Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850.

Bild:
<< vorherige Seite

geleiteten einige Sklavinnen zur Vicekönigin. Oben an der Treppe angelangt, zog ich die Schuhe aus und trat in ein kleines, freundliches Zimmer, dessen Seitenwände beinahe ganz aus hohen Fenstern bestanden. Die fünfzehnjährige Vicekönigin saß auf einem einfachen Lehnstuhle, unweit von ihr stand eine Matrone, die Duenna des Harems, und für mich war ein Lehnstuhl gegenüber der Prinzessin bereit.

Ich hatte das Glück, ausgezeichnet gut empfangen zu werden. Dr. Calosani hatte mich nämlich als Schriftstellerin ausgegeben und hinzu gefügt, daß ich die Erlebnisse dieser Reise veröffentlichen werde. Die Prinzessin ließ sich erkundigen, ob ich auch ihrer erwähnen würde, und als man ihr dieß bejahete, beschloß sie, sich im vollen Schmucke zu zeigen, um mir einen Begriff von der reichen und kostbaren Tracht ihres Landes zu geben.

Die jugendliche Prinzessin hatte Beinkleider von schwerem Seidenstoffe an, die so faltenreich waren, daß sie dicht und steif standen, wie die Reifröcke aus unserer guten alten Zeit. Derlei Beinkleider haben eine Weite von zwanzig bis fünfundzwanzig Ellen, und reichen bis an die Knöchel. Den Oberkörper deckte bis an die Hüften ein Leibchen, das sich aber nicht fest an den Körper anschloß, sechs Zoll lange Klappen oder Schöße saßen noch daran. Die Aermel waren lang, enge und umschließend, und hatten unten handbreite Besetze, die übergeschlagen werden konnten. Auch dieses Kleidungsstück glich den Corseten zur Zeit der Reifröcke. Des Corset war von schwerem Seidenstoffe und rund herum an den Kanten in farbiger Seide und Gold kostbar und zugleich sehr künstlich

geleiteten einige Sklavinnen zur Vicekönigin. Oben an der Treppe angelangt, zog ich die Schuhe aus und trat in ein kleines, freundliches Zimmer, dessen Seitenwände beinahe ganz aus hohen Fenstern bestanden. Die fünfzehnjährige Vicekönigin saß auf einem einfachen Lehnstuhle, unweit von ihr stand eine Matrone, die Duenna des Harems, und für mich war ein Lehnstuhl gegenüber der Prinzessin bereit.

Ich hatte das Glück, ausgezeichnet gut empfangen zu werden. Dr. Calosani hatte mich nämlich als Schriftstellerin ausgegeben und hinzu gefügt, daß ich die Erlebnisse dieser Reise veröffentlichen werde. Die Prinzessin ließ sich erkundigen, ob ich auch ihrer erwähnen würde, und als man ihr dieß bejahete, beschloß sie, sich im vollen Schmucke zu zeigen, um mir einen Begriff von der reichen und kostbaren Tracht ihres Landes zu geben.

Die jugendliche Prinzessin hatte Beinkleider von schwerem Seidenstoffe an, die so faltenreich waren, daß sie dicht und steif standen, wie die Reifröcke aus unserer guten alten Zeit. Derlei Beinkleider haben eine Weite von zwanzig bis fünfundzwanzig Ellen, und reichen bis an die Knöchel. Den Oberkörper deckte bis an die Hüften ein Leibchen, das sich aber nicht fest an den Körper anschloß, sechs Zoll lange Klappen oder Schöße saßen noch daran. Die Aermel waren lang, enge und umschließend, und hatten unten handbreite Besetze, die übergeschlagen werden konnten. Auch dieses Kleidungsstück glich den Corseten zur Zeit der Reifröcke. Des Corset war von schwerem Seidenstoffe und rund herum an den Kanten in farbiger Seide und Gold kostbar und zugleich sehr künstlich

