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Pinter von der Au, Johann Christoph: Neuer, vollkommener, verbesserter und ergänzter Pferd-Schatz. Frankfurt (Main), 1688.

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Neuer vollkommener
[Spaltenumbruch] keines Weges entrüste/ noch hochmüthig oder ruhm-
räthig/ sondern gegen jedermänniglich/ zuforderst
aber gegen ehrliche Leute leutselig/ freundlich und ge-
sprächig seyn müsse.

Das 3. Capitel.
Was für Qvalitäten und Eigenschaff-
ten bey einem wol-anständigen und
guten Reuter erfodert wer-
den.

ES ist nicht genug/ daß derjenige/ welcher Professi-
on machet/ diese edle Ubung zu lehren/ mit denen im
vorhergehenden Capitel gemeldten Qvalitäten bega-
bet sey/ sondern er muß auch noch viel andere mehr an
sich haben/ ohne welche ihm unmüglich seyn würde/
seine Schüler mit Nutzen zu unterrichten.

Es ist vor allen Dingen nothwendig/ daß er seine
Kunst wol verstehe/ das ist/ daß er ein guter Reuter sey/
so wol was seine Person anlanget/ als auch/ daß er die
Art und Weise wol wisse/ seine Schüler zu unterrich-
ten; Denn das Recht und die Erfahrung lehret
uns/ daß niemand nicht geben könne/ was er selber
nicht hat.

So muß er nun dieselbige vollkommentlich verste-
hen/ über dem ist auch nöthig/ daß er eine sothane
leichte Art an ihm habe/ daß er sie wol von sich geben
könne/ welches man/ vernünfftiglich von einer Sache
zu handeln/ oder Verstand nennet/ damit seine Schü-
ler ihn verstehen und begreiffen können/ was sie wis-
sen sollen; Jn Betrachtung es gar gewiß/ daß eine
Sache wol zu verstehen/ man estlich wissen/ was man
thun will/ und damit man es wol thue/ es verstehen
müsse: Und dieses kan nicht geschehen/ wo man nicht
genugsame Wissenschafft und Verstand hat/ seinem
Schüler dasjenige zu verstehen zu geben/ was man
von ihm gethan zu haben begehret. Uber dieses muß
er sehr geduldig seyn/ denn so er zorniges Gemüths
ist/ machet er den Lehrling furchtsam/ und benimmt
ihm den Verstand/ welches ihn verhindert/ daß er
nicht mit Zusammenhaltung der Sinne das seinige
thun kan Und daraus erfolget noch eine andere
Unordnung/ wenn der Lehrmeister/ der Schüler/ und
das Pferd aus Ungedult ihre Vernunfft nicht recht
gebrauchen können; Zu dem muß er seine Schüler
gleicher Weise unterrichten/ und einem nicht mehr als
dem andern Gunst erweisen/ sondern gegen alle einer-
ley Liebe und gleiche Sorgfalt spüren lassen/ damit er
keine Eyfer-Sucht und Unwillen unter ihnen erwek-
ken möge.

Das 4. Capitel.
Von der Postur oder Stellung eines
guten Reuters/ oder wie einer
soll wol zu Pferde
sitzen.

ES sind drey nothwendige Dinge vor einen/ der
wol wil zu Pferde sitzen/ in acht zu nehmen.

[Spaltenumbruch]

Erstlich soll er feste (zu Pferd) sitzen; Zum an-
dern/ soll er behertzt und starck seyn; Und zum drit-
ten/ sehr wol in dem Sattel sitzen/ oder/ wie etliche re-
den/ in dem Sattel wol und fest gesetzet sich halten;
und wenn sein Pferd zu tummeln bereit ist/ soll er es
regieren ohne Veränderung der Postur/ ohne daß er
den Leib hin und her werffe/ und damit wackle/ auch
nicht mit der Hand oder den Beinen/ ohne alle übele
Handlung/ noch sich ungeberdig verstelle; die
Schultern sollen gleich/ das Haupt auffrecht un ge-
rade/ der Mittler-Leib ein wenig vorwerts/ und der
Leib hinterwerts/ die Schenckel fest und wol außge-
strecket/ und nicht zu nahe/ auch nicht zu weit ab von
dem Pferde gehalten werden. Er soll keinen Zwang
in allen seinen Handlungen spüren lassen/ die Hulffen
so sanfft als hurtig/ die Hand gelinde und stät/ und
nicht allzuweit vor des Pferdes Ohren vorgehen/ son-
dern wol gehalten/ fein nahe über dem Sattel-Knopf/
die Faust mit dem Zaum gerade/ das Gesicht gravi-
tatisch und behertzt seyn: denn man sagt gemei-
niglich/ daß ein Reuter zu Pferde etwas hoffärtig/
und sehr demüthig zu Fusse seyn solle.

