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Pinter von der Au, Johann Christoph: Neuer, vollkommener, verbesserter und ergänzter Pferd-Schatz. Frankfurt (Main), 1688.

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Neuer vollkommener
[Spaltenumbruch] dessen unterschiedliche Lectionen nöthig/ nützlich und
gebräuchig/ eben die jenigen seyn/ welche im Anfang
zu der Unterweisung im Traversiren üblich/ und allen
denen bekandt seyn müssen/ welche sich der Abrich-
tung der Pferde unterwinden/ sind solche specialiter
zu erwehnen nöthig.

Die 14. Abbildung.
Repulon im Schritt und Trab.

Die halbe Volta oder Repulon mit ihren rechten
Bezeigungen erscheinen im Schritt und Trab/ die
14. Abbildung.

Die 15. Abbildung.
Repulon im Gallopoo und Sätzen.

Die 15. Abbildung zeiget die rechte Bezeigung der
halben Volta oder Repulons im Galloppo und
Sätzen.

Zu dem Repulon/
Vor der gantzen Volta/

Werden die Pferde von etlichen von den gantzen
radoppirenden Volten/ aus dieser Raison genom-
men/ daß es einem Pferde leichter sey/ eine halbe als
eine gantze Volta zu begreiffen/ also als eine Staffel-
Ordnung oder Unterweisung gebrauchen wollen.

Nach der gantzen Volta.

Andere befinden sich besser versichert/ daß dem
Pferd der Repulon gewiesen wird/ wann ihm die
gantzen Volten schon etwas bekandt gemachet wor-
den/ weil sie sich dann weniger Confusion als bey an-
dern vermuthen/ unter welchen die vornehmste/ daß
die Pferde (sonderlich die lang auff dem Repulon ex-
erciret worden) gäntzlich gewohnen auff der halben
Volta zu pariren oder zu wechseln/ welcher Mangel
eine gantz neue Unterweisung bedarff/ dasselbe aus der
Gedächtnüß zu bringen/ und zu Continuation der
gantzen Volta-Schliessung anzuhalten.

Beyde Meynungen seyn nicht ohne Vernunfft
oder Frucht anzubringen/ wann man solche nach dem
Unterschied der Pferde Natur/ Vermögen/ Willen
und Proportion gebrauchet/ welches in des Reuters
Urtheil stehet. Denn unwidersprechlich wird ein
hitziges Pferd/ durch die halbe Volten des Repulons
verhindert/ seine Furia in gantzen Volten zu behalten:
So es nun eine mässige und zulässige Begierde/ kön-
te es ihm mehr schädlich als nutzlich seyn/ weil dieselbe
dadurch stumpff gemachet werden müste. Jst aber
die Begierde übermässig/ so wird sie durch die halben
Volten des Repulons moderiret/ und das Pferd auf
rechten Gehorsam des Zaums gesetzet.

Wo aber eines unvermöglichen Pferdes Stärcke
oder Othem zu wenig/ gantze Volten aus zuhalten: so
wird es freylich im Anfang durch die gantze Volten
so viel stutzig gemachet/ als geschwächet/ dahero den-
selben die halbe Volten des Repulons darzu dienst-
[Spaltenumbruch] lich/daß sie den Othem nach und nach gewinnen/ und
die Kräfften etwas erholen/ biß sie durch vielfältige U-
bung und Gewohnheit eine gantze Volta ausdauren
mögen/ hergegen werden vermöglichen (aber da-
bey faulen) Pferden die vielfältige Handwechselun-
gen oder Paraden/ mehr zu ihrer Trägheit Anlaß ge-
ben als ermuntern/ welchen dahero die gantzen Vol-
ten/ vor den halben/ zu wissen/ jederzeit nützlicher seyn
werden.

