Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785.

Bild:
<< vorherige Seite

Wem das? sagte der Vater:

Aeh, -- den Fliegen, erwiederte der Bub;
weissest du noch, wie sie der Mutter selig ihr
grosses Creuz und ihre Himmels-Leitern so
schwarz gemacht, daß man kein Wort mehr
darinn hat lesen können?

Es ist gut, daß ihr keine Fliegen seyd, sagte
da der Vater und lachte, man würde euch auf
die Händ geben. --

§. 12.
Weiber-Künste gegen ein Weib.

Aber mehr als die Kinder, freuete es die
Gertrud, daß er seine Stube und sich sel-
ber so in Ordnung brachte; denn sie suchte
ihm eine Frau.

Sie stuhnd wohl eine Viertelstund vor dem
neuen Heiland, dem Nepomuk und dem Kö-
nig in Preussen und der Mutter Gottes zu,
und sagte, da sie jezt lange genug gesehen,
wenn ich jezt nur bald die Meyerin in diese
Stube hinein bringen könnte.

Es gerieth ihr bald; schon am Mitwo-
chen, da der Rudi am Samstag die Helgen
aufmachte, gieng sie vor seinem Haus vor-
bey; Gertrud that im Augenblik das Fenster
auf, rief ihr über die Gasse einen guten Tag
zu. --


Wem das? ſagte der Vater:

Aeh, — den Fliegen, erwiederte der Bub;
weiſſeſt du noch, wie ſie der Mutter ſelig ihr
groſſes Creuz und ihre Himmels-Leitern ſo
ſchwarz gemacht, daß man kein Wort mehr
darinn hat leſen koͤnnen?

Es iſt gut, daß ihr keine Fliegen ſeyd, ſagte
da der Vater und lachte, man wuͤrde euch auf
die Haͤnd geben. —

§. 12.
Weiber-Kuͤnſte gegen ein Weib.

Aber mehr als die Kinder, freuete es die
Gertrud, daß er ſeine Stube und ſich ſel-
ber ſo in Ordnung brachte; denn ſie ſuchte
ihm eine Frau.

Sie ſtuhnd wohl eine Viertelſtund vor dem
neuen Heiland, dem Nepomuk und dem Koͤ-
nig in Preuſſen und der Mutter Gottes zu,
und ſagte, da ſie jezt lange genug geſehen,
wenn ich jezt nur bald die Meyerin in dieſe
Stube hinein bringen koͤnnte.

Es gerieth ihr bald; ſchon am Mitwo-
chen, da der Rudi am Samſtag die Helgen
aufmachte, gieng ſie vor ſeinem Haus vor-
bey; Gertrud that im Augenblik das Fenſter
auf, rief ihr uͤber die Gaſſe einen guten Tag
zu. —


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0068" n="46"/>
        <p>Wem das? &#x017F;agte der Vater:</p><lb/>
        <p>Aeh, &#x2014; den Fliegen, erwiederte der Bub;<lb/>
wei&#x017F;&#x017F;e&#x017F;t du noch, wie &#x017F;ie der Mutter &#x017F;elig ihr<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;es Creuz und ihre Himmels-Leitern &#x017F;o<lb/>
&#x017F;chwarz gemacht, daß man kein Wort mehr<lb/>
darinn hat le&#x017F;en ko&#x0364;nnen?</p><lb/>
        <p>Es i&#x017F;t gut, daß ihr keine Fliegen &#x017F;eyd, &#x017F;agte<lb/>
da der Vater und lachte, man wu&#x0364;rde euch auf<lb/>
die Ha&#x0364;nd geben. &#x2014;</p>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head>§. 12.<lb/>
Weiber-Ku&#x0364;n&#x017F;te gegen ein Weib.</head><lb/>
        <p><hi rendition="#in">A</hi>ber mehr als die Kinder, freuete es die<lb/>
Gertrud, daß er &#x017F;eine Stube und &#x017F;ich &#x017F;el-<lb/>
ber &#x017F;o in Ordnung brachte; denn &#x017F;ie &#x017F;uchte<lb/>
ihm eine Frau.</p><lb/>
        <p>Sie &#x017F;tuhnd wohl eine Viertel&#x017F;tund vor dem<lb/>
neuen Heiland, dem Nepomuk und dem Ko&#x0364;-<lb/>
nig in Preu&#x017F;&#x017F;en und der Mutter Gottes zu,<lb/>
und &#x017F;agte, da &#x017F;ie jezt lange genug ge&#x017F;ehen,<lb/>
wenn ich jezt nur bald die Meyerin in die&#x017F;e<lb/>
Stube hinein bringen ko&#x0364;nnte.</p><lb/>
        <p>Es gerieth ihr bald; &#x017F;chon am Mitwo-<lb/>
chen, da der Rudi am Sam&#x017F;tag die Helgen<lb/>
aufmachte, gieng &#x017F;ie vor &#x017F;einem Haus vor-<lb/>
bey; Gertrud that im Augenblik das Fen&#x017F;ter<lb/>
auf, rief ihr u&#x0364;ber die Ga&#x017F;&#x017F;e einen guten Tag<lb/>
zu. &#x2014;</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[46/0068] Wem das? ſagte der Vater: Aeh, — den Fliegen, erwiederte der Bub; weiſſeſt du noch, wie ſie der Mutter ſelig ihr groſſes Creuz und ihre Himmels-Leitern ſo ſchwarz gemacht, daß man kein Wort mehr darinn hat leſen koͤnnen? Es iſt gut, daß ihr keine Fliegen ſeyd, ſagte da der Vater und lachte, man wuͤrde euch auf die Haͤnd geben. — §. 12. Weiber-Kuͤnſte gegen ein Weib. Aber mehr als die Kinder, freuete es die Gertrud, daß er ſeine Stube und ſich ſel- ber ſo in Ordnung brachte; denn ſie ſuchte ihm eine Frau. Sie ſtuhnd wohl eine Viertelſtund vor dem neuen Heiland, dem Nepomuk und dem Koͤ- nig in Preuſſen und der Mutter Gottes zu, und ſagte, da ſie jezt lange genug geſehen, wenn ich jezt nur bald die Meyerin in dieſe Stube hinein bringen koͤnnte. Es gerieth ihr bald; ſchon am Mitwo- chen, da der Rudi am Samſtag die Helgen aufmachte, gieng ſie vor ſeinem Haus vor- bey; Gertrud that im Augenblik das Fenſter auf, rief ihr uͤber die Gaſſe einen guten Tag zu. —

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/68
Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/68>, abgerufen am 23.04.2024.