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Pinter von der Au, Johann Christoph: Neuer, vollkommener, verbesserter und ergänzter Pferd-Schatz. Frankfurt (Main), 1688.

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Pferde-Schatz.
[Spaltenumbruch] gehet/ auswerts/ wann das Pferd abgehet/ oder aus-
schlägt.

Die halben Schenckel.
1. Vorwerts/ in allen mittelmässigen Bewegun-
gen/ in dem Jtaliänischen Tempo di Gamba, in den
hohen Arien nöthig.
2. Auffwerts/ ein kräfftiges Tempo di Gamba zu
geben/ im Anfang der lüfftigen Schulen.
3. Abwerts/ eine kräfftige Spornata, zur Straffe des
Stöckens zugeben.
4. Ruckwerts/ in einer mittelmässigen Spornata,
das Pferd zu avanziren.
5. Auswerts/ in dem Frantzösischen Tempo di
Gamba,
das Pferd in seine Schul zusetzen/ bey gar
hitzigen Pferden/ und die nicht zum Springen tüch-
tig/ zugebrauchen.
6. Einwerts/ im serriren und pinciren/ das Pferd
im Gehorsamb und Subjection zu erhalten/ zu wen-
den/ traversiren/ redoppiren/ zur Spornata Mezza und
Spornata sinta zugebrauchen.

Diese 6. Bewegungen/ so des Reuters unterschie-
dene Theil machen können/ werden den 6. Haupt-
Bewegungen zugeordnet/ oder entgegen gesetzet/ so
des Pferdes Leib und Schenckel/ machen können.

Wird demnach einer jeden guten/ von solchen 6.
Pferds-Bewegungen eine gleichstimmende zugesel-
let/ dieselbe zu begleiten und zu erhalten/ wann das
Pferd darinnen nach der Erfoderung und des Reu-
ters Willen gehet.

Wider des Pferdes widrige Bezeigung/ werden
auch dem Pferd diese 6. Bewegungen in jeder Wi-
derstrebung/ so wol zur Hülffe als Straffe entgegen
gesetzet/ biß es sich der rechten ergiebet/ und derselben
folget.