So auch etlichen Pferden die halben Volten mehr
als die gantzen zuwider/ oder schwerer zu machen
seyn/ üben etliche Reuter solche Pferde desto lieber/
erstlich in den gantzen Volten/ damit das Pferd die
nachfolgenden desto leichter und lieber annehme/ weil
ein jedes Pferd eine halbe Volta leichter machen
wird/ welchem die gantzen schon bekandt und practi-
cirlich gemachet worden/ welche Erleichterung in der
geraden Lini stecket/ darum ist es nicht ein geringer
Vorthel/ dem Pferd die Proportion des Repulons/
von erstem Anfang im Schul-Schritt wol zu erken-
nen zu geben/ und zwar nach der Proportion und Ei-
genschafft der Pferde.

Dann je hitziger die Pferde in der Action erschei-
nen/ je länger müssen die geraden Linien des Repu-
lons genommen: Je fauler und unvermöglicher sie
hergegen seyn/ oder sich nur gar wenig auff den Zaum
legen: Je mehr müssen solche Linien verkürtzet wer-
den/ hergegen seyn bey den ersten die halben Wen-
dungs-Volten einzuziehen/ und bey den letzten zu ver-
weitern.

Es wird aber das Pferd auff dem äussersten Ende
der starcken Lini/ durch die Finta der Faustwendung
und inwendigen Schenckel/ geraden Kopff/ vordern
Leibe/ und vordern Füssen/ auff die Circumferentz der
Volta gebracht.

So dann auch das Creutz/ mit dem auswendigen
Schenckel innbehalten/ biß der gantze Leib des Pferds
die gerade Lini wieder zugleich erreichet: Denn in
dieser Gestalt ist das Pferd allein tüchtig/ ohne Ver-
lierung einiger Zeit/ aus dem Wendungs-Schluß/
stracks auff der geraden Lini fortzurucken/ und nach
der andern Wendung zu eylen/ auff welcher eben der-
gleichen mit Verwechselung der Hülffen/ des Zaums
und der Schenckel geschicht/ denn es muß die gerade
Lini eben sowol/ als die Wendung ihre Justezza be-
halten/ welches aber auff unterschiedliche Art verwir-
ret und verfälschet wird/ wann man 1. die Pferde auff
der geraden Lini zu frühe und ehe ansprenget/ als die
Wendung recht geschlossen ist. Dadurch beyde Be-
zeugungen geschwächet seyn: Jndem das Pferd dit
gerade Lini nur mit halbem Leib erreichet und passiret/
aus welchem Fehler dann der Anfang folgender
Wendung/ so wol als der zurück gelegte Schluß un-
vollkommen werden kan.

2. Wann die Volta mit vorgehendem Creutz vor
der Brust angefangen wird/ wodurch die Zeit und
Maß mit der Circumferentz gäntzlich verfälschet wer-
den.

Jst derowegen den Pferden nichts nöthigers;
als dasselbe im Schritt/ hernach im Trab wol zu fas-
sen/ zu üben/ und recht zu kennen/ ehe man zu dem

Gallopp

Neuer vollkommener
[Spaltenumbruch] deſſen unterſchiedliche Lectionen noͤthig/ nuͤtzlich und
gebraͤuchig/ eben die jenigen ſeyn/ welche im Anfang
zu der Unterweiſung im Traverſiren uͤblich/ und allen
denen bekandt ſeyn muͤſſen/ welche ſich der Abrich-
tung der Pferde unterwinden/ ſind ſolche ſpecialiter
zu erwehnen noͤthig.

Die 14. Abbildung.
Repulon im Schritt und Trab.

Die halbe Volta oder Repulon mit ihren rechten
Bezeigungen erſcheinen im Schritt und Trab/ die
14. Abbildung.

Die 15. Abbildung.
Repulon im Gallopoo und Saͤtzen.

Die 15. Abbildung zeiget die rechte Bezeigung der
halben Volta oder Repulons im Galloppo und
Saͤtzen.

Zu dem Repulon/
Vor der gantzen Volta/

Werden die Pferde von etlichen von den gantzen
radoppirenden Volten/ aus dieſer Raiſon genom-
men/ daß es einem Pferde leichter ſey/ eine halbe als
eine gantze Volta zu begreiffen/ alſo als eine Staffel-
Ordnung oder Unterweiſung gebrauchen wollen.

Nach der gantzen Volta.

