Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Philippi, Johann Ernst: Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede-Kunst, auch kriechender Poesie. Altenburg, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite

VII. Geräucherte Zungen.
und Haller gegen einen Brockes, Richey,
Weichmann, Johann Ulrich von König,
Pietsch, Neukirch?
und noch etliche, die ich
zur Reserve habe, wenn etwa meine Herren
Gäste, anstatt der Karpfen, lieber Forellen,
oder Hechte, oder Lachse, aufgetragen haben
wollten. Jedoch es ist mehr Ehre für die weg-
gelassene
große Dichter, daß sie in solchem bau-
fälligen
Tempel gar nicht stehen.

Siebendes Couvert.
Geräucherte Rinds-Zungen.

Wenn ich meinen Gästen gute geräucherte
Rinds- oder Schöpsen-Zungen vortrage, fin-
den sich dazu viel Kenner des guten Geschmacks.
Wollte ich ihnen aber Jgel-Zungen, oder von
Stachel-Schweinen vorsetzen, würden sie mich
übel anlassen. Der neue Tempel-Bauer hin-
gegen, der sich selbst für einen Kenner des fein-
sten Geschmacks
ausgiebet, träget, in seinem
Tempel, lauter Jgel- und Stachel-Schweins-
Zungen
auf. Man lese nur alle seine stache-
lichte
Ausdrücke, insonderheit da er Hübnern,
D. P. und den sel. D. Rodigasten, (s. die
neue Staats-Zeitungen zu Dreßden vom 16ten
Jan. 1743,) durchnimmt. Sonderlich zieht
er auf Hübnern los, und hat es Ursach. Denn
wenn er gleich allen Buchhändlern in Ober-
und Nieder-Sachsen Geld zugäbe, seinen Tem-
pel des guten Geschmacks,
oder andere Char-
tequen,
zu verlegen: So würden doch so viel

Exem-

VII. Geraͤucherte Zungen.
und Haller gegen einen Brockes, Richey,
Weichmann, Johann Ulrich von Koͤnig,
Pietſch, Neukirch?
und noch etliche, die ich
zur Reſerve habe, wenn etwa meine Herren
Gaͤſte, anſtatt der Karpfen, lieber Forellen,
oder Hechte, oder Lachſe, aufgetragen haben
wollten. Jedoch es iſt mehr Ehre fuͤr die weg-
gelaſſene
große Dichter, daß ſie in ſolchem bau-
faͤlligen
Tempel gar nicht ſtehen.

Siebendes Couvert.
Geraͤucherte Rinds-Zungen.

Wenn ich meinen Gaͤſten gute geraͤucherte
Rinds- oder Schoͤpſen-Zungen vortrage, fin-
den ſich dazu viel Kenner des guten Geſchmacks.
Wollte ich ihnen aber Jgel-Zungen, oder von
Stachel-Schweinen vorſetzen, wuͤrden ſie mich
uͤbel anlaſſen. Der neue Tempel-Bauer hin-
gegen, der ſich ſelbſt fuͤr einen Kenner des fein-
ſten Geſchmacks
ausgiebet, traͤget, in ſeinem
Tempel, lauter Jgel- und Stachel-Schweins-
Zungen
auf. Man leſe nur alle ſeine ſtache-
lichte
Ausdruͤcke, inſonderheit da er Huͤbnern,
D. P. und den ſel. D. Rodigaſten, (ſ. die
neue Staats-Zeitungen zu Dreßden vom 16ten
Jan. 1743,) durchnimmt. Sonderlich zieht
er auf Huͤbnern los, und hat es Urſach. Denn
wenn er gleich allen Buchhaͤndlern in Ober-
und Nieder-Sachſen Geld zugaͤbe, ſeinen Tem-
pel des guten Geſchmacks,
oder andere Char-
tequen,
zu verlegen: So wuͤrden doch ſo viel

