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Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850.

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dafür aber naschten Weiber und Kinder beständig Brot, Gurken, Melonen und Buttermilch. Abends wurde viel gebadet und alles wusch sich Hände, Gesicht und Füße, welche Ceremonie oft drei- bis viermal vor dem Gebete wiederholt wurde; allein an wahrer Andacht fehlte es dennoch: mitten im Gebete schwatzten sie rechts und links. Geht es doch bei uns im allgemeinen auch nicht anders!

Ungeachtet all der großen und groben Fehler fand ich diese Menschen dennoch sehr gutmüthig: sie ließen sich gerne belehren, sahen ihre Fehler ein und gaben mir stets Recht, wenn ich ihnen etwas sagte und erklärte. So z. B. war die kleine Ascha, ein Mädchen von sieben Jahren, sehr ungezogen. Wenn man ihr etwas versagte, warf sie sich gleich zur Erde, heulte jämmerlich, wühlte in Koth und Schmutz herum und betastete mit den beschmutzten Händen Brot, Melone u. s. w. Ich versuchte dem Kinde seine Unarten begreiflich zu machen, und es gelang mir wider Erwarten. Ich gebehrdete mich nämlich gerade wie es selbst. Das Kind sah mich ganz erstaunt an, worauf ich es dann frug, ob ihm dies gefallen habe. Das Kind sah das häßliche davon ein, und selten hatte ich mehr nöthig, ihm nachzuäffen. Eben so hielt ich es zur Reinlichkeit an. Alsbald wusch es sich fleißig und kam dann fröhlich gesprungen, mir Gesichtchen und Händchen zu zeigen. Das Kind gewann mich in den wenigen Tagen so lieb, daß es mir nicht von der Seite ging und mir auf alle Arten Freude zu machen suchte.

Nicht minder glücklich war ich mit den Weibern; ich wies auf ihre zerrissenen Kleider, holte Nadel und Zwirn herbei und lehrte sie, selbe zu flicken und auszubessern.

dafür aber naschten Weiber und Kinder beständig Brot, Gurken, Melonen und Buttermilch. Abends wurde viel gebadet und alles wusch sich Hände, Gesicht und Füße, welche Ceremonie oft drei- bis viermal vor dem Gebete wiederholt wurde; allein an wahrer Andacht fehlte es dennoch: mitten im Gebete schwatzten sie rechts und links. Geht es doch bei uns im allgemeinen auch nicht anders!

Ungeachtet all der großen und groben Fehler fand ich diese Menschen dennoch sehr gutmüthig: sie ließen sich gerne belehren, sahen ihre Fehler ein und gaben mir stets Recht, wenn ich ihnen etwas sagte und erklärte. So z. B. war die kleine Ascha, ein Mädchen von sieben Jahren, sehr ungezogen. Wenn man ihr etwas versagte, warf sie sich gleich zur Erde, heulte jämmerlich, wühlte in Koth und Schmutz herum und betastete mit den beschmutzten Händen Brot, Melone u. s. w. Ich versuchte dem Kinde seine Unarten begreiflich zu machen, und es gelang mir wider Erwarten. Ich gebehrdete mich nämlich gerade wie es selbst. Das Kind sah mich ganz erstaunt an, worauf ich es dann frug, ob ihm dies gefallen habe. Das Kind sah das häßliche davon ein, und selten hatte ich mehr nöthig, ihm nachzuäffen. Eben so hielt ich es zur Reinlichkeit an. Alsbald wusch es sich fleißig und kam dann fröhlich gesprungen, mir Gesichtchen und Händchen zu zeigen. Das Kind gewann mich in den wenigen Tagen so lieb, daß es mir nicht von der Seite ging und mir auf alle Arten Freude zu machen suchte.

Nicht minder glücklich war ich mit den Weibern; ich wies auf ihre zerrissenen Kleider, holte Nadel und Zwirn herbei und lehrte sie, selbe zu flicken und auszubessern.

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dafür aber naschten Weiber und Kinder beständig Brot, Gurken, Melonen und Buttermilch. Abends wurde viel gebadet und alles wusch sich Hände, Gesicht und Füße, welche Ceremonie oft drei- bis viermal vor dem Gebete wiederholt wurde; allein an wahrer Andacht fehlte es dennoch: mitten im Gebete schwatzten sie rechts und links. Geht es doch bei uns im allgemeinen auch nicht anders!</p>
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[187/0195] dafür aber naschten Weiber und Kinder beständig Brot, Gurken, Melonen und Buttermilch. Abends wurde viel gebadet und alles wusch sich Hände, Gesicht und Füße, welche Ceremonie oft drei- bis viermal vor dem Gebete wiederholt wurde; allein an wahrer Andacht fehlte es dennoch: mitten im Gebete schwatzten sie rechts und links. Geht es doch bei uns im allgemeinen auch nicht anders! Ungeachtet all der großen und groben Fehler fand ich diese Menschen dennoch sehr gutmüthig: sie ließen sich gerne belehren, sahen ihre Fehler ein und gaben mir stets Recht, wenn ich ihnen etwas sagte und erklärte. So z. B. war die kleine Ascha, ein Mädchen von sieben Jahren, sehr ungezogen. Wenn man ihr etwas versagte, warf sie sich gleich zur Erde, heulte jämmerlich, wühlte in Koth und Schmutz herum und betastete mit den beschmutzten Händen Brot, Melone u. s. w. Ich versuchte dem Kinde seine Unarten begreiflich zu machen, und es gelang mir wider Erwarten. Ich gebehrdete mich nämlich gerade wie es selbst. Das Kind sah mich ganz erstaunt an, worauf ich es dann frug, ob ihm dies gefallen habe. Das Kind sah das häßliche davon ein, und selten hatte ich mehr nöthig, ihm nachzuäffen. Eben so hielt ich es zur Reinlichkeit an. Alsbald wusch es sich fleißig und kam dann fröhlich gesprungen, mir Gesichtchen und Händchen zu zeigen. Das Kind gewann mich in den wenigen Tagen so lieb, daß es mir nicht von der Seite ging und mir auf alle Arten Freude zu machen suchte. Nicht minder glücklich war ich mit den Weibern; ich wies auf ihre zerrissenen Kleider, holte Nadel und Zwirn herbei und lehrte sie, selbe zu flicken und auszubessern.

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Zitationshilfe: Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt03_1850/195>, abgerufen am 28.03.2024.