Andere befinden ſich beſſer verſichert/ daß dem
Pferd der Repulon gewieſen wird/ wann ihm die
gantzen Volten ſchon etwas bekandt gemachet wor-
den/ weil ſie ſich dann weniger Confuſion als bey an-
dern vermuthen/ unter welchen die vornehmſte/ daß
die Pferde (ſonderlich die lang auff dem Repulon ex-
erciret worden) gaͤntzlich gewohnen auff der halben
Volta zu pariren oder zu wechſeln/ welcher Mangel
eine gantz neue Unterweiſung bedarff/ daſſelbe aus der
Gedaͤchtnuͤß zu bringen/ und zu Continuation der
gantzen Volta-Schlieſſung anzuhalten.

Beyde Meynungen ſeyn nicht ohne Vernunfft
oder Frucht anzubringen/ wann man ſolche nach dem
Unterſchied der Pferde Natur/ Vermoͤgen/ Willen
und Proportion gebrauchet/ welches in des Reuters
Urtheil ſtehet. Denn unwiderſprechlich wird ein
hitziges Pferd/ durch die halbe Volten des Repulons
verhindert/ ſeine Furia in gantzen Volten zu behalten:
So es nun eine maͤſſige und zulaͤſſige Begierde/ koͤn-
te es ihm mehr ſchaͤdlich als nutzlich ſeyn/ weil dieſelbe
dadurch ſtumpff gemachet werden muͤſte. Jſt aber
die Begierde uͤbermaͤſſig/ ſo wird ſie durch die halben
Volten des Repulons moderiret/ und das Pferd auf
rechten Gehorſam des Zaums geſetzet.

Wo aber eines unvermoͤglichen Pferdes Staͤrcke
oder Othem zu wenig/ gantze Volten aus zuhalten: ſo
wird es freylich im Anfang durch die gantze Volten
ſo viel ſtutzig gemachet/ als geſchwaͤchet/ dahero den-
ſelben die halbe Volten des Repulons darzu dienſt-
[Spaltenumbruch] lich/daß ſie den Othem nach und nach gewinnen/ uñ
die Kraͤfften etwas erholen/ biß ſie durch vielfaͤltige U-
bung und Gewohnheit eine gantze Volta ausdauren
moͤgen/ hergegen werden vermoͤglichen (aber da-
bey faulen) Pferden die vielfaͤltige Handwechſelun-
gen oder Paraden/ mehr zu ihrer Traͤgheit Anlaß ge-
ben als ermuntern/ welchen dahero die gantzen Vol-
ten/ vor den halben/ zu wiſſen/ jederzeit nuͤtzlicher ſeyn
werden.

So auch etlichen Pferden die halben Volten mehr
als die gantzen zuwider/ oder ſchwerer zu machen
ſeyn/ uͤben etliche Reuter ſolche Pferde deſto lieber/
erſtlich in den gantzen Volten/ damit das Pferd die
nachfolgenden deſto leichter und lieber annehme/ weil
ein jedes Pferd eine halbe Volta leichter machen
wird/ welchem die gantzen ſchon bekandt und practi-
cirlich gemachet worden/ welche Erleichterung in der
geraden Lini ſtecket/ darum iſt es nicht ein geringer
Vorthel/ dem Pferd die Proportion des Repulons/
von erſtem Anfang im Schul-Schritt wol zu erken-
nen zu geben/ und zwar nach der Proportion und Ei-
genſchafft der Pferde.

Dann je hitziger die Pferde in der Action erſchei-
nen/ je laͤnger muͤſſen die geraden Linien des Repu-
lons genommen: Je fauler und unvermoͤglicher ſie
hergegen ſeyn/ oder ſich nur gar wenig auff den Zaum
legen: Je mehr muͤſſen ſolche Linien verkuͤrtzet wer-
den/ hergegen ſeyn bey den erſten die halben Wen-
dungs-Volten einzuziehen/ und bey den letzten zu ver-
weitern.

Es wird aber das Pferd auff dem aͤuſſerſten Ende
der ſtarcken Lini/ durch die Finta der Fauſtwendung
und inwendigen Schenckel/ geraden Kopff/ vordern
Leibe/ und vordern Fuͤſſen/ auff die Circumferentz der
Volta gebracht.