Exem-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0279" n="271"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">VII.</hi> Gera&#x0364;ucherte Zungen.</hi></fw><lb/>
und <hi rendition="#fr">Haller</hi> gegen einen <hi rendition="#fr">Brockes, Richey,<lb/>
Weichmann, Johann Ulrich von Ko&#x0364;nig,<lb/>
Piet&#x017F;ch, Neukirch?</hi> und noch etliche, die ich<lb/>
zur <hi rendition="#fr">Re&#x017F;erve</hi> habe, wenn etwa meine Herren<lb/>
Ga&#x0364;&#x017F;te, an&#x017F;tatt der Karpfen, lieber <hi rendition="#fr">Forellen,</hi><lb/>
oder <hi rendition="#fr">Hechte,</hi> oder <hi rendition="#fr">Lach&#x017F;e,</hi> aufgetragen haben<lb/>
wollten. Jedoch es i&#x017F;t <hi rendition="#fr">mehr Ehre</hi> fu&#x0364;r die <hi rendition="#fr">weg-<lb/>
gela&#x017F;&#x017F;ene</hi> große Dichter, daß &#x017F;ie in &#x017F;olchem <hi rendition="#fr">bau-<lb/>
fa&#x0364;lligen</hi> Tempel gar nicht &#x017F;tehen.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#fr">Siebendes Couvert.</hi><lb/> <hi rendition="#b">Gera&#x0364;ucherte Rinds-Zungen.</hi> </head><lb/>
          <p>Wenn ich meinen Ga&#x0364;&#x017F;ten gute gera&#x0364;ucherte<lb/><hi rendition="#fr">Rinds-</hi> oder <hi rendition="#fr">Scho&#x0364;p&#x017F;en-Zungen</hi> vortrage, fin-<lb/>
den &#x017F;ich dazu viel Kenner des guten Ge&#x017F;chmacks.<lb/>
Wollte ich ihnen aber <hi rendition="#fr">Jgel-Zungen,</hi> oder von<lb/><hi rendition="#fr">Stachel-Schweinen</hi> vor&#x017F;etzen, wu&#x0364;rden &#x017F;ie mich<lb/>
u&#x0364;bel anla&#x017F;&#x017F;en. Der neue <hi rendition="#fr">Tempel-Bauer</hi> hin-<lb/>
gegen, der &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t fu&#x0364;r einen <hi rendition="#fr">Kenner des fein-<lb/>
&#x017F;ten Ge&#x017F;chmacks</hi> ausgiebet, tra&#x0364;get, in &#x017F;einem<lb/><hi rendition="#fr">Tempel,</hi> lauter <hi rendition="#fr">Jgel-</hi> und <hi rendition="#fr">Stachel-Schweins-<lb/>
Zungen</hi> auf. Man le&#x017F;e nur alle &#x017F;eine <hi rendition="#fr">&#x017F;tache-<lb/>
lichte</hi> Ausdru&#x0364;cke, in&#x017F;onderheit da er <hi rendition="#fr">Hu&#x0364;bnern,</hi><lb/>
D. <hi rendition="#fr">P.</hi> und den &#x017F;el. D. <hi rendition="#fr">Rodiga&#x017F;ten,</hi> (&#x017F;. die<lb/>
neue <hi rendition="#fr">Staats-Zeitungen</hi> zu Dreßden vom 16ten<lb/>
Jan. 1743,) durchnimmt. Sonderlich zieht<lb/>
er auf <hi rendition="#fr">Hu&#x0364;bnern</hi> los, und hat es Ur&#x017F;ach. Denn<lb/>
wenn er gleich <hi rendition="#fr">allen Buchha&#x0364;ndlern</hi> in Ober-<lb/>
und Nieder-Sach&#x017F;en <hi rendition="#fr">Geld zuga&#x0364;be,</hi> &#x017F;einen <hi rendition="#fr">Tem-<lb/>
pel des guten Ge&#x017F;chmacks,</hi> oder <hi rendition="#fr">andere Char-<lb/>
tequen,</hi> zu verlegen: So wu&#x0364;rden doch &#x017F;o viel<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Exem-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[271/0279] VII. Geraͤucherte Zungen. und Haller gegen einen Brockes, Richey, Weichmann, Johann Ulrich von Koͤnig, Pietſch, Neukirch? und noch etliche, die ich zur Reſerve habe, wenn etwa meine Herren Gaͤſte, anſtatt der Karpfen, lieber Forellen, oder Hechte, oder Lachſe, aufgetragen haben wollten. Jedoch es iſt mehr Ehre fuͤr die weg- gelaſſene große Dichter, daß ſie in ſolchem bau- faͤlligen Tempel gar nicht ſtehen. Siebendes Couvert. Geraͤucherte Rinds-Zungen. Wenn ich meinen Gaͤſten gute geraͤucherte Rinds- oder Schoͤpſen-Zungen vortrage, fin- den ſich dazu viel Kenner des guten Geſchmacks. Wollte ich ihnen aber Jgel-Zungen, oder von Stachel-Schweinen vorſetzen, wuͤrden ſie mich uͤbel anlaſſen. Der neue Tempel-Bauer hin- gegen, der ſich ſelbſt fuͤr einen Kenner des fein- ſten Geſchmacks ausgiebet, traͤget, in ſeinem Tempel, lauter Jgel- und Stachel-Schweins- Zungen auf. Man leſe nur alle ſeine ſtache- lichte Ausdruͤcke, inſonderheit da er Huͤbnern, D. P. und den ſel. D. Rodigaſten, (ſ. die neue Staats-Zeitungen zu Dreßden vom 16ten Jan. 1743,) durchnimmt. Sonderlich zieht er auf Huͤbnern los, und hat es Urſach. Denn wenn er gleich allen Buchhaͤndlern in Ober- und Nieder-Sachſen Geld zugaͤbe, ſeinen Tem- pel des guten Geſchmacks, oder andere Char- tequen, zu verlegen: So wuͤrden doch ſo viel Exem-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/philippi_reimschmiedekunst_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/philippi_reimschmiedekunst_1743/279
Zitationshilfe: Philippi, Johann Ernst: Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede-Kunst, auch kriechender Poesie. Altenburg, 1743, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/philippi_reimschmiedekunst_1743/279>, abgerufen am 28.03.2024.