Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850.

Bild:
<< vorherige Seite

Alexander's, hier, auf dem letzten Schauplatze seiner Thaten, wo er gewarnt wurde, Babylon nicht wieder zu betreten.

Statt des Pfeilers sah ich die Ruinen eines großen und mehrerer kleinen Kanäle. Der große Kanal verbindet den Euphrat mit dem Tigris, und alle insgesammt dienten einst zur Bewässerung des Landes, sind aber jetzt im Verfalle.

31. Mai. Noch nie hatte ich so zahlreiche Heerden Kamehle gesehen als heute, -- es mochten wohl mehr als 7 bis 8000 Stück gewesen sein. Da die meisten beinahe leer gingen und nur wenige Zelte, Weiber oder Kinder trugen, so war dies wahrscheinlich die Wanderung eines Stammes nach neuen fruchtbaren Stellen. Unter dieser ungeheuern Zahl sah ich nur wenige Kamehle, die an Weiße dem Schnee zu vergleichen waren. Diese werden von den Arabern sehr hoch geschätzt, ja beinahe als höhere Wesen verehrt. Am fernen Horizont erschienen die hochbeinigen Thiere wie Gruppen kleiner Bäume; ich hielt sie auch anfänglich dafür und war freudig überrascht, in dieser endlosen Wüste auf einige Vegetation zu stoßen. Allein der Wald kam gleich jenem in Shakspeare's Macbeth auf uns zu, die Stämme entwirrten sich zu Füßen, die Kronen zu Körpern.

Auch eine Vogelgattung bekam ich heute zu sehen, die mir ganz fremd war. Die Vögel glichen an Farbe und Größe den kleinen, grünen Pagageien, Peroquitos genannt; nur waren ihre Schnäbel etwas weniger krumm und dick. Sie wohnten wie die Erdmäuse in kleinen Erdlöchern. Ich sah sie haufenweise an zwei Orten in der

Alexander’s, hier, auf dem letzten Schauplatze seiner Thaten, wo er gewarnt wurde, Babylon nicht wieder zu betreten.

Statt des Pfeilers sah ich die Ruinen eines großen und mehrerer kleinen Kanäle. Der große Kanal verbindet den Euphrat mit dem Tigris, und alle insgesammt dienten einst zur Bewässerung des Landes, sind aber jetzt im Verfalle.

31. Mai. Noch nie hatte ich so zahlreiche Heerden Kamehle gesehen als heute, — es mochten wohl mehr als 7 bis 8000 Stück gewesen sein. Da die meisten beinahe leer gingen und nur wenige Zelte, Weiber oder Kinder trugen, so war dies wahrscheinlich die Wanderung eines Stammes nach neuen fruchtbaren Stellen. Unter dieser ungeheuern Zahl sah ich nur wenige Kamehle, die an Weiße dem Schnee zu vergleichen waren. Diese werden von den Arabern sehr hoch geschätzt, ja beinahe als höhere Wesen verehrt. Am fernen Horizont erschienen die hochbeinigen Thiere wie Gruppen kleiner Bäume; ich hielt sie auch anfänglich dafür und war freudig überrascht, in dieser endlosen Wüste auf einige Vegetation zu stoßen. Allein der Wald kam gleich jenem in Shakspeare’s Macbeth auf uns zu, die Stämme entwirrten sich zu Füßen, die Kronen zu Körpern.

Auch eine Vogelgattung bekam ich heute zu sehen, die mir ganz fremd war. Die Vögel glichen an Farbe und Größe den kleinen, grünen Pagageien, Peroquitos genannt; nur waren ihre Schnäbel etwas weniger krumm und dick. Sie wohnten wie die Erdmäuse in kleinen Erdlöchern. Ich sah sie haufenweise an zwei Orten in der

