Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Philippi, Johann Ernst: Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede-Kunst, auch kriechender Poesie. Altenburg, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite

bey der Froschmäusler-Gesellschaft.
ten, welches sie durch sieben Zeugen darthun
müssen,
muthet die Froschmäusler-Gesellschaft
kein Probestück an, sondern ersucht sie nur, die
Regeln ihrer natürlichen, männlichen und erha-
benen Poesie in Gedanken gerade umzukehren,
und nach solchem Muster, es sey im Scherz
oder Ernst,
jährlich ein einzig Gedichte nach
froschmäuslerischem Geschmacke zu überliefern.
Sie haben auch Freyheit, sich selbst ein Sinn-
bild zu wehlen, welches sie wollen, es sey aus
dem Reiche der Vögel oder vierfüßigen Thie-
re. Daher hat die E. Froschmäusler-Ge-
sellschaft gewisse Mitglieder, die da freywillig
zum Signet einen Strauß, Kuckuk, Wiede-
hopf, Löwen, Bären, Elephanten,
ja sogar
Esel und Affen, sich erwehlet haben. Wer
seinem angenommenen Character, z. E. eines
poetischen Strausses, am besten ein Gnüge
thut, der wird am meisten ästimirt; keiner aber
aus der Gesellschaft verachtet,
weil die star-
ken Mitglieder die schwachen tragen und auf-
richten.

6. Maxime.

Denen in der Hans-Sachsen-Poesie und poe-
tischen Kriech-Kunst annoch Ungeübten recom-
mandiren wir die fleißige Lesung der Schriften
unserer beyden Ober-Meister, Hans Sachsens
und des Froschmäuslers, wie auch im Gegen-
Satze die häufigen Gedichte etlicher hochsteigen-
der Poeten, als des Hn. D. R ... aus Er-

furt,
E

bey der Froſchmaͤusler-Geſellſchaft.
ten, welches ſie durch ſieben Zeugen darthun
muͤſſen,
muthet die Froſchmaͤusler-Geſellſchaft
kein Probeſtuͤck an, ſondern erſucht ſie nur, die
Regeln ihrer natuͤrlichen, maͤnnlichen und erha-
benen Poeſie in Gedanken gerade umzukehren,
und nach ſolchem Muſter, es ſey im Scherz
oder Ernſt,
jaͤhrlich ein einzig Gedichte nach
froſchmaͤusleriſchem Geſchmacke zu uͤberliefern.
Sie haben auch Freyheit, ſich ſelbſt ein Sinn-
bild zu wehlen, welches ſie wollen, es ſey aus
dem Reiche der Voͤgel oder vierfuͤßigen Thie-
re. Daher hat die E. Froſchmaͤusler-Ge-
ſellſchaft gewiſſe Mitglieder, die da freywillig
zum Signet einen Strauß, Kuckuk, Wiede-
hopf, Loͤwen, Baͤren, Elephanten,
ja ſogar
Eſel und Affen, ſich erwehlet haben. Wer
ſeinem angenommenen Character, z. E. eines
poetiſchen Strauſſes, am beſten ein Gnuͤge
thut, der wird am meiſten aͤſtimirt; keiner aber
aus der Geſellſchaft verachtet,
weil die ſtar-
ken Mitglieder die ſchwachen tragen und auf-
richten.

6. Maxime.

Denen in der Hans-Sachſen-Poeſie und poe-
tiſchen Kriech-Kunſt annoch Ungeuͤbten recom-
mandiren wir die fleißige Leſung der Schriften
unſerer beyden Ober-Meiſter, Hans Sachſens
und des Froſchmaͤuslers, wie auch im Gegen-
Satze die haͤufigen Gedichte etlicher hochſteigen-
der Poeten, als des Hn. D. R ... aus Er-