Die Bewegung/ so des Reu-
ters Arme verrichten können.
1. Der lincke Arm.
1. Vorwerts/ mit dem gantzen Arm/ dem Pferde
Lufft zumachen und fortzuhelffen/ dann es unmüg-
lich/ daß die Faust vorwerts kommen kan/ es folge
denn der Arm etwas nach/ und diese Freylassung des
Zaums ist allezeit eine Hülffe/ und kan auch zu anders
nichts gebrauchet werden.
2. Auffwerts: Dieses beschiehet wol mit dem
gantzen Arm/ wann sich derselbe zugleich auch etwas
vorwerts begeben muß/ wo man aber ein Pferd allein
erheben oder sustentiren will/ kan es allein wol mit
dem halben vördern Arm beschehen. Wann nun
solche Erhebung langsam und sanfft beschieht/ so ist sie
allezeit eine Hülffe/ sie werde gleich allezeit oder öffters
im Fortreiten/ oder zum pariren und Auffnehmen ge-
brauchet/ wie hoch oder niedrig solche genommen
wird/ wo sie aber gantz geschwind/ und mit Stärcke
vorgenommen wird/ so ist sie eine Straffe oder Brigli-
tata,
damit man dem Pferd das unter sich boren ab-
nehmen kan/ daß es sich mit Hals und Kopff/ aus der
Erden in die gute Positur giebet/ und darinnen (aus
Sorg solcher Straff) desto lieber bleibet.
[Spaltenumbruch]
3. Ruckwerts/ ist es eine Hülffe/ wann das Anzie-
hen der Zügel langsamb und sanfft beschicht/ nützlich
zum pariren/ (wiewol nicht so wolständig oder sicher/
als die Erhebung/) zum Auffhalten/ zurück gehen/
wann es aber gehling und mit völliger Stärcke also
zurück genommen wird/ so ist es eine sehr schädliche
Briglitata und Zaum-Straffe/ welche den Bilern und
und der Zungen leichtlich Schaden bringet: dahero
sie ausser eusersten Nothfall/ von bescheidenen Reu-
tern/ selten gebrauchet wird.
4. Abwerts soll man keine Straffe vollziehen/ man
wolte dann einem Pferd/ mit geschwinder und star-
cker Anziehung der Zügel/ die Laden mit Fleiß verder-
ben/ zerbrechen oder unempfindlich machen/ welches
bey Barbarischen Pferden zwar eher als bey andern
geschehen kan/ weil das Mundstück so dann/ mit
völliger Schärffe/ auff den Laden arbeitet/ eine Hül-
fe aber/ ist die Niederhaltung der Zügel/ solchen Pfer-
den/ welche die Köpfe zu hoch und weit hinaus strek-
ken/ dieselbe herunter in die gute Postur zubringen/
und in derselben zu erhalten/ wie sie mit sanfftem An-
ziehen oder Halten/ niderig geführet werden.
5. Auswerts: Die Hände auswerts zuhalten/ die-
net dahin zuwenden/ wohin der Arm oder Hände sich
bewegen/ weil aber solche Wendung so übelständig/
als guten Pferden schädlich/ so ist an derselben Stell
die subtile Wendung/ so allein vermittelst des Ge-
lenckes der Faust beschehen kan/ die beste und wol-
ständigste/ diese aber ausserhalb des Nothfalls/ und
zwar allein bey noch ungewandten Pferden (doch
mässig) zu gebrauchen/ und nach und nach davon ab-
zugewöhnen.
6. Einwerts: Diese Bewegung dependiret von
der vorgehenden/ weil eine ohne die andere nicht be-
schehen kan/ dahero mit Vermeidung der obern/
auch dieser so viel zuentrathen ist. Wiewol die erst-
gedachte subtile Wendungen eben solchen Effect in
sich haben/ indem sich die Faust im vorwerts halten/
zugleich erheben/ im Niedersincken/ etwas zurück
ziehen/ im Umwenden etwas aus- und einwerts bege-
ben/ und also alle sechs Würckungen gleichsam un-
verrückt verrichten kan.
2. Die Bewegungen des rechten Arms
können auch nicht weiter als auf sech-
serley Art gebrauchet
werden.
1. Vorwerts/ zu einer Hülffe/ das Pferd fortzubrin-
gen/ wann die Faust nur allein fortgerucket/ und eine
Finta gemachet wird/ als ob man dasselbe schlagen
wolte.
Zu einer Straffe/ wann sich der Arm und Faust
vorwerts begeben/ dem Pferd mit der Spießruthen
einen Streich/ von vornen vor die Brust zu versetzen/
um solches aufzuhalten
Oder aber/ wann sich der Arm vorwerts begeben/
und einen völligen Streich fassen muß/ das Pferd hin-
ter dem Gurt den Bauch/ oder Schenckel zutreffen/
dasselbe fortzutreiben.
2. Auff-
Ander Theil. Y

Pferde-Schatz.
[Spaltenumbruch] gehet/ auswerts/ wann das Pferd abgehet/ oder aus-
ſchlaͤgt.

Die halben Schenckel.
1. Vorwerts/ in allen mittelmaͤſſigen Bewegun-
gen/ in dem Jtaliaͤniſchen Tempo di Gamba, in den
hohen Arien noͤthig.
2. Auffwerts/ ein kraͤfftiges Tempo di Gamba zu
geben/ im Anfang der luͤfftigen Schulen.
3. Abwerts/ eine kraͤfftige Spornata, zur Straffe des
Stoͤckens zugeben.
4. Ruckwerts/ in einer mittelmaͤſſigen Spornata,
das Pferd zu avanziren.
5. Auswerts/ in dem Frantzoͤſiſchen Tempo di
Gamba,
das Pferd in ſeine Schul zuſetzen/ bey gar
hitzigen Pferden/ und die nicht zum Springen tuͤch-
tig/ zugebrauchen.
6. Einwerts/ im ſerriren und pinciren/ das Pferd
im Gehorſamb und Subjection zu erhalten/ zu wen-
den/ traverſiren/ redoppiren/ zur Spornata Mezza und
Spornata ſinta zugebrauchen.

Dieſe 6. Bewegungen/ ſo des Reuters unterſchie-
dene Theil machen koͤnnen/ werden den 6. Haupt-
Bewegungen zugeordnet/ oder entgegen geſetzet/ ſo
des Pferdes Leib und Schenckel/ machen koͤnnen.

Wird demnach einer jeden guten/ von ſolchen 6.
Pferds-Bewegungen eine gleichſtimmende zugeſel-
let/ dieſelbe zu begleiten und zu erhalten/ wann das
Pferd darinnen nach der Erfoderung und des Reu-
ters Willen gehet.