Ob er aber schon nicht alle diese Vollkommenhei-
ten an sich hätte/ würde er doch darumb wol ein gu-
ter Reuter seyn können; wiewol zu wünschen wä-
re/ daß er sie alle hätte/ in dem Grad/ als ich sie beschrie-
ben habe. Denn es ist ein Unterscheid unter einem
zierlichen Reuter/ und unter einem guten Reuter/
gleichwie auch ein Unterscheid ist/ ein guter Reuter
seyn/ oder die Kunst die Pferde wol zu zäumen verste-
hen; Der Unterscheid des letztern ist auch an dem
zu sehen/ daß derjenige/ so sie wol zu zäumen weiß/ zu-
weilen nicht tüchtig ist/ dieselbe zuzureiten/ und der sie
wol zu reiten weiß/ ist zuweilen nicht geschickt andere
wol zu unterrichten/ und mit Verstand Lection zuge-
ben/ und mit deutlicher und leichter Art alles wol aus-
zudrücken und zu verstehen zu geben. Wenn aber ei-
ner zu finden wäre/ der alle obgemeldte Vollkommen-
heiten an sich hätte/ der könnte sich mit Recht und
Billigkeit einen vollkommenen Reuter nennen.

Das 5. Capitel.
Was ein guter Reuter/ die Ordnung
und Verwaltung eines guten Mar-
stalls betreffend/ wissen
soll.

DJe Könige/ Fürsten und grosse Herren/ und mit
einem Wort/ alle diejenigen/ die einen grossen
Marstall oder Studterey haben/ es seyn gleich gantz
auff der Schul zugeritten oder zur Jagt abgerichtete
Pferde und Läuffer/ und insonderheit die Bereuter/
welche Reit-Schulen haben/ sollen eine Person hal-
ten/ so Auffsicht über ihren Marstall habe/ als welches
eine Profession ist/ die nicht geringe Mühe hat/ auch
muß der/ so eines solchen Menschen von nöthen hat/
wissen/ was er für einen darzu nehmen und erwehlen
soll/ sintemahl wohl bekand ist/ daß derjenige/ welcher
diese Verrichtung auff sich nimmt/ so wachsam als
fleiffig seyn/ und in der That müsse sehen lassen/ daß es

wahr

Neuer vollkommener
[Spaltenumbruch] keines Weges entruͤſte/ noch hochmuͤthig oder ruhm-
raͤthig/ ſondern gegen jedermaͤnniglich/ zuforderſt
aber gegen ehrliche Leute leutſelig/ freundlich und ge-
ſpraͤchig ſeyn muͤſſe.

Das 3. Capitel.
Was fuͤr Qvalitaͤten und Eigenſchaff-
ten bey einem wol-anſtaͤndigen und
guten Reuter erfodert wer-
den.

ES iſt nicht genug/ daß derjenige/ welcher Profeſſi-
on machet/ dieſe edle Ubung zu lehren/ mit denen im
vorhergehenden Capitel gemeldten Qvalitaͤten bega-
bet ſey/ ſondern er muß auch noch viel andere mehr an
ſich haben/ ohne welche ihm unmuͤglich ſeyn wuͤrde/
ſeine Schuͤler mit Nutzen zu unterrichten.

Es iſt vor allen Dingen nothwendig/ daß er ſeine
Kunſt wol verſtehe/ das iſt/ daß er ein guter Reuter ſey/
ſo wol was ſeine Perſon anlanget/ als auch/ daß er die
Art und Weiſe wol wiſſe/ ſeine Schuͤler zu unterrich-
ten; Denn das Recht und die Erfahrung lehret
uns/ daß niemand nicht geben koͤnne/ was er ſelber
nicht hat.