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0144" n="136"/>
Alexander&#x2019;s, hier, auf dem letzten Schauplatze seiner Thaten, wo er gewarnt wurde, <hi rendition="#aq">Babylon</hi> nicht wieder zu betreten.</p>
        <p>Statt des Pfeilers sah ich die Ruinen eines großen und mehrerer kleinen Kanäle. Der große Kanal verbindet den Euphrat mit dem Tigris, und alle insgesammt dienten einst zur Bewässerung des Landes, sind aber jetzt im Verfalle.</p>
        <p>31. Mai. Noch nie hatte ich so zahlreiche Heerden Kamehle gesehen als heute, &#x2014; es mochten wohl mehr als 7 bis 8000 Stück gewesen sein. Da die meisten beinahe leer gingen und nur wenige Zelte, Weiber oder Kinder trugen, so war dies wahrscheinlich die Wanderung eines Stammes nach neuen fruchtbaren Stellen. Unter dieser ungeheuern Zahl sah ich nur wenige Kamehle, die an Weiße dem Schnee zu vergleichen waren. Diese werden von den Arabern sehr hoch geschätzt, ja beinahe als höhere Wesen verehrt. Am fernen Horizont erschienen die hochbeinigen Thiere wie Gruppen kleiner Bäume; ich hielt sie auch anfänglich dafür und war freudig überrascht, in dieser endlosen Wüste auf einige Vegetation zu stoßen. Allein der Wald kam gleich jenem in Shakspeare&#x2019;s Macbeth auf uns zu, die Stämme entwirrten sich zu Füßen, die Kronen zu Körpern.</p>
        <p>Auch eine Vogelgattung bekam ich heute zu sehen, die mir ganz fremd war. Die Vögel glichen an Farbe und Größe den kleinen, grünen Pagageien, Peroquitos genannt; nur waren ihre Schnäbel etwas weniger krumm und dick. Sie wohnten wie die Erdmäuse in kleinen Erdlöchern. Ich sah sie haufenweise an zwei Orten in der
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[136/0144] Alexander’s, hier, auf dem letzten Schauplatze seiner Thaten, wo er gewarnt wurde, Babylon nicht wieder zu betreten. Statt des Pfeilers sah ich die Ruinen eines großen und mehrerer kleinen Kanäle. Der große Kanal verbindet den Euphrat mit dem Tigris, und alle insgesammt dienten einst zur Bewässerung des Landes, sind aber jetzt im Verfalle. 31. Mai. Noch nie hatte ich so zahlreiche Heerden Kamehle gesehen als heute, — es mochten wohl mehr als 7 bis 8000 Stück gewesen sein. Da die meisten beinahe leer gingen und nur wenige Zelte, Weiber oder Kinder trugen, so war dies wahrscheinlich die Wanderung eines Stammes nach neuen fruchtbaren Stellen. Unter dieser ungeheuern Zahl sah ich nur wenige Kamehle, die an Weiße dem Schnee zu vergleichen waren. Diese werden von den Arabern sehr hoch geschätzt, ja beinahe als höhere Wesen verehrt. Am fernen Horizont erschienen die hochbeinigen Thiere wie Gruppen kleiner Bäume; ich hielt sie auch anfänglich dafür und war freudig überrascht, in dieser endlosen Wüste auf einige Vegetation zu stoßen. Allein der Wald kam gleich jenem in Shakspeare’s Macbeth auf uns zu, die Stämme entwirrten sich zu Füßen, die Kronen zu Körpern. Auch eine Vogelgattung bekam ich heute zu sehen, die mir ganz fremd war. Die Vögel glichen an Farbe und Größe den kleinen, grünen Pagageien, Peroquitos genannt; nur waren ihre Schnäbel etwas weniger krumm und dick. Sie wohnten wie die Erdmäuse in kleinen Erdlöchern. Ich sah sie haufenweise an zwei Orten in der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Sophie: A digital library of works by german-speaking women: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-06-28T07:11:29Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition (2013-06-28T07:11:29Z)
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-06-28T07:11:29Z)

Weitere Informationen:

  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein
  • Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.) sind nicht konsequent wie in der Vorlage gekennzeichnet



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt03_1850
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt03_1850/144
Zitationshilfe: Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt03_1850/144>, abgerufen am 25.04.2024.