Wider des Pferdes widrige Bezeigung/ werden
auch dem Pferd dieſe 6. Bewegungen in jeder Wi-
derſtrebung/ ſo wol zur Huͤlffe als Straffe entgegen
geſetzet/ biß es ſich der rechten ergiebet/ und derſelben
folget.

Die Bewegung/ ſo des Reu-
ters Arme verrichten koͤnnen.
1. Der lincke Arm.
1. Vorwerts/ mit dem gantzen Arm/ dem Pferde
Lufft zumachen und fortzuhelffen/ dann es unmuͤg-
lich/ daß die Fauſt vorwerts kommen kan/ es folge
denn der Arm etwas nach/ und dieſe Freylaſſung des
Zaums iſt allezeit eine Huͤlffe/ und kan auch zu anders
nichts gebrauchet werden.
2. Auffwerts: Dieſes beſchiehet wol mit dem
gantzen Arm/ wann ſich derſelbe zugleich auch etwas
vorwerts begeben muß/ wo man aber ein Pferd allein
erheben oder ſuſtentiren will/ kan es allein wol mit
dem halben voͤrdern Arm beſchehen. Wann nun
ſolche Erhebung langſam und ſanfft beſchieht/ ſo iſt ſie
allezeit eine Huͤlffe/ ſie werde gleich allezeit oder oͤffters
im Fortreiten/ oder zum pariren und Auffnehmen ge-
brauchet/ wie hoch oder niedrig ſolche genommen
wird/ wo ſie aber gantz geſchwind/ und mit Staͤrcke
vorgenommen wird/ ſo iſt ſie eine Straffe oder Brigli-
tata,
damit man dem Pferd das unter ſich boren ab-
nehmen kan/ daß es ſich mit Hals und Kopff/ aus der
Erden in die gute Poſitur giebet/ und darinnen (aus
Sorg ſolcher Straff) deſto lieber bleibet.
[Spaltenumbruch]
3. Ruckwerts/ iſt es eine Huͤlffe/ wann das Anzie-
hen der Zuͤgel langſamb und ſanfft beſchicht/ nuͤtzlich
zum pariren/ (wiewol nicht ſo wolſtaͤndig oder ſicher/
als die Erhebung/) zum Auffhalten/ zuruͤck gehen/
wann es aber gehling und mit voͤlliger Staͤrcke alſo
zuruͤck genommen wird/ ſo iſt es eine ſehr ſchaͤdliche
Briglitata und Zaum-Straffe/ welche den Bilern und
und der Zungen leichtlich Schaden bringet: dahero
ſie auſſer euſerſten Nothfall/ von beſcheidenen Reu-
tern/ ſelten gebrauchet wird.
4. Abwerts ſoll man keine Straffe vollziehen/ man
wolte dann einem Pferd/ mit geſchwinder und ſtar-
cker Anziehung der Zuͤgel/ die Laden mit Fleiß verder-
ben/ zerbrechen oder unempfindlich machen/ welches
bey Barbariſchen Pferden zwar eher als bey andern
geſchehen kan/ weil das Mundſtuͤck ſo dann/ mit
voͤlliger Schaͤrffe/ auff den Laden arbeitet/ eine Huͤl-
fe aber/ iſt die Niederhaltung der Zuͤgel/ ſolchen Pfer-
den/ welche die Koͤpfe zu hoch und weit hinaus ſtrek-
ken/ dieſelbe herunter in die gute Poſtur zubringen/
und in derſelben zu erhalten/ wie ſie mit ſanfftem An-
ziehen oder Halten/ niderig gefuͤhret werden.
5. Auswerts: Die Haͤnde auswerts zuhalten/ die-
net dahin zuwenden/ wohin der Arm oder Haͤnde ſich
bewegen/ weil aber ſolche Wendung ſo uͤbelſtaͤndig/
als guten Pferden ſchaͤdlich/ ſo iſt an derſelben Stell
die ſubtile Wendung/ ſo allein vermittelſt des Ge-
lenckes der Fauſt beſchehen kan/ die beſte und wol-
ſtaͤndigſte/ dieſe aber auſſerhalb des Nothfalls/ und
zwar allein bey noch ungewandten Pferden (doch
maͤſſig) zu gebrauchen/ und nach und nach davon ab-
zugewoͤhnen.
6. Einwerts: Dieſe Bewegung dependiret von
der vorgehenden/ weil eine ohne die andere nicht be-
ſchehen kan/ dahero mit Vermeidung der obern/
auch dieſer ſo viel zuentrathen iſt. Wiewol die erſt-
gedachte ſubtile Wendungen eben ſolchen Effect in
ſich haben/ indem ſich die Fauſt im vorwerts halten/
