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Pinter von der Au, Johann Christoph: Neuer, vollkommener, verbesserter und ergänzter Pferd-Schatz. Frankfurt (Main), 1688.

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Wohl-bewährte
[Spaltenumbruch] kandten Kranckheiten höret und geplaget ist/ ümb
welcher Erforschung/ sambt derselben Kennzeichen/
Ursachen/ Verhütungs- und Abhelffungs-Mittel die
Antiqvität von Zeit zu Zeit sehr bekümmert war/ wie
aus dem unterschiedenen Alter und Zeit/ darinnen
solche Seribenten gelebet abzusehen und auszurech-
nen ist: Daher es nicht minder zu beklagen/ daß jez-
ziger Zeit die Sorgfalt so gar weit abgenommen/ und
man gar nicht mehr wie vor Alters beflissen ist/ so viel
Arbeit und Unkosten/ auf die allernöthigsten als an
die unnöthigsten vergeblichen Wissenschafften zu
verwenden. Woher man gewisse Nachricht und
Gründe zu nehmen hätte/ worauf man die Cur sicher
stellen könte. Wie man hergegen aus der Alten für
uns getragene Sorge/ Mühe und Freygebigkeit noch
vieles zu geniessen hätte/ wann man nur so viel Zeit
und Arbeit daran wagen wolte/ dasselbe bey denselben
aufzuschlagen. Jnmassen die Liebhaber dieser Wis-
senschafft/ auf das einige Werck/ so Aristoteles de Na-
tura animalium
geschrieben/ 800. Talenta gewendet.

Welchem guten Exempel andere nachgefolget/ wie
aus derselben hinterlassenen Büchern oder Schriff-
ten nachzulesen: sonderlich aber von der bekandte-
sten Autoren/ unter welchen sonderlich zu erwegen/
was Absyrtus, Anatolius, Agatotychus, Albertus, Bo-
neventanus; Cassius, Collumella, Crescentius, Cice-
ro, Caesar Fiaschii, Colombre, Dioscorides, Eumilius,
Ferrara, Galenus, Gordano, Rusto, Hemerius, Hip-
pocrates, Justinus, Litorius, Foelix, Lorenzo Rusio,
Marcellus, Nicander, Pelangonius, Pistorius, Plinius,
Palladius, Pasquala Caraciola, Ruellius, Siculus, Si-
pontinus, Salimis, Sabellius, Strabo, Soyter, Tiberius,
Varro, Vegetius, Xenophon
und Zehendorff/ mit
noch etlichen andern davon hinterlassen.

Ob gleich von der Pferd-Artzney andere mehr/
theils für sich selbst/ theils offentlich geschrieben/ wel-
chen es von andern nachgeschrieben/ und nicht wenig
davon wider der Authoren Wissen und Willen aus-
[Spaltenumbruch] kommen: so seyn doch mehr gemeine Dorff- und
Bauren-Schmids/ als natürliche und benahmte
Mittel/ auch zweiffelhafft/ und endlich wider die Er-
fahrungs-Prob darin zu finden/ welche allein das ver-
wirrete Auffschreiben des Lesens und Nachfolg un-
würdig machet/ ohne daß sie wegen anderer Mängel
verdächtig/ also sicherer zu meyden/ als zu imitiren
seyn/ weil derselben Jntent mehr dahin zielet/ eine
grosse Menge weitläufftige Recepta/ in aller Unord-
nung zu vermengen/ als die Zustände eigentlich zu be-
schreiben.

Daß aber hergegen die Schmide von mehr denn
300. Jahren unter die vortrefflichsten Leute der Welt
eingezehlet worden/ nicht nur weil sie ein Pferd be-
schlagen oder ein eysernen Streit-Wagen machen
können/ sondern vielmehr daß bey ihnen die Wissen-
schafft der Pferde-Cur zu finden war/ lässet sich aus der
sonderlich denckwürdig und alten Geschicht schliessen:
daß der Monarch Alexander/ mit eigenen Händen an
seinen Reitschmied geschreiben/ und demselben die
Gesundheit Versorgung seiner Pferde so hoch recom-
mendiret und anbefohlen/ weil solcher Potentat wol
verstanden und erfahren/ wie viel an derselben Erhal-
tung gelegen ist. Welcherley gründliche Erfahrung
man heutiges Tages/ bey gar wenig Schmieden an-
treffen kan/ ob sie gleich diejenigen alle seyn wollen/ bey
welchen die Cur der Pferde allein zu suchen sey; wie
es zwar billig also seyn solte/ weil sie hierzu die beste
Mittel hätten/ wann sie recht angewendet würden:
Jm Fall sie auch so viel Gedancken auf die eigentliche
Erkäntnüß der Kranckheiten/ und aus welchen Ursa-
chen dieselben entspringen/ woraus sie unfehlbar zu er-
kennen/ wie sie zuverhüten wären/ und zu curiren seyn/
als auff ihren Verdienst wenden und verstehen lernen
wolten/ welchen ich hierdurch nicht geringe Mühe
und Unkosten ersparet zu haben verhoffe/ so sie viel um
ein geringers/ als ich habhafft werden können/ so fern
sie ihnen dieses von mir anzunehmen belieben lassen.