So muß er nun dieſelbige vollkommentlich verſte-
hen/ uͤber dem iſt auch noͤthig/ daß er eine ſothane
leichte Art an ihm habe/ daß er ſie wol von ſich geben
koͤnne/ welches man/ vernuͤnfftiglich von einer Sache
zu handeln/ oder Verſtand nennet/ damit ſeine Schuͤ-
ler ihn verſtehen und begreiffen koͤnnen/ was ſie wiſ-
ſen ſollen; Jn Betrachtung es gar gewiß/ daß eine
Sache wol zu verſtehen/ man eſtlich wiſſen/ was man
thun will/ und damit man es wol thue/ es verſtehen
muͤſſe: Und dieſes kan nicht geſchehen/ wo man nicht
genugſame Wiſſenſchafft und Verſtand hat/ ſeinem
Schuͤler dasjenige zu verſtehen zu geben/ was man
von ihm gethan zu haben begehret. Uber dieſes muß
er ſehr geduldig ſeyn/ denn ſo er zorniges Gemuͤths
iſt/ machet er den Lehrling furchtſam/ und benimmt
ihm den Verſtand/ welches ihn verhindert/ daß er
nicht mit Zuſammenhaltung der Sinne das ſeinige
thun kan Und daraus erfolget noch eine andere
Unordnung/ wenn der Lehrmeiſter/ der Schuͤler/ und
das Pferd aus Ungedult ihre Vernunfft nicht recht
gebrauchen koͤnnen; Zu dem muß er ſeine Schuͤler
gleicher Weiſe unterrichten/ und einem nicht mehr als
dem andern Gunſt erweiſen/ ſondern gegen alle einer-
ley Liebe und gleiche Sorgfalt ſpuͤren laſſen/ damit er
keine Eyfer-Sucht und Unwillen unter ihnen erwek-
ken moͤge.

Das 4. Capitel.
Von der Poſtur oder Stellung eines
guten Reuters/ oder wie einer
ſoll wol zu Pferde
ſitzen.

ES ſind drey nothwendige Dinge vor einen/ der
wol wil zu Pferde ſitzen/ in acht zu nehmen.

[Spaltenumbruch]

Erſtlich ſoll er feſte (zu Pferd) ſitzen; Zum an-
dern/ ſoll er behertzt und ſtarck ſeyn; Und zum drit-
ten/ ſehr wol in dem Sattel ſitzen/ oder/ wie etliche re-
den/ in dem Sattel wol und feſt geſetzet ſich halten;
und wenn ſein Pferd zu tummeln bereit iſt/ ſoll er es
regieren ohne Veraͤnderung der Poſtur/ ohne daß er
den Leib hin und her werffe/ und damit wackle/ auch
nicht mit der Hand oder den Beinen/ ohne alle uͤbele
Handlung/ noch ſich ungeberdig verſtelle; die
Schultern ſollen gleich/ das Haupt auffrecht un ge-
rade/ der Mittler-Leib ein wenig vorwerts/ und der
Leib hinterwerts/ die Schenckel feſt und wol außge-
ſtrecket/ und nicht zu nahe/ auch nicht zu weit ab von
dem Pferde gehalten werden. Er ſoll keinen Zwang
in allen ſeinen Handlungen ſpuͤren laſſen/ die Hulffen
ſo ſanfft als hurtig/ die Hand gelinde und ſtaͤt/ und
nicht allzuweit vor des Pferdes Ohren vorgehen/ ſon-
dern wol gehalten/ fein nahe uͤber dem Sattel-Knopf/
die Fauſt mit dem Zaum gerade/ das Geſicht gravi-
tatiſch und behertzt ſeyn: denn man ſagt gemei-
niglich/ daß ein Reuter zu Pferde etwas hoffaͤrtig/
und ſehr demuͤthig zu Fuſſe ſeyn ſolle.

Ob er aber ſchon nicht alle dieſe Vollkommenhei-
ten an ſich haͤtte/ wuͤrde er doch darumb wol ein gu-
ter Reuter ſeyn koͤnnen; wiewol zu wuͤnſchen waͤ-
re/ daß er ſie alle haͤtte/ in dem Grad/ als ich ſie beſchrie-
ben habe. Denn es iſt ein Unterſcheid unter einem
zierlichen Reuter/ und unter einem guten Reuter/
gleichwie auch ein Unterſcheid iſt/ ein guter Reuter
ſeyn/ oder die Kunſt die Pferde wol zu zaͤumen verſte-
hen; Der Unterſcheid des letztern iſt auch an dem
zu ſehen/ daß derjenige/ ſo ſie wol zu zaͤumen weiß/ zu-
weilen nicht tuͤchtig iſt/ dieſelbe zuzureiten/ und der ſie
wol zu reiten weiß/ iſt zuweilen nicht geſchickt andere
wol zu unterrichten/ und mit Verſtand Lection zuge-
ben/ und mit deutlicher und leichter Art alles wol aus-
zudruͤcken und zu verſtehen zu geben. Wenn aber ei-
ner zu finden waͤre/ der alle obgemeldte Vollkommen-
heiten an ſich haͤtte/ der koͤnnte ſich mit Recht und
Billigkeit einen vollkommenen Reuter nennen.