zugleich erheben/ im Niederſincken/ etwas zuruͤck
ziehen/ im Umwenden etwas aus- und einwerts bege-
ben/ und alſo alle ſechs Wuͤrckungen gleichſam un-
verruͤckt verrichten kan.
2. Die Bewegungen des rechten Arms
koͤnnen auch nicht weiter als auf ſech-
ſerley Art gebrauchet
werden.
1. Vorwerts/ zu einer Huͤlffe/ das Pferd fortzubrin-
gen/ wann die Fauſt nur allein fortgerucket/ und eine
Finta gemachet wird/ als ob man daſſelbe ſchlagen
wolte.
Zu einer Straffe/ wann ſich der Arm und Fauſt
vorwerts begeben/ dem Pferd mit der Spießruthen
einen Streich/ von vornen vor die Bruſt zu verſetzen/
um ſolches aufzuhalten
Oder aber/ wann ſich der Arm vorwerts begeben/
und einen voͤlligen Streich faſſen muß/ das Pferd hin-
ter dem Gurt den Bauch/ oder Schenckel zutreffen/
daſſelbe fortzutreiben.
2. Auff-
Ander Theil. Y
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[169/0181] Pferde-Schatz. gehet/ auswerts/ wann das Pferd abgehet/ oder aus- ſchlaͤgt. Die halben Schenckel. 1. Vorwerts/ in allen mittelmaͤſſigen Bewegun- gen/ in dem Jtaliaͤniſchen Tempo di Gamba, in den hohen Arien noͤthig. 2. Auffwerts/ ein kraͤfftiges Tempo di Gamba zu geben/ im Anfang der luͤfftigen Schulen. 3. Abwerts/ eine kraͤfftige Spornata, zur Straffe des Stoͤckens zugeben. 4. Ruckwerts/ in einer mittelmaͤſſigen Spornata, das Pferd zu avanziren. 5. Auswerts/ in dem Frantzoͤſiſchen Tempo di Gamba, das Pferd in ſeine Schul zuſetzen/ bey gar hitzigen Pferden/ und die nicht zum Springen tuͤch- tig/ zugebrauchen. 6. Einwerts/ im ſerriren und pinciren/ das Pferd im Gehorſamb und Subjection zu erhalten/ zu wen- den/ traverſiren/ redoppiren/ zur Spornata Mezza und Spornata ſinta zugebrauchen. Dieſe 6. Bewegungen/ ſo des Reuters unterſchie- dene Theil machen koͤnnen/ werden den 6. Haupt- Bewegungen zugeordnet/ oder entgegen geſetzet/ ſo des Pferdes Leib und Schenckel/ machen koͤnnen. Wird demnach einer jeden guten/ von ſolchen 6. Pferds-Bewegungen eine gleichſtimmende zugeſel- let/ dieſelbe zu begleiten und zu erhalten/ wann das Pferd darinnen nach der Erfoderung und des Reu- ters Willen gehet. Wider des Pferdes widrige Bezeigung/ werden auch dem Pferd dieſe 6. Bewegungen in jeder Wi- derſtrebung/ ſo wol zur Huͤlffe als Straffe entgegen geſetzet/ biß es ſich der rechten ergiebet/ und derſelben folget. Die Bewegung/ ſo des Reu- ters Arme verrichten koͤnnen. 1. Der lincke Arm. 1. Vorwerts/ mit dem gantzen Arm/ dem Pferde Lufft zumachen und fortzuhelffen/ dann es unmuͤg- lich/ daß die Fauſt vorwerts kommen kan/ es folge denn der Arm etwas nach/ und dieſe Freylaſſung des Zaums iſt allezeit eine Huͤlffe/ und kan auch zu anders nichts gebrauchet werden. 2. Auffwerts: Dieſes beſchiehet wol mit dem gantzen Arm/ wann ſich derſelbe zugleich auch etwas vorwerts begeben muß/ wo man aber ein Pferd allein erheben oder ſuſtentiren will/ kan es allein wol mit dem halben voͤrdern Arm beſchehen. Wann nun ſolche Erhebung langſam und ſanfft beſchieht/ ſo iſt ſie allezeit eine Huͤlffe/ ſie werde gleich allezeit oder oͤffters im Fortreiten/ oder zum pariren und Auffnehmen ge- brauchet/ wie hoch oder niedrig ſolche genommen wird/ wo ſie aber gantz geſchwind/ und mit Staͤrcke vorgenommen wird/ ſo iſt ſie eine Straffe oder Brigli- tata, damit man dem Pferd das unter ſich boren ab- nehmen kan/ daß es ſich mit Hals und Kopff/ aus der Erden in die gute Poſitur giebet/ und darinnen (aus Sorg ſolcher Straff) deſto lieber bleibet. 