Die Ordnung/
So in dieser Pferd-Artzney in acht genommen wird.

Jst:

[Spaltenumbruch]
1. Haben die Kennzeichen/ aller unsichtbahren inner-
lichen Gebrechen oder Kranckheiten die erste
Stelle.
2. Der Kranckheiten erste und eigentliche Ursa-
chen.
3. Wie dieselbe 1. durch ordentliche Vorkommungs-
Mittel/ 2. durch Praeservativa zuverhüten
seyn.
4. Die Medicamenta und Cur an sich selbsten.
[Spaltenumbruch]
5. Seyn die Mängel und Kranckheiten von Glied zu
Glied/ innerlich und äusserlich durchgangen.
6. Sollen bey jeder Cur 1. die gemeine/ 2. die sonder-
liche Regeln/ nicht aus der Acht gelassen/ son-
dern in ein oder anderm Fall wol beobachtet
werden.
7. Seyn der alten Scribenten Lehren und Melnun-
gen derselben Regeln zum Fundament gesetzet/
und zum Theil in Teutscher Sprach mit ange-
zogen/ weil ein mehrers die vorgenommene
Kürtze verhindern würde.
Pferd-

Wohl-bewaͤhrte
[Spaltenumbruch] kandten Kranckheiten hoͤret und geplaget iſt/ uͤmb
welcher Erforſchung/ ſambt derſelben Kennzeichen/
Urſachen/ Verhuͤtungs- und Abhelffungs-Mittel die
Antiqvitaͤt von Zeit zu Zeit ſehr bekuͤmmert war/ wie
aus dem unterſchiedenen Alter und Zeit/ darinnen
ſolche Seribenten gelebet abzuſehen und auszurech-
nen iſt: Daher es nicht minder zu beklagen/ daß jez-
ziger Zeit die Sorgfalt ſo gar weit abgenommen/ und
man gar nicht mehr wie vor Alters befliſſen iſt/ ſo viel
Arbeit und Unkoſten/ auf die allernoͤthigſten als an
die unnoͤthigſten vergeblichen Wiſſenſchafften zu
verwenden. Woher man gewiſſe Nachricht und
Gruͤnde zu nehmen haͤtte/ worauf man die Cur ſicher
ſtellen koͤnte. Wie man hergegen aus der Alten fuͤr
uns getragene Sorge/ Muͤhe und Freygebigkeit noch
vieles zu genieſſen haͤtte/ wann man nur ſo viel Zeit
und Arbeit daran wagen wolte/ daſſelbe bey denſelben
aufzuſchlagen. Jnmaſſen die Liebhaber dieſer Wiſ-
ſenſchafft/ auf das einige Werck/ ſo Ariſtoteles de Na-
tura animalium
geſchrieben/ 800. Talenta gewendet.

Welchem guten Exempel andere nachgefolget/ wie
aus derſelben hinterlaſſenen Buͤchern oder Schriff-
ten nachzuleſen: ſonderlich aber von der bekandte-
ſten Autoren/ unter welchen ſonderlich zu erwegen/
was Abſyrtus, Anatolius, Agatotychus, Albertus, Bo-
neventanus; Caſſius, Collumella, Creſcentius, Cice-
ro, Cæſar Fiaſchii, Colombre, Dioſcorides, Eumilius,
Ferrara, Galenus, Gordano, Ruſto, Hemerius, Hip-
pocrates, Juſtinus, Litorius, Fœlix, Lorenzo Ruſio,
Marcellus, Nicander, Pelangonius, Piſtorius, Plinius,
Palladius, Paſquala Caraciola, Ruellius, Siculus, Si-
pontinus, Salimis, Sabellius, Strabo, Soyter, Tiberius,
Varro, Vegetius, Xenophon
und Zehendorff/ mit
noch etlichen andern davon hinterlaſſen.

