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Pflüger, Eduard Friedrich Wilhelm: Die sensorischen Functionen des Rückenmarks der Wirbelthiere. Berlin, 1853.

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um sich seitlich an die Wirbel bis zu Ende des ersten Schwanz¬
viertels zu inseriren. Die Muskelfasern steigen demnach von
Aussen und Vorn nach Innen und Hinten herab und sind den
Mm. glutei, wie es scheint, analog, indem sie bei fixirter Cauda
den Schenkel nach Aussen rotiren, bei fixirtem Femur und
Becken die Cauda nach der Seite der Contraction kräftig an¬
ziehen. Die anderen drei Viertel des Schwanzes werden durch
kleine Muskelchen bewegt, welche ich ihrer Gestalt halber,
wenn auch nicht ganz passend Musculi sigmoidei zur besseren
Verständigung hier zu nennen mir erlauben will. Die processus
transversi fehlen an den Caudalwirbeln fast ganz, die processus
spinosi sind in zwei kleine, eine Rinne zwischen sich lassenden
tubercula verkümmert. Jene Mm. sigmoidei nun sind kleine,
platte, bandförmige Muskelchen, welche sich jederseits an einem
tuberculum processus spinosi breit inseriren, dann über die
Seite des Wirbels zuerst fast allein nur nach Unten und Aussen,
weit über die Wirbelbiegung gehend, herabsteigen, um sich
mehr nach Hinten, Unten und Innen wendend, an der vorde¬
ren, resp. unteren Mittellinie des nächstfolgenden Wirbelkör¬
pers zu inseriren. (S. Carus, Myologie des Erdsalamanders
u. Adolph Funk, De Salamandrae terrestris vita, evolutione,
formatione tractatus. Berlin.) Der Spinalraum reicht mit dem
Rückenmarke bis tief in den Schwanz hinein. --

Unter den Fischen habe ich mich des Aals bedient zu mei¬
nen Experimenten, dessen Schwanz durch die grossen Seiten¬
muskeln nach ihrer Seite gebogen wird. (Wagner, Zootomie,
I. p. 229 u. 230. lcones zootom. tab. XXII.)

Die Anordnung der Muskulatur ergiebt also: Contraction
der rechten Caudalmuskeln zieht den Schwanz nach Rechts,
Contraction der Linken nach Links.

Aus dem Leitungsgesetze für die Reflexion ergiebt sich
ferner: Wenn rechte sensitive Nerven am Schwanze gereizt
werden und Hierauf nur auf einer Schwanzseite Muskelverkür¬
zungen eintreten, so müssen die rechten Muskeln verkürzt, der
Schwanz also, nach Rechts gewandt, seine Concavität nach

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um sich seitlich an die Wirbel bis zu Ende des ersten Schwanz¬
viertels zu inseriren. Die Muskelfasern steigen demnach von
Aussen und Vorn nach Innen und Hinten herab und sind den
Mm. glutei, wie es scheint, analog, indem sie bei fixirter Cauda
den Schenkel nach Aussen rotiren, bei fixirtem Femur und
Becken die Cauda nach der Seite der Contraction kräftig an¬
ziehen. Die anderen drei Viertel des Schwanzes werden durch
kleine Muskelchen bewegt, welche ich ihrer Gestalt halber,
wenn auch nicht ganz passend Musculi sigmoidei zur besseren
Verständigung hier zu nennen mir erlauben will. Die processus
transversi fehlen an den Caudalwirbeln fast ganz, die processus
spinosi sind in zwei kleine, eine Rinne zwischen sich lassenden
tubercula verkümmert. Jene Mm. sigmoidei nun sind kleine,
platte, bandförmige Muskelchen, welche sich jederseits an einem
tuberculum processus spinosi breit inseriren, dann über die
Seite des Wirbels zuerst fast allein nur nach Unten und Aussen,
weit über die Wirbelbiegung gehend, herabsteigen, um sich
mehr nach Hinten, Unten und Innen wendend, an der vorde¬
ren, resp. unteren Mittellinie des nächstfolgenden Wirbelkör¬
pers zu inseriren. (S. Carus, Myologie des Erdsalamanders
u. Adolph Funk, De Salamandrae terrestris vita, evolutione,
formatione tractatus. Berlin.) Der Spinalraum reicht mit dem
Rückenmarke bis tief in den Schwanz hinein. —

