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Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850.

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nichts zu Leide, schalt sie nicht einmal aus und ließ sich von ihnen jede Unart gefallen. Sobald aber das Kind heran gewachsen ist, kömmt an es die Reihe, der Eltern Schwächen zu ertragen, welches dann ebenfalls mit Geduld und Achtung geschieht.

Zu meinem großen Erstaunen hörte ich hier die Kinder die Mutter Mama oder Nana, den Vater Baba und die Großmutter Ete oder Eti nennen.

Die Weiber lagen den ganzen lieben Tag über auf der faulen Haut, nur Abends bequemten sie sich, das Geschäft des Brodbackens zu verrichten.

Ihre Tracht fand ich ganz besonders ungeschickt und unbequem. Die Aermel der Hemden waren so weit, daß sie eine halbe Elle vom Arme abstanden; noch weiter waren jene des Kaftans. Bei der geringsten Arbeit mußten sie sie entweder um die Arme wickeln oder hinter dem Rücken zu einem Knoten verschlingen. Natürlich lösten sie sich alle Augenblicke wieder los und verursachten Aufenthalt und Störung in der Arbeit. Zudem nahmen es die guten Leute mit der Reinlichkeit nicht zu genau und bedienten sich ihrer Aermel sowohl zum reinigen der Nase als auch zum abwischen der Löffel und des Geschirres. Nicht minder unzweckmäßig war die Bedeckung des Kopfes: derselbe wird zuerst in ein großes, doppelt zusammengelegtes Tuch geschlagen, darüber windet man zwei andere und ein viertes wird über das Ganze geworfen.

Wir hielten uns leider zwei Tage hier auf. Den ersten Tag hatte ich viel zu leiden: die Weiber der ganzen Nachbarschaft kamen herbei, mich, die Fremde, zu beschauen. Erst fingen sie an, meine Kleider zu untersuchen, dann

nichts zu Leide, schalt sie nicht einmal aus und ließ sich von ihnen jede Unart gefallen. Sobald aber das Kind heran gewachsen ist, kömmt an es die Reihe, der Eltern Schwächen zu ertragen, welches dann ebenfalls mit Geduld und Achtung geschieht.

Zu meinem großen Erstaunen hörte ich hier die Kinder die Mutter Máma oder Nána, den Vater Bába und die Großmutter Eté oder Eti nennen.

Die Weiber lagen den ganzen lieben Tag über auf der faulen Haut, nur Abends bequemten sie sich, das Geschäft des Brodbackens zu verrichten.

Ihre Tracht fand ich ganz besonders ungeschickt und unbequem. Die Aermel der Hemden waren so weit, daß sie eine halbe Elle vom Arme abstanden; noch weiter waren jene des Kaftans. Bei der geringsten Arbeit mußten sie sie entweder um die Arme wickeln oder hinter dem Rücken zu einem Knoten verschlingen. Natürlich lösten sie sich alle Augenblicke wieder los und verursachten Aufenthalt und Störung in der Arbeit. Zudem nahmen es die guten Leute mit der Reinlichkeit nicht zu genau und bedienten sich ihrer Aermel sowohl zum reinigen der Nase als auch zum abwischen der Löffel und des Geschirres. Nicht minder unzweckmäßig war die Bedeckung des Kopfes: derselbe wird zuerst in ein großes, doppelt zusammengelegtes Tuch geschlagen, darüber windet man zwei andere und ein viertes wird über das Ganze geworfen.

Wir hielten uns leider zwei Tage hier auf. Den ersten Tag hatte ich viel zu leiden: die Weiber der ganzen Nachbarschaft kamen herbei, mich, die Fremde, zu beschauen. Erst fingen sie an, meine Kleider zu untersuchen, dann

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[157/0165] nichts zu Leide, schalt sie nicht einmal aus und ließ sich von ihnen jede Unart gefallen. Sobald aber das Kind heran gewachsen ist, kömmt an es die Reihe, der Eltern Schwächen zu ertragen, welches dann ebenfalls mit Geduld und Achtung geschieht. Zu meinem großen Erstaunen hörte ich hier die Kinder die Mutter Máma oder Nána, den Vater Bába und die Großmutter Eté oder Eti nennen. Die Weiber lagen den ganzen lieben Tag über auf der faulen Haut, nur Abends bequemten sie sich, das Geschäft des Brodbackens zu verrichten. Ihre Tracht fand ich ganz besonders ungeschickt und unbequem. Die Aermel der Hemden waren so weit, daß sie eine halbe Elle vom Arme abstanden; noch weiter waren jene des Kaftans. Bei der geringsten Arbeit mußten sie sie entweder um die Arme wickeln oder hinter dem Rücken zu einem Knoten verschlingen. Natürlich lösten sie sich alle Augenblicke wieder los und verursachten Aufenthalt und Störung in der Arbeit. Zudem nahmen es die guten Leute mit der Reinlichkeit nicht zu genau und bedienten sich ihrer Aermel sowohl zum reinigen der Nase als auch zum abwischen der Löffel und des Geschirres. Nicht minder unzweckmäßig war die Bedeckung des Kopfes: derselbe wird zuerst in ein großes, doppelt zusammengelegtes Tuch geschlagen, darüber windet man zwei andere und ein viertes wird über das Ganze geworfen. Wir hielten uns leider zwei Tage hier auf. Den ersten Tag hatte ich viel zu leiden: die Weiber der ganzen Nachbarschaft kamen herbei, mich, die Fremde, zu beschauen. Erst fingen sie an, meine Kleider zu untersuchen, dann

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Zitationshilfe: Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt03_1850/165>, abgerufen am 23.04.2024.