Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850.

Bild:
<< vorherige Seite

Außerhalb des Chanes oder auch oft in demselben halten sich meist einige arabische Familien auf, die das Geschäft der Wirthe vertreten und die Reisenden mit Kamehlmilch, Brod, schwarzem Kaffee und manchmal sogar mit Kamehl- oder Ziegenfleisch versehen. -- Ich fand die Kamehlmilch etwas schwer, das Fleisch aber so gut, daß ich es für Kuhfleisch aß und höchlich verwundert war, als mir mein Führer sagte, es sei Kamehlfleisch.

Wenn Reisende mit einem Firman (Empfehlungsschrift) eines Pascha's versehen sind, so müssen sie auf ihr Verlangen ein oder mehrere berittene Soldaten (die Soldaten in den Chanen haben alle Pferde) an gefährlichen Orten und zu gefährlichen Zeiten von einem Chan bis zum andern unentgeltlich begleiten. Ich hatte solch einen Firman bei mir und machte auch in der Nachtzeit Gebrauch davon.

Zeitlich des Nachmittags näherten wir uns der Stadt Hilla, die jetzt einen Theil des Raumes einnimmt, der einst zu Babylon gehörte. Schöne Dattelwaldungen verkündeten von ferne die bewohnte Gegend, verbargen uns aber den Anblick der Stadt.

Vier Meilen vor Hilla bogen wir rechts vom Wege ab und befanden uns bald zwischen ungeheuren Massen, zwischen Bergen von Mauerschutt und Ziegelhaufen. Diese Ruinen nennen die Araber Mujellibe. Der größte unter den Ziegel- und Schuttbergen hat einen Umfang von 2110 Fuß und eine Höhe von 141 Fuß.

Babylon war, wie bekannt, eine der größten Städte der Welt. Ueber ihren Gründer herrschen verschiedene Meinungen. Einige nennen Ninus, andere Belus,

Außerhalb des Chanes oder auch oft in demselben halten sich meist einige arabische Familien auf, die das Geschäft der Wirthe vertreten und die Reisenden mit Kamehlmilch, Brod, schwarzem Kaffee und manchmal sogar mit Kamehl- oder Ziegenfleisch versehen. — Ich fand die Kamehlmilch etwas schwer, das Fleisch aber so gut, daß ich es für Kuhfleisch aß und höchlich verwundert war, als mir mein Führer sagte, es sei Kamehlfleisch.

Wenn Reisende mit einem Firman (Empfehlungsschrift) eines Pascha’s versehen sind, so müssen sie auf ihr Verlangen ein oder mehrere berittene Soldaten (die Soldaten in den Chanen haben alle Pferde) an gefährlichen Orten und zu gefährlichen Zeiten von einem Chan bis zum andern unentgeltlich begleiten. Ich hatte solch einen Firman bei mir und machte auch in der Nachtzeit Gebrauch davon.

Zeitlich des Nachmittags näherten wir uns der Stadt Hilla, die jetzt einen Theil des Raumes einnimmt, der einst zu Babylon gehörte. Schöne Dattelwaldungen verkündeten von ferne die bewohnte Gegend, verbargen uns aber den Anblick der Stadt.

Vier Meilen vor Hilla bogen wir rechts vom Wege ab und befanden uns bald zwischen ungeheuren Massen, zwischen Bergen von Mauerschutt und Ziegelhaufen. Diese Ruinen nennen die Araber Mujellibé. Der größte unter den Ziegel- und Schuttbergen hat einen Umfang von 2110 Fuß und eine Höhe von 141 Fuß.

