Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850.

Bild:
<< vorherige Seite

Es ist dieß jeoch nicht sein täglicher Anzug; es soll in Hinsicht der Moden öfter wechseln als seine Gemahlin, und sich bald der persischen Tracht bedienen, bald in Kaschmir-Shawls hüllen, je nach Laune.

Ich würde dem Vicekönig wenigstens zwei und zwanzig Jahre gegeben haben. Er hat eine gelbliche, blasse Gesichtsfarbe und durchaus keine anziehende, gutmüthige oder geistvolle Miene, sieht niemanden gerade und offen ins Gesicht, und sein Blick ist böse und den Menschen ausweichend. Ich bedauerte in Gedanken alles, was seiner Macht unterthan ist, -- ich würde es vorziehen, eine arme Bauersfrau als seine erste Gemalin zu sein.

Der Prinz stellte viele Fragen an mich, die mir Dr. Casolani, der einige Schritte von uns entfernt stand, verdolmetschte. Die Fragen waren durchaus nicht ausgezeichnet, größtentheils Gemeinplätze über das Reisen. -- Der Prinz kann in seiner Muttersprache lesen und schreiben, auch soll er einige Begriffe von Geographie und Geschichte haben. Er hält einige europäische Zeitungen und Zeitschriften, aus welchen der Dolmetsch Auszüge machen und vortragen muß. Bei den jetzigen großen Umwälzungen in Europa*) soll er sich geäußert haben, daß die europäischen Monarchen sehr gut, aber ganz außerordentlich dumm sein müßten, indem sie sich so leicht vom Throne jagen ließen. Er meinte, das Ding würde ganz anders gegangen sein, wenn sie tüchtig hätten stranguliren und köpfen lassen. -- Was Hinrichtungen und Bestrafungen

*) Am 24. Februar die Republik in Frankreich; -- am 15. März die Constitution in Oesterreich, u. s. w.

Es ist dieß jeoch nicht sein täglicher Anzug; es soll in Hinsicht der Moden öfter wechseln als seine Gemahlin, und sich bald der persischen Tracht bedienen, bald in Kaschmir-Shawls hüllen, je nach Laune.

Ich würde dem Vicekönig wenigstens zwei und zwanzig Jahre gegeben haben. Er hat eine gelbliche, blasse Gesichtsfarbe und durchaus keine anziehende, gutmüthige oder geistvolle Miene, sieht niemanden gerade und offen ins Gesicht, und sein Blick ist böse und den Menschen ausweichend. Ich bedauerte in Gedanken alles, was seiner Macht unterthan ist, — ich würde es vorziehen, eine arme Bauersfrau als seine erste Gemalin zu sein.

Der Prinz stellte viele Fragen an mich, die mir Dr. Casolani, der einige Schritte von uns entfernt stand, verdolmetschte. Die Fragen waren durchaus nicht ausgezeichnet, größtentheils Gemeinplätze über das Reisen. — Der Prinz kann in seiner Muttersprache lesen und schreiben, auch soll er einige Begriffe von Geographie und Geschichte haben. Er hält einige europäische Zeitungen und Zeitschriften, aus welchen der Dolmetsch Auszüge machen und vortragen muß. Bei den jetzigen großen Umwälzungen in Europa*) soll er sich geäußert haben, daß die europäischen Monarchen sehr gut, aber ganz außerordentlich dumm sein müßten, indem sie sich so leicht vom Throne jagen ließen. Er meinte, das Ding würde ganz anders gegangen sein, wenn sie tüchtig hätten stranguliren und köpfen lassen. — Was Hinrichtungen und Bestrafungen

