Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850.

Bild:
<< vorherige Seite

schon ziemlich ausgeartet seien, und daß Trägheit, Betrug, Unreinlichkeit, Trunkenheit u. s. w. unter ihnen nicht minder hersche als in den russischen Ansiedlungen.

Um drei Uhr Nachmittag verließ ich Tiflis. Gleich außerhalb der Stadt steht an der Straße ein in Metall gegossenes Kreuz mit dem Auge Gottes, auf einem Fußgestelle von geschliffenen Granit, das mit einem eisernen Geländer umgeben ist. Eine Inschrift verkündet, daß im Jahre 1837, am 12. October, Se. kaiserliche Majestät allhier umgeworfen habe, daß Allerhöchst dieselben jedoch unbeschädiget davon gekommen seien. -- "Gesetzt von den dankerfüllten Unterthanen."

Diese Begebenheit scheint also eine der merkwürdigsten in des hohen Herrschers Leben gewesen zu sein, da man sie durch ein Monument verewigte. Ohne Genehmigung des Kaisers ist dies Monument gewiß nicht gesetzt worden. Bei dieser Gelegenheit bin ich mit mir selbst noch nicht einig, wer mehr Bewunderung verdient, das Volk das es setzte, oder der Monarch, der die Erlaubniß dazu ertheilte.

Ich machte heute nur eine Station; sie war aber so lange, daß ich bis Abends daran zu fahren hatte. An Fortsetzung der Reise war nicht mehr zu denken, da die Gegend nicht nur hier, sondern in dem größten Theile dieser Provinzen so unsicher ist, daß man des Abends oder in der Nacht nicht ohne Bedeckung von Kosaken gehen kann, deren es zu diesem Zwecke bei jeder Station eine kleine Abtheilung gibt.

Die Umgegend war ziemlich reizend; artige Hügel schlossen freundliche Thäler ein, und auf den Spitzen

schon ziemlich ausgeartet seien, und daß Trägheit, Betrug, Unreinlichkeit, Trunkenheit u. s. w. unter ihnen nicht minder hersche als in den russischen Ansiedlungen.

Um drei Uhr Nachmittag verließ ich Tiflis. Gleich außerhalb der Stadt steht an der Straße ein in Metall gegossenes Kreuz mit dem Auge Gottes, auf einem Fußgestelle von geschliffenen Granit, das mit einem eisernen Geländer umgeben ist. Eine Inschrift verkündet, daß im Jahre 1837, am 12. October, Se. kaiserliche Majestät allhier umgeworfen habe, daß Allerhöchst dieselben jedoch unbeschädiget davon gekommen seien. — „Gesetzt von den dankerfüllten Unterthanen.“

Diese Begebenheit scheint also eine der merkwürdigsten in des hohen Herrschers Leben gewesen zu sein, da man sie durch ein Monument verewigte. Ohne Genehmigung des Kaisers ist dies Monument gewiß nicht gesetzt worden. Bei dieser Gelegenheit bin ich mit mir selbst noch nicht einig, wer mehr Bewunderung verdient, das Volk das es setzte, oder der Monarch, der die Erlaubniß dazu ertheilte.

Ich machte heute nur eine Station; sie war aber so lange, daß ich bis Abends daran zu fahren hatte. An Fortsetzung der Reise war nicht mehr zu denken, da die Gegend nicht nur hier, sondern in dem größten Theile dieser Provinzen so unsicher ist, daß man des Abends oder in der Nacht nicht ohne Bedeckung von Kosaken gehen kann, deren es zu diesem Zwecke bei jeder Station eine kleine Abtheilung gibt.