Das 5. Capitel.
Was ein guter Reuter/ die Ordnung
und Verwaltung eines guten Mar-
ſtalls betreffend/ wiſſen
ſoll.

DJe Koͤnige/ Fuͤrſten und groſſe Herren/ und mit
einem Wort/ alle diejenigen/ die einen groſſen
Marſtall oder Studterey haben/ es ſeyn gleich gantz
auff der Schul zugeritten oder zur Jagt abgerichtete
Pferde und Laͤuffer/ und inſonderheit die Bereuter/
welche Reit-Schulen haben/ ſollen eine Perſon hal-
ten/ ſo Auffſicht uͤber ihren Marſtall habe/ als welches
eine Profeſſion iſt/ die nicht geringe Muͤhe hat/ auch
muß der/ ſo eines ſolchen Menſchen von noͤthen hat/
wiſſen/ was er fuͤr einen darzu nehmen und erwehlen
ſoll/ ſintemahl wohl bekand iſt/ daß derjenige/ welcher
dieſe Verrichtung auff ſich nimmt/ ſo wachſam als
fleiffig ſeyn/ und in der That muͤſſe ſehen laſſen/ daß es

wahr
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[342/0394] Neuer vollkommener keines Weges entruͤſte/ noch hochmuͤthig oder ruhm- raͤthig/ ſondern gegen jedermaͤnniglich/ zuforderſt aber gegen ehrliche Leute leutſelig/ freundlich und ge- ſpraͤchig ſeyn muͤſſe. Das 3. Capitel. Was fuͤr Qvalitaͤten und Eigenſchaff- ten bey einem wol-anſtaͤndigen und guten Reuter erfodert wer- den. ES iſt nicht genug/ daß derjenige/ welcher Profeſſi- on machet/ dieſe edle Ubung zu lehren/ mit denen im vorhergehenden Capitel gemeldten Qvalitaͤten bega- bet ſey/ ſondern er muß auch noch viel andere mehr an ſich haben/ ohne welche ihm unmuͤglich ſeyn wuͤrde/ ſeine Schuͤler mit Nutzen zu unterrichten. Es iſt vor allen Dingen nothwendig/ daß er ſeine Kunſt wol verſtehe/ das iſt/ daß er ein guter Reuter ſey/ ſo wol was ſeine Perſon anlanget/ als auch/ daß er die Art und Weiſe wol wiſſe/ ſeine Schuͤler zu unterrich- ten; Denn das Recht und die Erfahrung lehret uns/ daß niemand nicht geben koͤnne/ was er ſelber nicht hat. So muß er nun dieſelbige vollkommentlich verſte- hen/ uͤber dem iſt auch noͤthig/ daß er eine ſothane leichte Art an ihm habe/ daß er ſie wol von ſich geben koͤnne/ welches man/ vernuͤnfftiglich von einer Sache zu handeln/ oder Verſtand nennet/ damit ſeine Schuͤ- ler ihn verſtehen und begreiffen koͤnnen/ was ſie wiſ- ſen ſollen; Jn Betrachtung es gar gewiß/ daß eine Sache wol zu verſtehen/ man eſtlich wiſſen/ was man thun will/ und damit man es wol thue/ es verſtehen muͤſſe: Und dieſes kan nicht geſchehen/ wo man nicht genugſame Wiſſenſchafft und Verſtand hat/ ſeinem Schuͤler dasjenige zu verſtehen zu geben/ was man von ihm gethan zu haben begehret. Uber dieſes muß er ſehr geduldig ſeyn/ denn ſo er zorniges Gemuͤths iſt/ machet er den Lehrling furchtſam/ und benimmt ihm den Verſtand/ welches ihn verhindert/ daß er nicht mit Zuſammenhaltung der Sinne das ſeinige thun kan Und daraus erfolget noch eine andere Unordnung/ wenn der Lehrmeiſter/ der Schuͤler/ und das Pferd aus Ungedult ihre Vernunfft nicht recht gebrauchen koͤnnen; Zu dem muß er ſeine Schuͤler gleicher Weiſe unterrichten/ und einem nicht mehr als dem andern Gunſt erweiſen/ ſondern gegen alle einer- ley Liebe und gleiche Sorgfalt ſpuͤren laſſen/ damit er keine Eyfer-Sucht und Unwillen unter ihnen erwek- ken moͤge. Das 4. Capitel. Von der Poſtur oder Stellung eines guten Reuters/ oder wie einer ſoll wol zu Pferde ſitzen. ES ſind drey nothwendige Dinge vor