So dann auch das Creutz/ mit dem auswendigen
Schenckel innbehalten/ biß der gantze Leib des Pferds
die gerade Lini wieder zugleich erreichet: Denn in
dieſer Geſtalt iſt das Pferd allein tuͤchtig/ ohne Ver-
lierung einiger Zeit/ aus dem Wendungs-Schluß/
ſtracks auff der geraden Lini fortzurucken/ und nach
der andern Wendung zu eylen/ auff welcher eben der-
gleichen mit Verwechſelung der Huͤlffen/ des Zaums
und der Schenckel geſchicht/ denn es muß die gerade
Lini eben ſowol/ als die Wendung ihre Juſtezza be-
halten/ welches aber auff unterſchiedliche Art verwir-
ret und verfaͤlſchet wird/ wann man 1. die Pferde auff
der geraden Lini zu fruͤhe und ehe anſprenget/ als die
Wendung recht geſchloſſen iſt. Dadurch beyde Be-
zeugungen geſchwaͤchet ſeyn: Jndem das Pferd dit
gerade Lini nur mit halbem Leib erreichet und paſſiret/
aus welchem Fehler dann der Anfang folgender
Wendung/ ſo wol als der zuruͤck gelegte Schluß un-
vollkommen werden kan.

2. Wann die Volta mit vorgehendem Creutz vor
der Bruſt angefangen wird/ wodurch die Zeit und
Maß mit der Circumferentz gaͤntzlich verfaͤlſchet wer-
den.

Jſt derowegen den Pferden nichts noͤthigers;
als daſſelbe im Schritt/ hernach im Trab wol zu faſ-
ſen/ zu uͤben/ und recht zu kennen/ ehe man zu dem