Ob gleich von der Pferd-Artzney andere mehr/
theils fuͤr ſich ſelbſt/ theils offentlich geſchrieben/ wel-
chen es von andern nachgeſchrieben/ und nicht wenig
davon wider der Authoren Wiſſen und Willen aus-
[Spaltenumbruch] kommen: ſo ſeyn doch mehr gemeine Dorff- und
Bauren-Schmids/ als natuͤrliche und benahmte
Mittel/ auch zweiffelhafft/ und endlich wider die Er-
fahrungs-Prob darin zu finden/ welche allein das ver-
wirrete Auffſchreiben des Leſens und Nachfolg un-
wuͤrdig machet/ ohne daß ſie wegen anderer Maͤngel
verdaͤchtig/ alſo ſicherer zu meyden/ als zu imitiren
ſeyn/ weil derſelben Jntent mehr dahin zielet/ eine
groſſe Menge weitlaͤufftige Recepta/ in aller Unord-
nung zu vermengen/ als die Zuſtaͤnde eigentlich zu be-
ſchreiben.

Daß aber hergegen die Schmide von mehr denn
300. Jahren unter die vortrefflichſten Leute der Welt
eingezehlet worden/ nicht nur weil ſie ein Pferd be-
ſchlagen oder ein eyſernen Streit-Wagen machen
koͤnnen/ ſondern vielmehr daß bey ihnen die Wiſſen-
ſchafft der Pfeꝛde-Cur zu finden war/ laͤſſet ſich aus der
ſonderlich denckwuͤrdig und alten Geſchicht ſchlieſſen:
daß der Monarch Alexander/ mit eigenen Haͤnden an
ſeinen Reitſchmied geſchreiben/ und demſelben die
Geſundheit Verſorgung ſeiner Pferde ſo hoch recom-
mendiret und anbefohlen/ weil ſolcher Potentat wol
verſtanden und erfahren/ wie viel an derſelben Erhal-
tung gelegen iſt. Welcherley gruͤndliche Erfahrung
man heutiges Tages/ bey gar wenig Schmieden an-
treffen kan/ ob ſie gleich diejenigen alle ſeyn wollen/ bey
welchen die Cur der Pferde allein zu ſuchen ſey; wie
es zwar billig alſo ſeyn ſolte/ weil ſie hierzu die beſte
Mittel haͤtten/ wann ſie recht angewendet wuͤrden:
Jm Fall ſie auch ſo viel Gedancken auf die eigentliche
Erkaͤntnuͤß der Kranckheiten/ und aus welchen Urſa-
chen dieſelben entſpringen/ woraus ſie unfehlbar zu er-
kennen/ wie ſie zuverhuͤten waͤren/ und zu curiren ſeyn/
als auff ihren Verdienſt wenden und verſtehen lernen
wolten/ welchen ich hierdurch nicht geringe Muͤhe
und Unkoſten erſparet zu haben verhoffe/ ſo ſie viel um
ein geringers/ als ich habhafft werden koͤnnen/ ſo fern
ſie ihnen dieſes von mir anzunehmen belieben laſſen.



Die Ordnung/
So in dieſer Pferd-Artzney in acht genommen wird.

Jſt:

[Spaltenumbruch]
1. Haben die Kennzeichen/ aller unſichtbahren inner-
lichen Gebrechen oder Kranckheiten die erſte
Stelle.
2. Der Kranckheiten erſte und eigentliche Urſa-
chen.
3. Wie dieſelbe 1. durch ordentliche Vorkommungs-
Mittel/ 2. durch Præſervativa zuverhuͤten
ſeyn.
4. Die Medicamenta und Cur an ſich ſelbſten.
[Spaltenumbruch]
5. Seyn die Maͤngel und Kranckheiten von Glied zu
Glied/ innerlich und aͤuſſerlich durchgangen.
6. Sollen bey jeder Cur 1. die gemeine/ 2. die ſonder-
liche Regeln/ nicht aus der Acht gelaſſen/ ſon-
dern in ein oder anderm Fall wol beobachtet
werden.
7. Seyn der alten Scribenten Lehren und Melnun-
gen derſelben Regeln zum Fundament geſetzet/
und zum Theil in Teutſcher Sprach mit ange-
zogen/ weil ein mehrers die vorgenommene
Kuͤrtze verhindern wuͤrde.
Pferd-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Pinter von der Au, Johann Christoph: Neuer, vollkommener, verbesserter und ergänzter Pferd-Schatz. Frankfurt (Main), 1688, S. 378. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pinter_pferdschatz_1688/430>, abgerufen am 19.04.2024.