Unter den Fischen habe ich mich des Aals bedient zu mei¬
nen Experimenten, dessen Schwanz durch die grossen Seiten¬
muskeln nach ihrer Seite gebogen wird. (Wagner, Zootomie,
I. p. 229 u. 230. lcones zootom. tab. XXII.)

Die Anordnung der Muskulatur ergiebt also: Contraction
der rechten Caudalmuskeln zieht den Schwanz nach Rechts,
Contraction der Linken nach Links.

Aus dem Leitungsgesetze für die Reflexion ergiebt sich
ferner: Wenn rechte sensitive Nerven am Schwanze gereizt
werden und Hierauf nur auf einer Schwanzseite Muskelverkür¬
zungen eintreten, so müssen die rechten Muskeln verkürzt, der
Schwanz also, nach Rechts gewandt, seine Concavität nach

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[113/0135] um sich seitlich an die Wirbel bis zu Ende des ersten Schwanz¬ viertels zu inseriren. Die Muskelfasern steigen demnach von Aussen und Vorn nach Innen und Hinten herab und sind den Mm. glutei, wie es scheint, analog, indem sie bei fixirter Cauda den Schenkel nach Aussen rotiren, bei fixirtem Femur und Becken die Cauda nach der Seite der Contraction kräftig an¬ ziehen. Die anderen drei Viertel des Schwanzes werden durch kleine Muskelchen bewegt, welche ich ihrer Gestalt halber, wenn auch nicht ganz passend Musculi sigmoidei zur besseren Verständigung hier zu nennen mir erlauben will. Die processus transversi fehlen an den Caudalwirbeln fast ganz, die processus spinosi sind in zwei kleine, eine Rinne zwischen sich lassenden tubercula verkümmert. Jene Mm. sigmoidei nun sind kleine, platte, bandförmige Muskelchen, welche sich jederseits an einem tuberculum processus spinosi breit inseriren, dann über die Seite des Wirbels zuerst fast allein nur nach Unten und Aussen, weit über die Wirbelbiegung gehend, herabsteigen, um sich mehr nach Hinten, Unten und Innen wendend, an der vorde¬ ren, resp. unteren Mittellinie des nächstfolgenden Wirbelkör¬ pers zu inseriren. (S. Carus, Myologie des Erdsalamanders u. Adolph Funk, De Salamandrae terrestris vita, evolutione, formatione tractatus. Berlin.) Der Spinalraum reicht mit dem Rückenmarke bis tief in den Schwanz hinein. — Unter den Fischen habe ich mich des Aals bedient zu mei¬ nen Experimenten, dessen Schwanz durch die grossen Seiten¬ muskeln nach ihrer Seite gebogen wird. (Wagner, Zootomie, I. p. 229 u. 230. lcones zootom. tab. XXII.) Die Anordnung der Muskulatur ergiebt also: Contraction der rechten Caudalmuskeln zieht den Schwanz nach Rechts, Contraction der Linken nach Links. Aus dem Leitungsgesetze für die Reflexion ergiebt sich ferner: Wenn rechte sensitive Nerven am Schwanze gereizt werden und Hierauf nur auf einer Schwanzseite Muskelverkür¬ zungen eintreten, so müssen die rechten Muskeln verkürzt, der Schwanz also, nach Rechts gewandt, seine Concavität nach 8

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Zitationshilfe: Pflüger, Eduard Friedrich Wilhelm: Die sensorischen Functionen des Rückenmarks der Wirbelthiere. Berlin, 1853, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pflueger_rueckenmark_1853/135>, abgerufen am 25.04.2024.