Gallopp
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[300/0332] Neuer vollkommener deſſen unterſchiedliche Lectionen noͤthig/ nuͤtzlich und gebraͤuchig/ eben die jenigen ſeyn/ welche im Anfang zu der Unterweiſung im Traverſiren uͤblich/ und allen denen bekandt ſeyn muͤſſen/ welche ſich der Abrich- tung der Pferde unterwinden/ ſind ſolche ſpecialiter zu erwehnen noͤthig. Die 14. Abbildung. Repulon im Schritt und Trab. Die halbe Volta oder Repulon mit ihren rechten Bezeigungen erſcheinen im Schritt und Trab/ die 14. Abbildung. Die 15. Abbildung. Repulon im Gallopoo und Saͤtzen. Die 15. Abbildung zeiget die rechte Bezeigung der halben Volta oder Repulons im Galloppo und Saͤtzen. Zu dem Repulon/ Vor der gantzen Volta/ Werden die Pferde von etlichen von den gantzen radoppirenden Volten/ aus dieſer Raiſon genom- men/ daß es einem Pferde leichter ſey/ eine halbe als eine gantze Volta zu begreiffen/ alſo als eine Staffel- Ordnung oder Unterweiſung gebrauchen wollen. Nach der gantzen Volta. 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Denn unwiderſprechlich wird ein hitziges Pferd/ durch die halbe Volten des Repulons verhindert/ ſeine Furia in gantzen Volten zu behalten: So es nun eine maͤſſige und zulaͤſſige Begierde/ koͤn- te es ihm mehr ſchaͤdlich als nutzlich ſeyn/ weil dieſelbe dadurch ſtumpff gemachet werden muͤſte. Jſt aber die Begierde uͤbermaͤſſig/ ſo wird ſie durch die halben Volten des Repulons moderiret/ und das Pferd auf rechten Gehorſam des Zaums geſetzet. Wo aber eines unvermoͤglichen Pferdes Staͤrcke oder Othem zu wenig/ gantze Volten aus zuhalten: ſo wird es freylich im Anfang durch die gantze Volten ſo viel ſtutzig gemachet/ als geſchwaͤchet/ dahero den- ſelben die halbe Volten des Repulons darzu dienſt- lich/daß ſie den Othem nach und nach gewinnen/ uñ die Kraͤfften etwas erholen/ biß ſie durch vielfaͤltige U- bung und Gewohnheit eine gantze Volta ausdauren moͤgen/ hergegen werden vermoͤglichen (aber da- bey faulen) Pferden die vielfaͤltige Handwechſelun- gen oder Paraden/ mehr zu ihrer Traͤgheit Anlaß ge- ben als ermuntern/ welchen dahero die gantzen Vol- ten/ vor den halben/ zu wiſſen/ jederzeit nuͤtzlicher ſeyn werden. So auch etlichen Pferden die halben Volten mehr als die gantzen zuwider/ oder ſchwerer zu machen ſeyn/ uͤben etliche Reuter ſolche Pferde deſto lieber/ erſtlich in den gantzen Volten/ damit das Pferd die nachfolgenden deſto leichter und lieber annehme/ weil ein jedes Pferd eine halbe Volta leichter machen wird/ welchem die gantzen ſchon bekandt und practi- cirlich gemachet worden/ welche Erleichterung in der geraden Lini ſtecket/ darum iſt es nicht ein geringer Vorthel/ dem Pferd die Proportion des Repulons/ von erſtem Anfang im Schul-Schritt wol zu erken- nen zu geben/ und zwar nach der Proportion und Ei- genſchafft der Pferde. Dann je hitziger die Pferde in der Action erſchei- nen/ je laͤnger muͤſſen die geraden Linien des Repu- lons genommen: Je fauler und unvermoͤglicher ſie hergegen ſeyn/ oder ſich nur gar wenig auff den Zaum legen: Je mehr muͤſſen ſolche Linien verkuͤrtzet wer- den/ hergegen ſeyn bey den erſten die halben Wen- dungs-Volten einzuziehen/ und bey den letzten zu ver- weitern. Es wird aber das Pferd auff dem aͤuſſerſten Ende der ſtarcken Lini/ durch die Finta der Fauſtwendung und inwendigen Schenckel/ geraden Kopff/ vordern Leibe/ und vordern Fuͤſſen/ auff die Circumferentz der Volta gebracht. So dann auch das Creutz/ mit dem auswendigen Schenckel innbehalten/ biß der gantze Leib des Pferds die gerade Lini wieder zugleich erreichet: Denn in dieſer Geſtalt iſt das Pferd allein tuͤchtig/ ohne Ver- lierung einiger Zeit/ aus dem Wendungs-Schluß/ ſtracks auff der geraden Lini fortzurucken/ und nach der andern Wendung zu eylen/ auff welcher eben der- gleichen mit Verwechſelung der Huͤlffen/ des Zaums und der Schenckel geſchicht/ denn es muß die gerade Lini eben ſowol/ als die Wendung ihre Juſtezza be- halten/ welches aber auff unterſchiedliche Art verwir- ret und verfaͤlſchet wird/ wann man 1. die Pferde auff der geraden Lini zu fruͤhe und ehe anſprenget/ als die Wendung recht geſchloſſen iſt. Dadurch beyde Be- zeugungen geſchwaͤchet ſeyn: Jndem das Pferd dit gerade Lini nur mit halbem Leib erreichet und paſſiret/ aus welchem Fehler dann der Anfang folgender Wendung/ ſo wol als der zuruͤck gelegte Schluß un- vollkommen werden kan. 2. Wann die Volta mit vorgehendem Creutz vor der Bruſt angefangen wird/ wodurch die Zeit und Maß mit der Circumferentz gaͤntzlich verfaͤlſchet wer- den. Jſt derowegen den Pferden nichts noͤthigers; als daſſelbe im Schritt/ hernach im Trab wol zu faſ- ſen/ zu uͤben/ und recht zu kennen/ ehe man zu dem Gallopp

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Zitationshilfe: Pinter von der Au, Johann Christoph: Neuer, vollkommener, verbesserter und ergänzter Pferd-Schatz. Frankfurt (Main), 1688, S. 300. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pinter_pferdschatz_1688/332>, abgerufen am 25.04.2024.