*) Am 24. Februar die Republik in Frankreich; — am 15. März die Constitution in Oesterreich, u. s. w.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0238" n="230"/>
Es ist dieß jeoch nicht sein täglicher Anzug; es soll in Hinsicht der Moden öfter wechseln als seine Gemahlin, und sich bald der persischen Tracht bedienen, bald in Kaschmir-Shawls hüllen, je nach Laune.</p>
        <p>Ich würde dem Vicekönig wenigstens zwei und zwanzig Jahre gegeben haben. Er hat eine gelbliche, blasse Gesichtsfarbe und durchaus keine anziehende, gutmüthige oder geistvolle Miene, sieht niemanden gerade und offen ins Gesicht, und sein Blick ist böse und den Menschen ausweichend. Ich bedauerte in Gedanken alles, was seiner Macht unterthan ist, &#x2014; ich würde es vorziehen, eine arme Bauersfrau als seine erste Gemalin zu sein.</p>
        <p>Der Prinz stellte viele Fragen an mich, die mir Dr. Casolani, der einige Schritte von uns entfernt stand, verdolmetschte. Die Fragen waren durchaus nicht ausgezeichnet, größtentheils Gemeinplätze über das Reisen. &#x2014; Der Prinz kann in seiner Muttersprache lesen und schreiben, auch soll er einige Begriffe von Geographie und Geschichte haben. Er hält einige europäische Zeitungen und Zeitschriften, aus welchen der Dolmetsch Auszüge machen und vortragen muß. Bei den jetzigen großen Umwälzungen in Europa<note place="foot" n="*)">Am 24. Februar die Republik in Frankreich; &#x2014; am 15. März die Constitution in Oesterreich, u. s. w.</note> soll er sich geäußert haben, daß die europäischen Monarchen sehr gut, aber ganz außerordentlich dumm sein müßten, indem sie sich so leicht vom Throne jagen ließen. Er meinte, das Ding würde ganz anders gegangen sein, wenn sie tüchtig hätten stranguliren und köpfen lassen. &#x2014; Was Hinrichtungen und Bestrafungen
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[230/0238] Es ist dieß jeoch nicht sein täglicher Anzug; es soll in Hinsicht der Moden öfter wechseln als seine Gemahlin, und sich bald der persischen Tracht bedienen, bald in Kaschmir-Shawls hüllen, je nach Laune. Ich würde dem Vicekönig wenigstens zwei und zwanzig Jahre gegeben haben. Er hat eine gelbliche, blasse Gesichtsfarbe und durchaus keine anziehende, gutmüthige oder geistvolle Miene, sieht niemanden gerade und offen ins Gesicht, und sein Blick ist böse und den Menschen ausweichend. Ich bedauerte in Gedanken alles, was seiner Macht unterthan ist, — ich würde es vorziehen, eine arme Bauersfrau als seine erste Gemalin zu sein. Der Prinz stellte viele Fragen an mich, die mir Dr. Casolani, der einige Schritte von uns entfernt stand, verdolmetschte. Die Fragen waren durchaus nicht ausgezeichnet, größtentheils Gemeinplätze über das Reisen. — Der Prinz kann in seiner Muttersprache lesen und schreiben, auch soll er einige Begriffe von Geographie und Geschichte haben. Er hält einige europäische Zeitungen und Zeitschriften, aus welchen der Dolmetsch Auszüge machen und vortragen muß. Bei den jetzigen großen Umwälzungen in Europa *) soll er sich geäußert haben, daß die europäischen Monarchen sehr gut, aber ganz außerordentlich dumm sein müßten, indem sie sich so leicht vom Throne jagen ließen. Er meinte, das Ding würde ganz anders gegangen sein, wenn sie tüchtig hätten stranguliren und köpfen lassen. — Was Hinrichtungen und Bestrafungen *) Am 24. Februar die Republik in Frankreich; — am 15. März die Constitution in Oesterreich, u. s. w.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Sophie: A digital library of works by german-speaking women: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-06-28T07:11:29Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition (2013-06-28T07:11:29Z)
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-06-28T07:11:29Z)

Weitere Informationen:

  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein
  • Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.) sind nicht konsequent wie in der Vorlage gekennzeichnet



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt03_1850
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt03_1850/238
Zitationshilfe: Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt03_1850/238>, abgerufen am 28.03.2024.