furt,
E
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0073" n="65"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">bey der Fro&#x017F;chma&#x0364;usler-Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft.</hi></fw><lb/><hi rendition="#fr">ten,</hi> welches &#x017F;ie <hi rendition="#fr">durch &#x017F;ieben Zeugen darthun<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en,</hi> muthet die Fro&#x017F;chma&#x0364;usler-Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft<lb/><hi rendition="#fr">kein Probe&#x017F;tu&#x0364;ck</hi> an, &#x017F;ondern er&#x017F;ucht &#x017F;ie nur, die<lb/>
Regeln ihrer natu&#x0364;rlichen, ma&#x0364;nnlichen und erha-<lb/>
benen Poe&#x017F;ie <hi rendition="#fr">in Gedanken gerade umzukehren,</hi><lb/>
und nach &#x017F;olchem Mu&#x017F;ter, <hi rendition="#fr">es &#x017F;ey im Scherz<lb/>
oder Ern&#x017F;t,</hi> ja&#x0364;hrlich ein <hi rendition="#fr">einzig Gedichte</hi> nach<lb/>
fro&#x017F;chma&#x0364;usleri&#x017F;chem Ge&#x017F;chmacke zu u&#x0364;berliefern.<lb/>
Sie haben auch Freyheit, &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t ein Sinn-<lb/>
bild zu wehlen, welches &#x017F;ie wollen, es &#x017F;ey aus<lb/>
dem Reiche der <hi rendition="#fr">Vo&#x0364;gel</hi> oder <hi rendition="#fr">vierfu&#x0364;ßigen</hi> Thie-<lb/>
re. Daher hat die E. Fro&#x017F;chma&#x0364;usler-Ge-<lb/>
&#x017F;ell&#x017F;chaft gewi&#x017F;&#x017F;e Mitglieder, die da freywillig<lb/>
zum Signet einen <hi rendition="#fr">Strauß, Kuckuk, Wiede-<lb/>
hopf, Lo&#x0364;wen, Ba&#x0364;ren, Elephanten,</hi> ja &#x017F;ogar<lb/><hi rendition="#fr">E&#x017F;el</hi> und <hi rendition="#fr">Affen,</hi> &#x017F;ich erwehlet haben. Wer<lb/>
&#x017F;einem angenommenen Character, z. E. eines<lb/><hi rendition="#fr">poeti&#x017F;chen Strau&#x017F;&#x017F;es,</hi> am be&#x017F;ten ein Gnu&#x0364;ge<lb/>
thut, der wird am mei&#x017F;ten a&#x0364;&#x017F;timirt; <hi rendition="#fr">keiner aber<lb/>
aus der Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft verachtet,</hi> weil die &#x017F;tar-<lb/>
ken Mitglieder die &#x017F;chwachen tragen und auf-<lb/>
richten.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">6. Maxime.</hi> </head><lb/>
          <p>Denen in der Hans-Sach&#x017F;en-Poe&#x017F;ie und poe-<lb/>
ti&#x017F;chen Kriech-Kun&#x017F;t annoch Ungeu&#x0364;bten recom-<lb/>
mandiren wir die fleißige Le&#x017F;ung der Schriften<lb/>
un&#x017F;erer beyden Ober-Mei&#x017F;ter, Hans Sach&#x017F;ens<lb/>
und des Fro&#x017F;chma&#x0364;uslers, wie auch im Gegen-<lb/>
Satze die ha&#x0364;ufigen Gedichte etlicher hoch&#x017F;teigen-<lb/>
der Poeten, als des Hn. D. R ... aus <hi rendition="#fr">Er-</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">E</fw><fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">furt,</hi></fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[65/0073] bey der Froſchmaͤusler-Geſellſchaft. ten, welches ſie durch ſieben Zeugen darthun muͤſſen, muthet die Froſchmaͤusler-Geſellſchaft kein Probeſtuͤck an, ſondern erſucht ſie nur, die Regeln ihrer natuͤrlichen, maͤnnlichen und erha- benen Poeſie in Gedanken gerade umzukehren, und nach ſolchem Muſter, es ſey im Scherz oder Ernſt, jaͤhrlich ein einzig Gedichte nach froſchmaͤusleriſchem Geſchmacke zu uͤberliefern. Sie haben auch Freyheit, ſich ſelbſt ein Sinn- bild zu wehlen, welches ſie wollen, es ſey aus dem Reiche der Voͤgel oder vierfuͤßigen Thie- re. Daher hat die E. Froſchmaͤusler-Ge- ſellſchaft gewiſſe Mitglieder, die da freywillig zum Signet einen Strauß, Kuckuk, Wiede- hopf, Loͤwen, Baͤren, Elephanten, ja ſogar Eſel und Affen, ſich erwehlet haben. Wer ſeinem angenommenen Character, z. E. eines poetiſchen Strauſſes, am beſten ein Gnuͤge thut, der wird am meiſten aͤſtimirt; keiner aber aus der Geſellſchaft verachtet, weil die ſtar- ken Mitglieder die ſchwachen tragen und auf- richten. 6. Maxime. Denen in der Hans-Sachſen-Poeſie und poe- tiſchen Kriech-Kunſt annoch Ungeuͤbten recom- mandiren wir die fleißige Leſung der Schriften unſerer beyden Ober-Meiſter, Hans Sachſens und des Froſchmaͤuslers, wie auch im Gegen- Satze die haͤufigen Gedichte etlicher hochſteigen- der Poeten, als des Hn. D. R ... aus Er- furt, E

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/philippi_reimschmiedekunst_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/philippi_reimschmiedekunst_1743/73
Zitationshilfe: Philippi, Johann Ernst: Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede-Kunst, auch kriechender Poesie. Altenburg, 1743, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/philippi_reimschmiedekunst_1743/73>, abgerufen am 18.04.2024.