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0235" n="227"/>
geleiteten einige Sklavinnen zur Vicekönigin. Oben an der Treppe angelangt, zog ich die Schuhe aus und trat in ein kleines, freundliches Zimmer, dessen Seitenwände beinahe ganz aus hohen Fenstern bestanden. Die fünfzehnjährige Vicekönigin saß auf einem einfachen Lehnstuhle, unweit von ihr stand eine Matrone, die Duenna des Harems, und für mich war ein Lehnstuhl gegenüber der Prinzessin bereit.</p>
        <p>Ich hatte das Glück, ausgezeichnet gut empfangen zu werden. Dr. Calosani hatte mich nämlich als Schriftstellerin ausgegeben und hinzu gefügt, daß ich die Erlebnisse dieser Reise veröffentlichen werde. Die Prinzessin ließ sich erkundigen, ob ich auch ihrer erwähnen würde, und als man ihr dieß bejahete, beschloß sie, sich im vollen Schmucke zu zeigen, um mir einen Begriff von der reichen und kostbaren Tracht ihres Landes zu geben.</p>
        <p>Die jugendliche Prinzessin hatte Beinkleider von schwerem Seidenstoffe an, die so faltenreich waren, daß sie dicht und steif standen, wie die Reifröcke aus unserer guten alten Zeit. Derlei Beinkleider haben eine Weite von zwanzig bis fünfundzwanzig Ellen, und reichen bis an die Knöchel. Den Oberkörper deckte bis an die Hüften ein Leibchen, das sich aber nicht fest an den Körper anschloß, sechs Zoll lange Klappen oder Schöße saßen noch daran. Die Aermel waren lang, enge und umschließend, und hatten unten handbreite Besetze, die übergeschlagen werden konnten. Auch dieses Kleidungsstück glich den Corseten zur Zeit der Reifröcke. Des Corset war von schwerem Seidenstoffe und rund herum an den Kanten in farbiger Seide und Gold kostbar und zugleich sehr künstlich
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[227/0235] geleiteten einige Sklavinnen zur Vicekönigin. Oben an der Treppe angelangt, zog ich die Schuhe aus und trat in ein kleines, freundliches Zimmer, dessen Seitenwände beinahe ganz aus hohen Fenstern bestanden. Die fünfzehnjährige Vicekönigin saß auf einem einfachen Lehnstuhle, unweit von ihr stand eine Matrone, die Duenna des Harems, und für mich war ein Lehnstuhl gegenüber der Prinzessin bereit. Ich hatte das Glück, ausgezeichnet gut empfangen zu werden. Dr. Calosani hatte mich nämlich als Schriftstellerin ausgegeben und hinzu gefügt, daß ich die Erlebnisse dieser Reise veröffentlichen werde. Die Prinzessin ließ sich erkundigen, ob ich auch ihrer erwähnen würde, und als man ihr dieß bejahete, beschloß sie, sich im vollen Schmucke zu zeigen, um mir einen Begriff von der reichen und kostbaren Tracht ihres Landes zu geben. Die jugendliche Prinzessin hatte Beinkleider von schwerem Seidenstoffe an, die so faltenreich waren, daß sie dicht und steif standen, wie die Reifröcke aus unserer guten alten Zeit. Derlei Beinkleider haben eine Weite von zwanzig bis fünfundzwanzig Ellen, und reichen bis an die Knöchel. Den Oberkörper deckte bis an die Hüften ein Leibchen, das sich aber nicht fest an den Körper anschloß, sechs Zoll lange Klappen oder Schöße saßen noch daran. Die Aermel waren lang, enge und umschließend, und hatten unten handbreite Besetze, die übergeschlagen werden konnten. Auch dieses Kleidungsstück glich den Corseten zur Zeit der Reifröcke. Des Corset war von schwerem Seidenstoffe und rund herum an den Kanten in farbiger Seide und Gold kostbar und zugleich sehr künstlich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Sophie: A digital library of works by german-speaking women: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-06-28T07:11:29Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition (2013-06-28T07:11:29Z)
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-06-28T07:11:29Z)

Weitere Informationen:

  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein
  • Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.) sind nicht konsequent wie in der Vorlage gekennzeichnet



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt03_1850
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt03_1850/235
Zitationshilfe: Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt03_1850/235>, abgerufen am 20.04.2024.