ih-<lb/>
ren Weg gehen ließ. &#x2014; Sobald er vernom-<lb/>
men, was die Wirthshauslumpen daheim fu&#x0364;r<lb/>
ein Leben fu&#x0364;hrten, dachte er auf Mittel, &#x017F;ie<lb/>
den Tag u&#x0364;ber aus ihren Ha&#x0364;u&#x017F;ern wegzuloken,<lb/>
und o&#x0364;fnete zu die&#x017F;em Endzwek wenige Tage<lb/>
darauf die Torfgruben, die er in der Na&#x0364;he von<lb/>
Bonnal hatte. Dadurch gab er mehr als 50<lb/>
Taglo&#x0364;hnern einen guten Verdien&#x017F;t, und die mei-<lb/>
&#x017F;ten Wirthshauslumpen &#x017F;tuhnden wegen der<lb/>
Langenzeit, die &#x017F;ie daheim hatten, und auch<lb/>
wegen dem Abendtrunk, den er die&#x017F;en Arbei-<lb/>
tern der Woche zweymal ver&#x017F;prechen ließ, an<lb/>
die&#x017F;e Arbeit. &#x2014; Und &#x017F;o kam er dahin, auf der<lb/>
einten Seite einen gro&#x017F;&#x017F;en Theil die&#x017F;er Dorf-<lb/>
leuthen dadurch, daß er &#x017F;ie zu einer be&#x017F;timmten<lb/>
Tagsarbeit brachte, nach und nach im Grund<lb/>
zu andern und zu be&#x017F;&#x017F;ern, und Haus&#x017F;itten anzu-<lb/>
ziehen &#x2014; und auf der andern Seite eben &#x017F;o<lb/>
dem Hauselend, das er mit dem Be&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en<lb/>
des Wirthshau&#x017F;es veranla&#x017F;&#x017F;et, abzuhelfen, und<lb/>
die armen Weiber, die &#x017F;either eine &#x017F;olche Roth<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[328/0350] §. 73. Hauptſachen fuͤr Leuthe, die ſich einfallen laſſen, ſie koͤnnten ein Dorf regieren. Es hatte recht. — Er war nicht der Mann, der um eine Unordnung abzuſtellen, eine neue anrichtete, und denn dieſe ſorgenlos ih- ren Weg gehen ließ. — Sobald er vernom- men, was die Wirthshauslumpen daheim fuͤr ein Leben fuͤhrten, dachte er auf Mittel, ſie den Tag uͤber aus ihren Haͤuſern wegzuloken, und oͤfnete zu dieſem Endzwek wenige Tage darauf die Torfgruben, die er in der Naͤhe von Bonnal hatte. Dadurch gab er mehr als 50 Tagloͤhnern einen guten Verdienſt, und die mei- ſten Wirthshauslumpen ſtuhnden wegen der Langenzeit, die ſie daheim hatten, und auch wegen dem Abendtrunk, den er dieſen Arbei- tern der Woche zweymal verſprechen ließ, an dieſe Arbeit. — Und ſo kam er dahin, auf der einten Seite einen groſſen Theil dieſer Dorf- leuthen dadurch, daß er ſie zu einer beſtimmten Tagsarbeit brachte, nach und nach im Grund zu andern und zu beſſern, und Hausſitten anzu- ziehen — und auf der andern Seite eben ſo dem Hauselend, das er mit dem Beſchlieſſen des Wirthshauſes veranlaſſet, abzuhelfen, und die armen Weiber, die ſeither eine ſolche Roth

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/350
Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785, S. 328. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/350>, abgerufen am 19.04.2024.