Die Umgegend war ziemlich reizend; artige Hügel schlossen freundliche Thäler ein, und auf den Spitzen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0276" n="268"/>
schon ziemlich ausgeartet seien, und daß Trägheit, Betrug, Unreinlichkeit, Trunkenheit u. s. w. unter ihnen nicht minder hersche als in den russischen Ansiedlungen.</p>
        <p>Um drei Uhr Nachmittag verließ ich <hi rendition="#aq">Tiflis</hi>. Gleich außerhalb der Stadt steht an der Straße ein in Metall gegossenes Kreuz mit dem Auge Gottes, auf einem Fußgestelle von geschliffenen Granit, das mit einem eisernen Geländer umgeben ist. Eine Inschrift verkündet, daß im Jahre 1837, am 12. October, Se. kaiserliche Majestät allhier umgeworfen habe, daß Allerhöchst dieselben jedoch unbeschädiget davon gekommen seien. &#x2014; &#x201E;Gesetzt von den dankerfüllten Unterthanen.&#x201C;</p>
        <p>Diese Begebenheit scheint also eine der merkwürdigsten in des hohen Herrschers Leben gewesen zu sein, da man sie durch ein Monument verewigte. Ohne Genehmigung des Kaisers ist dies Monument gewiß nicht gesetzt worden. Bei dieser Gelegenheit bin ich mit mir selbst noch nicht einig, wer mehr Bewunderung verdient, das Volk das es setzte, oder der Monarch, der die Erlaubniß dazu ertheilte.</p>
        <p>Ich machte heute nur eine Station; sie war aber so lange, daß ich bis Abends daran zu fahren hatte. An Fortsetzung der Reise war nicht mehr zu denken, da die Gegend nicht nur hier, sondern in dem größten Theile dieser Provinzen so unsicher ist, daß man des Abends oder in der Nacht nicht ohne Bedeckung von Kosaken gehen kann, deren es zu diesem Zwecke bei jeder Station eine kleine Abtheilung gibt.</p>
        <p>Die Umgegend war ziemlich reizend; artige Hügel schlossen freundliche Thäler ein, und auf den Spitzen
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[268/0276] schon ziemlich ausgeartet seien, und daß Trägheit, Betrug, Unreinlichkeit, Trunkenheit u. s. w. unter ihnen nicht minder hersche als in den russischen Ansiedlungen. Um drei Uhr Nachmittag verließ ich Tiflis. Gleich außerhalb der Stadt steht an der Straße ein in Metall gegossenes Kreuz mit dem Auge Gottes, auf einem Fußgestelle von geschliffenen Granit, das mit einem eisernen Geländer umgeben ist. Eine Inschrift verkündet, daß im Jahre 1837, am 12. October, Se. kaiserliche Majestät allhier umgeworfen habe, daß Allerhöchst dieselben jedoch unbeschädiget davon gekommen seien. — „Gesetzt von den dankerfüllten Unterthanen.“ Diese Begebenheit scheint also eine der merkwürdigsten in des hohen Herrschers Leben gewesen zu sein, da man sie durch ein Monument verewigte. Ohne Genehmigung des Kaisers ist dies Monument gewiß nicht gesetzt worden. Bei dieser Gelegenheit bin ich mit mir selbst noch nicht einig, wer mehr Bewunderung verdient, das Volk das es setzte, oder der Monarch, der die Erlaubniß dazu ertheilte. Ich machte heute nur eine Station; sie war aber so lange, daß ich bis Abends daran zu fahren hatte. An Fortsetzung der Reise war nicht mehr zu denken, da die Gegend nicht nur hier, sondern in dem größten Theile dieser Provinzen so unsicher ist, daß man des Abends oder in der Nacht nicht ohne Bedeckung von Kosaken gehen kann, deren es zu diesem Zwecke bei jeder Station eine kleine Abtheilung gibt. Die Umgegend war ziemlich reizend; artige Hügel schlossen freundliche Thäler ein, und auf den Spitzen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Sophie: A digital library of works by german-speaking women: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-06-28T07:11:29Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition (2013-06-28T07:11:29Z)
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-06-28T07:11:29Z)

Weitere Informationen:

  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein
  • Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.) sind nicht konsequent wie in der Vorlage gekennzeichnet



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt03_1850
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt03_1850/276
Zitationshilfe: Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt03_1850/276>, abgerufen am 28.03.2024.