Babylon war, wie bekannt, eine der größten Städte der Welt. Ueber ihren Gründer herrschen verschiedene Meinungen. Einige nennen Ninus, andere Belus,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0146" n="138"/>
        <p>Außerhalb des Chanes oder auch oft in demselben halten sich meist einige arabische Familien auf, die das Geschäft der Wirthe vertreten und die Reisenden mit Kamehlmilch, Brod, schwarzem Kaffee und manchmal sogar mit Kamehl- oder Ziegenfleisch versehen. &#x2014; Ich fand die Kamehlmilch etwas schwer, das Fleisch aber so gut, daß ich es für Kuhfleisch aß und höchlich verwundert war, als mir mein Führer sagte, es sei Kamehlfleisch.</p>
        <p>Wenn Reisende mit einem Firman (Empfehlungsschrift) eines Pascha&#x2019;s versehen sind, so müssen sie auf ihr Verlangen ein oder mehrere berittene Soldaten (die Soldaten in den Chanen haben alle Pferde) an gefährlichen Orten und zu gefährlichen Zeiten von einem Chan bis zum andern unentgeltlich begleiten. Ich hatte solch einen Firman bei mir und machte auch in der Nachtzeit Gebrauch davon.</p>
        <p>Zeitlich des Nachmittags näherten wir uns der Stadt <hi rendition="#aq">Hilla</hi>, die jetzt einen Theil des Raumes einnimmt, der einst zu <hi rendition="#aq">Babylon</hi> gehörte. Schöne Dattelwaldungen verkündeten von ferne die bewohnte Gegend, verbargen uns aber den Anblick der Stadt.</p>
        <p>Vier Meilen vor <hi rendition="#aq">Hilla</hi> bogen wir rechts vom Wege ab und befanden uns bald zwischen ungeheuren Massen, zwischen Bergen von Mauerschutt und Ziegelhaufen. Diese Ruinen nennen die Araber <hi rendition="#aq">Mujellibé</hi>. Der größte unter den Ziegel- und Schuttbergen hat einen Umfang von 2110 Fuß und eine Höhe von 141 Fuß.</p>
        <p><hi rendition="#aq">Babylon</hi> war, wie bekannt, eine der größten Städte der Welt. Ueber ihren Gründer herrschen verschiedene Meinungen. Einige nennen <hi rendition="#aq">Ninus</hi>, andere Belus,
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[138/0146] Außerhalb des Chanes oder auch oft in demselben halten sich meist einige arabische Familien auf, die das Geschäft der Wirthe vertreten und die Reisenden mit Kamehlmilch, Brod, schwarzem Kaffee und manchmal sogar mit Kamehl- oder Ziegenfleisch versehen. — Ich fand die Kamehlmilch etwas schwer, das Fleisch aber so gut, daß ich es für Kuhfleisch aß und höchlich verwundert war, als mir mein Führer sagte, es sei Kamehlfleisch. Wenn Reisende mit einem Firman (Empfehlungsschrift) eines Pascha’s versehen sind, so müssen sie auf ihr Verlangen ein oder mehrere berittene Soldaten (die Soldaten in den Chanen haben alle Pferde) an gefährlichen Orten und zu gefährlichen Zeiten von einem Chan bis zum andern unentgeltlich begleiten. Ich hatte solch einen Firman bei mir und machte auch in der Nachtzeit Gebrauch davon. Zeitlich des Nachmittags näherten wir uns der Stadt Hilla, die jetzt einen Theil des Raumes einnimmt, der einst zu Babylon gehörte. Schöne Dattelwaldungen verkündeten von ferne die bewohnte Gegend, verbargen uns aber den Anblick der Stadt. Vier Meilen vor Hilla bogen wir rechts vom Wege ab und befanden uns bald zwischen ungeheuren Massen, zwischen Bergen von Mauerschutt und Ziegelhaufen. Diese Ruinen nennen die Araber Mujellibé. Der größte unter den Ziegel- und Schuttbergen hat einen Umfang von 2110 Fuß und eine Höhe von 141 Fuß. Babylon war, wie bekannt, eine der größten Städte der Welt. Ueber ihren Gründer herrschen verschiedene Meinungen. Einige nennen Ninus, andere Belus,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Sophie: A digital library of works by german-speaking women: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-06-28T07:11:29Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition (2013-06-28T07:11:29Z)
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-06-28T07:11:29Z)

Weitere Informationen:

  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein
  • Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.) sind nicht konsequent wie in der Vorlage gekennzeichnet



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt03_1850
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt03_1850/146
Zitationshilfe: Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt03_1850/146>, abgerufen am 29.03.2024.