einen/ der wol wil zu Pferde ſitzen/ in acht zu nehmen. Erſtlich ſoll er feſte (zu Pferd) ſitzen; Zum an- dern/ ſoll er behertzt und ſtarck ſeyn; Und zum drit- ten/ ſehr wol in dem Sattel ſitzen/ oder/ wie etliche re- den/ in dem Sattel wol und feſt geſetzet ſich halten; und wenn ſein Pferd zu tummeln bereit iſt/ ſoll er es regieren ohne Veraͤnderung der Poſtur/ ohne daß er den Leib hin und her werffe/ und damit wackle/ auch nicht mit der Hand oder den Beinen/ ohne alle uͤbele Handlung/ noch ſich ungeberdig verſtelle; die Schultern ſollen gleich/ das Haupt auffrecht un ge- rade/ der Mittler-Leib ein wenig vorwerts/ und der Leib hinterwerts/ die Schenckel feſt und wol außge- ſtrecket/ und nicht zu nahe/ auch nicht zu weit ab von dem Pferde gehalten werden. Er ſoll keinen Zwang in allen ſeinen Handlungen ſpuͤren laſſen/ die Hulffen ſo ſanfft als hurtig/ die Hand gelinde und ſtaͤt/ und nicht allzuweit vor des Pferdes Ohren vorgehen/ ſon- dern wol gehalten/ fein nahe uͤber dem Sattel-Knopf/ die Fauſt mit dem Zaum gerade/ das Geſicht gravi- tatiſch und behertzt ſeyn: denn man ſagt gemei- niglich/ daß ein Reuter zu Pferde etwas hoffaͤrtig/ und ſehr demuͤthig zu Fuſſe ſeyn ſolle. Ob er aber ſchon nicht alle dieſe Vollkommenhei- ten an ſich haͤtte/ wuͤrde er doch darumb wol ein gu- ter Reuter ſeyn koͤnnen; wiewol zu wuͤnſchen waͤ- re/ daß er ſie alle haͤtte/ in dem Grad/ als ich ſie beſchrie- ben habe. Denn es iſt ein Unterſcheid unter einem zierlichen Reuter/ und unter einem guten Reuter/ gleichwie auch ein Unterſcheid iſt/ ein guter Reuter ſeyn/ oder die Kunſt die Pferde wol zu zaͤumen verſte- hen; Der Unterſcheid des letztern iſt auch an dem zu ſehen/ daß derjenige/ ſo ſie wol zu zaͤumen weiß/ zu- weilen nicht tuͤchtig iſt/ dieſelbe zuzureiten/ und der ſie wol zu reiten weiß/ iſt zuweilen nicht geſchickt andere wol zu unterrichten/ und mit Verſtand Lection zuge- ben/ und mit deutlicher und leichter Art alles wol aus- zudruͤcken und zu verſtehen zu geben. Wenn aber ei- ner zu finden waͤre/ der alle obgemeldte Vollkommen- heiten an ſich haͤtte/ der koͤnnte ſich mit Recht und Billigkeit einen vollkommenen Reuter nennen. Das 5. Capitel. Was ein guter Reuter/ die Ordnung und Verwaltung eines guten Mar- ſtalls betreffend/ wiſſen ſoll. DJe Koͤnige/ Fuͤrſten und groſſe Herren/ und mit einem Wort/ alle diejenigen/ die einen groſſen Marſtall oder Studterey haben/ es ſeyn gleich gantz auff der Schul zugeritten oder zur Jagt abgerichtete Pferde und Laͤuffer/ und inſonderheit die Bereuter/ welche Reit-Schulen haben/ ſollen eine Perſon hal- ten/ ſo Auffſicht uͤber ihren Marſtall habe/ als welches eine Profeſſion iſt/ die nicht geringe Muͤhe hat/ auch muß der/ ſo eines ſolchen Menſchen von noͤthen hat/ wiſſen/ was er fuͤr einen darzu nehmen und erwehlen ſoll/ ſintemahl wohl bekand iſt/ daß derjenige/ welcher dieſe Verrichtung auff ſich nimmt/ ſo wachſam als fleiffig ſeyn/ und in der That muͤſſe ſehen laſſen/ daß es wahr

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Zitationshilfe: Pinter von der Au, Johann Christoph: Neuer, vollkommener, verbesserter und ergänzter Pferd-Schatz. Frankfurt (Main), 1688, S. 342. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pinter_pferdschatz_1688/394>, abgerufen am 28.03.2024.