3. Ruckwerts/ iſt es eine Huͤlffe/ wann das Anzie- hen der Zuͤgel langſamb und ſanfft beſchicht/ nuͤtzlich zum pariren/ (wiewol nicht ſo wolſtaͤndig oder ſicher/ als die Erhebung/) zum Auffhalten/ zuruͤck gehen/ wann es aber gehling und mit voͤlliger Staͤrcke alſo zuruͤck genommen wird/ ſo iſt es eine ſehr ſchaͤdliche Briglitata und Zaum-Straffe/ welche den Bilern und und der Zungen leichtlich Schaden bringet: dahero ſie auſſer euſerſten Nothfall/ von beſcheidenen Reu- tern/ ſelten gebrauchet wird. 4. Abwerts ſoll man keine Straffe vollziehen/ man wolte dann einem Pferd/ mit geſchwinder und ſtar- cker Anziehung der Zuͤgel/ die Laden mit Fleiß verder- ben/ zerbrechen oder unempfindlich machen/ welches bey Barbariſchen Pferden zwar eher als bey andern geſchehen kan/ weil das Mundſtuͤck ſo dann/ mit voͤlliger Schaͤrffe/ auff den Laden arbeitet/ eine Huͤl- fe aber/ iſt die Niederhaltung der Zuͤgel/ ſolchen Pfer- den/ welche die Koͤpfe zu hoch und weit hinaus ſtrek- ken/ dieſelbe herunter in die gute Poſtur zubringen/ und in derſelben zu erhalten/ wie ſie mit ſanfftem An- ziehen oder Halten/ niderig gefuͤhret werden. 5. Auswerts: Die Haͤnde auswerts zuhalten/ die- net dahin zuwenden/ wohin der Arm oder Haͤnde ſich bewegen/ weil aber ſolche Wendung ſo uͤbelſtaͤndig/ als guten Pferden ſchaͤdlich/ ſo iſt an derſelben Stell die ſubtile Wendung/ ſo allein vermittelſt des Ge- lenckes der Fauſt beſchehen kan/ die beſte und wol- ſtaͤndigſte/ dieſe aber auſſerhalb des Nothfalls/ und zwar allein bey noch ungewandten Pferden (doch maͤſſig) zu gebrauchen/ und nach und nach davon ab- zugewoͤhnen. 6. Einwerts: Dieſe Bewegung dependiret von der vorgehenden/ weil eine ohne die andere nicht be- ſchehen kan/ dahero mit Vermeidung der obern/ auch dieſer ſo viel zuentrathen iſt. Wiewol die erſt- gedachte ſubtile Wendungen eben ſolchen Effect in ſich haben/ indem ſich die Fauſt im vorwerts halten/ zugleich erheben/ im Niederſincken/ etwas zuruͤck ziehen/ im Umwenden etwas aus- und einwerts bege- ben/ und alſo alle ſechs Wuͤrckungen gleichſam un- verruͤckt verrichten kan. 2. Die Bewegungen des rechten Arms koͤnnen auch nicht weiter als auf ſech- ſerley Art gebrauchet werden. 1. Vorwerts/ zu einer Huͤlffe/ das Pferd fortzubrin- gen/ wann die Fauſt nur allein fortgerucket/ und eine Finta gemachet wird/ als ob man daſſelbe ſchlagen wolte. Zu einer Straffe/ wann ſich der Arm und Fauſt vorwerts begeben/ dem Pferd mit der Spießruthen einen Streich/ von vornen vor die Bruſt zu verſetzen/ um ſolches aufzuhalten Oder aber/ wann ſich der Arm vorwerts begeben/ und einen voͤlligen Streich faſſen muß/ das Pferd hin- ter dem Gurt den Bauch/ oder Schenckel zutreffen/ daſſelbe fortzutreiben. 2. Auff- Ander Theil. Y

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Zitationshilfe: Pinter von der Au, Johann Christoph: Neuer, vollkommener, verbesserter und ergänzter Pferd-Schatz. Frankfurt (Main), 1688, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pinter_pferdschatz_1688/181>, abgerufen am 19.04.2024.